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Neumann, Sarah; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der gerichtliche Zweikampf: Gottesurteil, Wettstreit, Ehrensache — Mittelalter-Forschungen, Band 31: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34909#0120

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IV.2 Leib und Leben

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IV.2.1 Mord(s)geschichten
Der Genueser Stadtschreiber Bartholomäus verzeichnet in seinem um die Mitter des 13.
Jahrhunderts als Forsetzung der /büMÜ G^föro entstandenen Werk,"" dass Ottobo-
nus Helye nach einem Wortwechsel mit Jakob Grillus im Hafen von Genua spurlos
verschwunden sei."' Gegen Jakob wurde daraufhin Anklage wegen Mordes erhoben,
die durch ein zweier Lohnkämpfer bewiesen werden sollte. Am 3. Dezember
1232 trafen in der Stadt auf der Piazza Sarzano Jakobs Vertreter PesfeiiMS & Cfwus und
G7CM de Fiorenfin aufeinander. Pestellus unterlag; Jakob wurde für schuldig befunden
und enthauptet."* Gleich einem Gerichtsreporter hält der Annalist diesen Kriminalfall
im Bemühen um korrekte Angaben zu Ort, Zeit und Beteiligten fest. Er enthält sich je-
den Kommentars und geht nach seinem knappen Bericht ebenso unvermittelt zum
nächsten Fall über, wie er von der vorhergehenden couso zu den Streitigkeiten zwischen
Jakob und Ottobonus wechselte. Offenbar erscheinen ihm ein Mord, ein Kämpenduell
und die Vollstreckung des Urteils zwar erwähnenswert, sie sind als Bestandteil der
Rechtsordnung jedoch nicht weiter zu kommentieren. Mit einem vergleichbaren Maß
an Selbstverständlichkeit wird auch in weiteren Textzeugnissen auf Mord, sich an-
schließende Zweikampfgebote oder auch ein in der Folge ausgefochtenes ver-
wiesen."^ Mitunter werden die Konsequenzen dieses Ereignisses durchaus kommen-
tiert: So berichtet der Berner Chronist Konrad Justinger mit großer Selbstverständlichkeit
von dem zwischen dem des Mordes beklagten Otto III. von Grandson und Ger-
hard von Estavayer im Jahre 139Z um abschließend sein Bedauern über den Tod eines
Vertreters einer den Bernern eng verbundenen Familie kundzutun/" Die Erschütte-
rung politischer Verflechtungen interessiert den Verfasser der Vita Lamberts von Neu-
werk dagegen gar nicht. Er widmet der Mordanklage gegen Graf Heinrich von Boden-
burg im Jahre 1152 nur zwei Sätze, in denen er dessen Niederlage im knapp
vermerkt und auf die schwere Fußverletzung hinweist, die der Graf sich im Kampf zu-
gezogen habe. Den größten Teil seines Berichts verwendet er dagegen auf eine detail-

580 Vgl. zu Autor und Werk die Einführung in ARNDT: Jahrbücher von Genua, S. XXV-XXVIII.
581 Vgl. Jahrbücher von Genua, S. 181: Eodem anno cnm Offodonns Heii/e zu <jnadam naoe oeniref la-
nnam cnm lacodo Griiio de Campo, ef <?Medam oerda secnm dadnissenf, post ipsa oerda ifa, dnm esset in
pefayo, dispamif, <?nod nee in naoe nee aiidi posfea pofnif inoeniri.
582 Vgl. Jahrbücher von Genua, S. 181: f.. J et nnns campioMMm <pn' de/endedaf dicfnm lacodnm, <?Mi oo-
cadafnr Pesfeffns de Cnmis, SHdcndnif et sHperatHs/nif sioe oicfns ad aiio campione, <?Mi voca&afMr Ca-
cia de Fiorenfia; et sic eadem die dicfa pofesfas Jecif decapifari dicfMW lacodnm in d'ffore Sarzawi.
583 Vgl. z.B. den Hinweis, dass nach dem Mord an Erzbischof Engelbert I. von Köln im Jahre 1225
von den Streitparteien im Königsgericht der Kampf angeboten worden sei in Sächsische Welt-
chronik, Kap. 369, S. 245: Da saf ocd de doniny Heinricd fo ydericdfe nmme dene morf de an deme di-
scope van Coine scda. Binnen deme ydericdfe warf en fweinnye nmme en ordei, dar manicd sied fo
campe nmme dof; Holsteinische Reimchronik, V. 423-426, S. 623: daf reedf spracdafdonindHinrid,
deiser Fredericns sone, / de was de riedfer nnde moste siner niedf sedonen. / nmme daf ordei nnd nmme
de not / mennied man sid fo dampe dof.
584 Vgl. Justinger: Berner Chronik, Kap. 308, S. 188: ln denseiden zifen sfarp derr amedens, yrafoon sa-
/oi/. Da dnod sied ein oiyenfscda/f in dem do/nf den/romen derren, der offen oon yranson, riffer. Der
warf yescdnfdiyof an dem fode dez eyenanf derren oon sa/op, nnd dez nam sied an, wider den eyenanf
der offen ze sinde, der yerdarf oon sfe/iofs, riffer, nnd dof sied mit dem oon yranson ze demp/en. Aiso
desedaed der damp/ze dnry in der press. Und fay der oon yranson darnider. Daz az den oon dem feit,
won die oon yranson reedf yefriiw derner warenf. - Zu diesem Fall vgl. PiAGET: Oton de Grandson;
RAEMY: Duel judiciaire; VALE: War and Chivalry, S. 78.
 
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