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Neumann, Sarah; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der gerichtliche Zweikampf: Gottesurteil, Wettstreit, Ehrensache — Mittelalter-Forschungen, Band 31: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34909#0189

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188

V. Wer? - Delinquenten und Kombattanten

deutlicht. Diese abstrakte Grundlage sichert den Erfolg des Rituals und bereitet den
Boden für die Allianz der Personen, die diese Ämter ausfüllen?"""

V.2.2 Frauendienst und Gottesdienst: ritterliche Kämpen
Stellt die mittelalterliche Chronistik die Kampfesstellvertretung häufig als Amt dar,
konzentriert sich die Dichtung in der Schilderung von Stellvertreterzweikämpfen in
erster Linie auf den Aspekt des Dienstes, der für das ritterliche Idealbild von essentiel-
ler Bedeutung ist. Zwar kann dieses Engagement vordergründig als selbstlose Tat gel-
ten, gleichwohl stellt sich auch hier die Frage nach dem Lohn, den der Kämpe zu gewär-
tigen hat: Was gewinnt er und welche Funktion wird dem Kampf über die Verbindung
von Dienst und Lohn zugeschrieben?
Die Tätigkeit des Kämpen verpflichtet ihn zunächst auf das christliche Gebot, den
Schwachen zur Seite zu stehen. So kann er, wie bereits skizziert, als Retter in der Not
erscheinen, einer bedrängten Dame helfen und sich durch diesen Dienst für eine Herr-
schaftsposition qualifizieren?"" Darüber hinaus wird die religiöse Rückbindung des
ritterlichen Kämpen besonders deutlich in seiner Bereitschaft, den christlichen Glauben
zu verteidigen. Der 77u7es dm'süAnMS beweist sich insbesondere in der Abwehr nach au-
ßen und hier vor allem im Kampf gegen Andersgläubige. Während die Chronistik sel-
ten auf dieses Mittel der Konfliktlösung verweist und die Auseinandersetzung weniger
in ihren religiösen, sondern in ihren politischen Dimensionen auslotet?"" ist die Kon-
frontation des 7?u7gs d:n'süT?72MS mit einem heidnischen Gegner im dMeHtut! in der Dich-
tung ein beliebtes Motiv, dessen Bestandteile sich im Laufe der Jahrhunderte kaum ver-
ändern: So wird in der Darstellung einer derartigen Auseinandersetzung zumeist die
mangelnde Chancengleichheit der Kombattanten betont"""" und auf die Figur vom
Kampf Davids gegen Goliath zurückgegriffen?"" Doch wie in der biblischen Geschichte

1000 Vgl. SCHRAMM: Geschichte des englischen Königtums, S. 68 (allerdings ohne Verweis auf
abstrakte Modelle).
1001 Vgl. Kap. IV.1.1.
1002 Vgl. als eine der wenigen Ausnahmen Wipo: Gesta Chuonradi (a. 1034), Kap. 33, S. 51-53
(Heinrich II. ordnet an, die Frage, wer den Frieden zwischen christlichen Sachsen und heid-
nischen Liutizen zuerst gebrochen habe, durch ein zu entscheiden. Der Sachse unter-
liegt, weil er auch in der Unrechten Sache einzig auf Gott vertraut; allerdings legen die Hei-
den in der Folge ein derartig anmaßendes Verhalten an den Tag, dass Heinrichs II. Schritte
gegen sie vollkommen gerechtfertigt erscheinen) und den Hinweis bei Adam von Bremen:
Kirchengeschichte 11.18.
1003 Vgl. z.B. das in'e/Am, das der Normanne Richard von Calvo-Monte erfolgreich gegen zwei
Sarazenen ausficht bei Matthew Paris: Historia Anglorum (a. 1099), S. 134: Ef co77fra ;'ps77W
(Richard von Calvo-Monte, S.N.) dMO Tarcl HdeEcef MMrgafMS de Fade-yn'seo, sag7ffan'MS 777C0777-
paraMis, ef GoE'as de MecEa, p77g77afor egreg7'MS, ad pMg77a77dM777 para&a77fMr, 77t 77E'MS, 77077 d77eiE sed
pof7'77s fn'edi, f.. J oenYafe777 co777pro&aref.
1004 Vgl. die formal stark am d77ed77777 orientierten Zweikämpfe bei Ulrich von Türheim: Renne-
wart, V. 1081ff. (Religionsgespräch des getauften Heiden Rennewart mit dem heidnischen
Riesen Baldwin und der darauf folgende Kampf) und V. 16985ff. (Rennewarts Kampfesforde-
rung an den heidnischen Riesen Malefer); King Horn, V. 805-912; Der Pleier: Meieranz,
V. 7593-8414; Hug von Bordeaux, Kap. 25-26; Eginhard, S. 220-223; Malagis, V. 3929-4419
(Vyvien kämpft gegen den Riesen Braysin). Eine Darstellung des biblischen Kampfes von
David und Goliath bietet Jansen Enikel: Weltchronik, V. 9615ff.
 
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