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Neumann, Sarah; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der gerichtliche Zweikampf: Gottesurteil, Wettstreit, Ehrensache — Mittelalter-Forschungen, Band 31: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34909#0088

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111.1 Regelwerke

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parteien kennzeichnete/ '' besiegelte die Zweikampfforderung und deren Annahme.
Dem Richter wurden dabei die Kampfespfänder (lat. rodM dMcHz, frz. goges de dohnHe)
übergeben, meist ein Handschuh als Sinnbild der berechtigten Hand/" Dieser symbol-
trächtige Austausch machte die Zweikampfverabredung jedoch noch nicht rechtsgül-
tig. Darüber hinaus verlangte das Gericht von jeder Streitpartei die Stellung von Bür-
gen, die mit Leib und Gut für die Sache ihrer Fraktion hafteten;^* teils wurde außerdem
die Leistung finanzieller Sicherheiten gefordert.^ Auf dem Weg zum begegnen
also mit diesen Anforderungen weitere retardierende Momente für die praktische Um-
setzung des Zweikampfes, musste der Kläger doch zwischen der Vergeltung für ge-
schehenes Unrecht und der möglichen Gefährdung seiner Bürgen sowie der Belastung
durch finanzielle Aufwendungen abwägen. Zeigten sich die Parteien trotzdem zum
Kampf entschlossen, bestimmte der Gerichtsherr den Kampftag.^
Die Vorbereitungsphase für das dMcHM7?i war also lang und bot reichlich Spielraum
für Verhandlungen. Die obrigkeitlich favorisierte Lösung war ein Vergleichsabschluss
der Streitparteien, der teils dadurch gefördert wurde, dass in den einzelnen Verfahrens-
schritten der langwierigen Prozedur feste Gebührensätze vorgesehen waren, die sich
mit dem jeweiligen Stadium des Verfahrens erhöhten. ^ Die Schlussfolgerung war für
jedermann leicht zu ziehen: Wer frühzeitig einlenkte, sparte Geld. Die Maxime, die
Auseinandersetzung möglichst zu vermeiden, prägte auch den Tag des Kampfes, an
dem von Seiten des Gerichts ein nochmaliger Sühneversuch unternommen und den
Kombattanten nicht allein die rechtliche, sondern auch die religiöse Tragweite ihres
Vorgehens verdeutlicht wurde.

111.1.2 Das Urteil Gottes: das dMedM7?i als Sakralhandlung
Im Gegensatz zu den liturgisch umrahmten Elementordalen ist eine Ausgestaltung des
gerichtlichen Zweikampfes zur frommen Zeremonie, wie bereits erwähnt, nur verein-
zelt zu belegen, so dass Verallgemeinerungen auf dieser Grundlage unzulässig erschei-
nen.^ Neben dem Bestreben, das dMedM7?i als christliche Prozedur zu kennzeichnen und

390 Vgl. ScHwiNEKÖPER: Handschuh im Recht, S. 96.
391 Vgl. ScHwiNEKÖPER: Handschuh im Recht, S. 95-105; NoTTARP: Gottesurteilstudien, S. 274;
GRIMM: Rechtsalterthümer 1, S. 211-212.
392 Konnte eine Streitpartei keine Bürgen aufbringen, so galt sie als halb überführt; vgl. ausführ-
lich zu diesem Verfahrensschritt die Darstellung bei PFEFFER: Formalitäten, S. 31-41.
393 Beispielsweise bestimmen die Ltsaffcf BarcinMOMae, das katalanische Recht des 11. Jahrhun-
derts: dafadfa didfcafa aMfopiam sd dirafa, si per mddes dedef esse Jdcfa per CC MMcias aurf <pie sind
CCC moradafdd aurf 1/afencfe sd per pigMora/irmafa ef si per pedowes, sü/irmafa per C; propfer doc, :d
ad ddim <pd oincerd sd emeMdafHm madim, <?Mod in dedo acceperd, fam in corpore <jHam in caoado sioe
in armis, :d asse<?MafMr doc, pro <?M0 dedum JdcfHm erd ef omwes missiowes, <?Mas per ddid defdim/ecerd;
ef df^ddfMm scdicef madim ddid <?Mod acceperd dfe <pd tdcfRs/derd; zit. nach WoHLHAUPTER: Alt-
spanisch-gotische Rechte, S. 192, Tit. XXVII.
394 Nicht alle Termine waren möglich; an Feiertagen und in den sog. geschlossenen Zeiten war
das Abhalten von Gottesurteilen und d:ieda verboten; vgl. NoTTARP: Gottesurteilstudien,
S. 247.
395 Vgl. z. B. GRIMM: Weisthümer 4, S. 462-467 Porrentruy (um 1350), hier S. 464; GRIMM: Weisthü-
mer 5, S. 37-43, Bure (um 1360), hier S. 40-41.
396 Die Darstellung bei NoTTARP: Gottesurteilstudien, S. 276 geht daher m.E. zu weit.
 
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