IV.2 Leib und Leben
137
zählerischen Gestaltung von Ehebruchsfällen sowohl als Opfer - unschuldig Beklagte
und bösartig Getäuschte - wie auch als Täter - Verleumder, Retter und unkritisch Ver-
trauende - gezeichnet werden, ist also auch den Frauen nicht einzig die Opferrolle zu-
gedacht. Sie können aktiv an der Beendigung des Konflikts mitwirken.
Dieser Aspekt tritt jedoch in späteren literarischen Bearbeitungen der Ehe-
bruchsthematik zurück/*" In einem Ausnahmefall ist es sogar völlig unerheblich, ob die
Frau nun Opfer oder Täter ist. Die 1486 erstmals im Druck erschienene Scdwddz'scde Ci;?*o-
7zid Thomas Lirers bietet einen Bericht über ein bemerkenswertes dueiiMW anlässlich ei-
ner Ehebruchsklage: Der Herr von Montfort unternimmt um Ehre und Ritterschaft wil-
len eine Reise, die ihn bis nach China führt. Dort angekommen verteidigt er im
gerichtlichen Zweikampf die Ehre der des Ehebruchs bezichtigten Kaiserin, erhält das
Grabtuch Christi als Geschenk und bringt es nach Savoyen/" Die Episode kann als Fa-
milienherkommen der Grafen von Montfort, als Erläuterung zur Geschichte des Turi-
ner Grabtuches und vor allem als Beispiel für mustergültigen Frauendienst gelesen
werden/" Doch gerade der letztgenannte Punkt ist nicht ganz unproblematisch, vertei-
digt der Herr von Montfort doch keine unschuldig Beklagte, sondern eine Frau, die
itMsserdnid z'res der?*e7z uzzd eeiicdezz yezTzudeis nuzezz 777z&7*7z yeiiedef uzzd 7777/e7*weif 77* d7/7*fzwe7'i
7777'f 1/777 zu dudezz/" Die Kaiserin ist schuldig und sie hat diese Sünde einzig aus dem
Wunsch nach vergnüglichem Zeitvertreib auf sich geladen. Der Herr von Montfort ahnt
davon zunächst noch nichts und übernimmt nach ihrem Appell an seine Verpflichtung
zum Frauendienst ' den Kampf für die Kaiserin/" Er tritt von dieser Zusage auch nicht
zurück, als sie ihm ihre Schuld gesteht/" Nun wird das dMeÜM777 hier keineswegs als eine
rein taktische Angelegenheit, in der der Stärkere siegt, geschildert, sondern als eine mit
frommen Übungen umgebene Prozedur/" Es bleibt zu fragen, warum der Herr von
Montfort als Vertreter der ehebrecherischen Kaiserin dennoch den Sieg erringen kann.
709 Vgl. dazu den Sammelband ERTZDORFF/WYNN: Liebe - Ehe - Ehebruch.
710 Vgl. Thomas Lirer: Schwäbische Chronik, S. S. 35-36; vgl. dazu die präzise Analyse bei GRAF:
Exemplarische Geschichten, S. 130-137 und SCHNELL: Rechtsgeschichte, Mentalitäten und
Gattungsgeschichte.
711 Vgl. GRAF: Exemplarische Geschichten, S. 135-137.
712 Thomas Lirer: Schwäbische Chronik, S. 35.
713 Vgl. Thomas Lirer: Schwäbische Chronik, S. 35: N7777 was die XtiTzigiTZ 777 grossezrz scdwa'rezz iaid 7>nd
West 77 7 6 777 7777 7 7777 7 7*6777 do/jf 77777d SOÜcds a77Z77S77cde77. f... J V77d da777 de/? 7777 de77 G7*a/fe77 0077 de777 7*Ofe77/777
7777t docde777 e 7*7777!77e77 077d e7*S77cil7777g OÜ gi777//iicde7* ScdÖ77e77 077d gllfei* Wort die te77tscde77 docil 7'77/7*7!77-
we77 die77st de7*d77777 e77 de7*ö777 e77 t>77d dittiicd rwd aiie7*/ra77we77 ziicdf 077d ei*e wiiie77 7777^77777677. od 7/77 i/e
daz'77 giitdeif odei* eTioirdiyireit 0077 daz'77e7*/raMwe77 gescdede77 war odei* adei* 77oed Z77 gege77WH7*fige77 zei-
te77 gescdede77 777öcdf. soiicde ir ei* 077d gMfe77 ie77777de gege77 de77 77707*tiicde77 077d ei*e adscd77eide7* ire77
versayeT* de777p/iicd Z77 e77fscdMidige77 7777't oii 077d gar grosse777 e7*diete77 das seidig diffe77de.
