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Neumann, Sarah; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der gerichtliche Zweikampf: Gottesurteil, Wettstreit, Ehrensache — Mittelalter-Forschungen, Band 31: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34909#0109

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108

IV. Warum? - Delikte und Konflikte

ren, also Raub"" und schwere Körperverletzung^ bzw. Mord/"'" häufig per ducHtu?!
verhandelt wurden."" Die Anwendung des gerichtlichen Zweikampfes wurde jedoch
relativ früh beschränkt: zum einen durch die rechtssetzenden Autoritäten, die bei ihren
Bemühungen, seine Anwendung zu kontrollieren, auch bei den Delikten ansetzten und
das ducHtu?! für Schwerverbrechen und v. a. Majestätsverbrechen reservierten;"* zum
anderen förderten vor allem im privatrechtlichen Bereich veränderte Formen der Be-
weiserhebung und verstärkte Schriftlichkeit eine allmähliche Zurückdrängung des ge-
richtlichen Zweikampfes"^ und terminologische Bemühungen um das, was - im deut-
schen Recht - als /rewp/Ji'di such anzusprechen sei/"
Dennoch: Das hüd/MW blieb eine juristische Größe, die gerade durch die genannten
Anwendungsbeschränkungen an Exklusivität gewinnen konnte: Ein cn'we?! excepfMW
erfordert auch Beweis- und Rechtsmittel der besonderen Art; und es ist genau diese
Verbindung, die erhebliches Potential für die chronikalische und literarische Gestal-
tung des gerichtlichen Zweikampfes bereitstellt. Im Mittelpunkt des Folgenden stehen
daher die erzählerischen Antwortmodelle zu den Ursachen des gerichtlichen Zwei-
kampfes: Welche Delikte werden thematisiert, wie werden sie dem Zuhörer oder Leser
präsentiert und welche Funktion wird dem hüd/MW zugewiesen?"'"

IY1 Besitzansprüche und Besitzaneignung

IV.l.l Grund und Boden
Auseinandersetzungen um Rechte an bzw. Einkünfte aus Grund und Boden liefen häu-
fig auf eine Entscheidung durch gerichtlichen Zweikampf hinaus. Solche die ökonomi-

508 Vgl. z.B. MAITLAND: Select Pleas, Nr. 172, S. 112 (a. 1221), Nr. 84, S. 40-42 (a. 1201), Nr. 86, S. 43-
44 (a. 1202) [Raub]; Nr. 91-93, S. 48-50 (a. 1203-1206) [lange währende Auseinandersetzung um
Ernte und Geld]; Nr. 164, S. 106-108 (a. 1221) und CRR 69 Richard I. (1196), S. 330 [Raub in Tat-
einheit mit Körperverletzung]; CRR 35/30 John (1204), S. 145; CRR 71 Henry III. (1219), S. 141
[Kronzeugenduelle].
509 Vgl. MAITLAND: Select Pleas 1, Nr. 41, S. 18 (a. 1202): HerewardMs/iä'Ms W/Hehni appehaf WaÜenim
/ihüm HMgonis ipse in pace Reyis assdfadf e:u77 et tadneraUf e:u77 in hrachio TpiadaTn/Mrca/ürea
et ah'am piayam zu capüe, et hoc o//erf prohare per coMsderacioMem cMn'e per corpMS SMM777 f.. J.
510 Vgl. z.B. MAITLAND: Select Pleas 1, Nr. 42, S. 18 und Nr. 190, S. 121-123 (a. 1220) [Raubmord].
511 Zu England vgl. RussELL: Trial by Battle, S. 111 und 135.
512 Vgl. Kap. 11.2.
513 Möglicherweise hält sich der gerichtliche Zweikampf auch länger als andere Formen der Got-
tesurteile, weil häufig in Vasallitätsfragen auf ihn zurückgegriffen wurde; vgl. BALDWiN: Pre-
paration, S. 614 und PETOT: Preuve du Servage. - Bereits die Lex Fn'siomim gestattet den Zwei-
kampf in Vasallitätsfragen und als Besonderheit in Form der sog. Kampfklage; vgl. Lex
Frisionum, Tit. XI. 2-3 und SCHWERIN: Friesische Kampfklage.
514 SPRANDEL: Neuralgische Punkte, S. 186.
515 Eine Schwierigkeit ergibt sich hier durch die Belegdichte für einzelne Delikte; (Hoch-)Verrats-
fälle machen den größten Teil aus, so dass allein hier mögliche chronologische Bedingtheiten
in der Darstellung verfolgt werden können, während andere kampfwürdige Delikte aufgrund
der spärlichen Überlieferung eher auf Konstanten in der Darstellung hin untersucht werden
müssen.
 
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