714 Vgl. Thomas Lirer: Schwäbische Chronik, S. 35: f.. J S7777de7* ai77 i/egiicd rifte7*iicd 777 a77 sied des woi
desi77e 77 777ag. De7*/r77777d ritte7*iicd Gi*a/f dewez'sf sei77 777 a77deit wei/deit 077d de7*dM777777 e77 077d gewe7*t de?*
d7777igi77 ügedef.
715 Vgl. Thomas Lirer: Schwäbische Chronik, S. 35: f.. J docd aiiso ei* ir Z7777777tde77 dei ire77 d7777z'giicde77
t7*e77we77 i77 ai77e7*/rag ei* Z77 ire77 g77ade77 dette ai77 wardeit Z77 sage77. das sie a77cd aiiso tdet. Da/ragt ei* sie
dei de7*ged'7dte od sie de?* tat soiicds zigs scd77idig war odei* 777't. Da saget si 1/777 ia sie war de/ scdiiidig. do
saget ei* ir zii 777't destei* 7777'77de7* wöit ei* da7777oed rwd irei* e7*e77 wiiie77 077d sei77e 777 Z77sage77 de777p/fe77.
716 Allerdings dienen die die frommen Übungen des Herrn Montfort weniger der Betonung des
Gottesurteilscharakters des Zweikampfes als der seiner Gottesfürchtigkeit; vgl. Thomas Lirer:
Schwäbische Chronik, S. 35-36: De7*/r77777 riffe7*iicd Gi*a/f desazrzeif sei77 geTTziiefe 7777'f a77 7*77/fM77g dee77
aÜ777ecdtige77 got 077d sei77e iiede Miiffei* diffe77t 0777 / aiiie7*/rawe77 ei*e wiiie77 dii/jfoTzd deista77d zi7fo77 077d
ward sied de/ desi7777e77 077d deTTzp/iicd gege77 de?77 oersagei* dei* dtiTzigz'Tz i77 de77 drai/ trete77.
137
zählerischen Gestaltung von Ehebruchsfällen sowohl als Opfer - unschuldig Beklagte
und bösartig Getäuschte - wie auch als Täter - Verleumder, Retter und unkritisch Ver-
trauende - gezeichnet werden, ist also auch den Frauen nicht einzig die Opferrolle zu-
gedacht. Sie können aktiv an der Beendigung des Konflikts mitwirken.
Dieser Aspekt tritt jedoch in späteren literarischen Bearbeitungen der Ehe-
bruchsthematik zurück/*" In einem Ausnahmefall ist es sogar völlig unerheblich, ob die
Frau nun Opfer oder Täter ist. Die 1486 erstmals im Druck erschienene Scdwddz'scde Ci;?*o-
7zid Thomas Lirers bietet einen Bericht über ein bemerkenswertes dueiiMW anlässlich ei-
ner Ehebruchsklage: Der Herr von Montfort unternimmt um Ehre und Ritterschaft wil-
len eine Reise, die ihn bis nach China führt. Dort angekommen verteidigt er im
gerichtlichen Zweikampf die Ehre der des Ehebruchs bezichtigten Kaiserin, erhält das
Grabtuch Christi als Geschenk und bringt es nach Savoyen/" Die Episode kann als Fa-
milienherkommen der Grafen von Montfort, als Erläuterung zur Geschichte des Turi-
ner Grabtuches und vor allem als Beispiel für mustergültigen Frauendienst gelesen
werden/" Doch gerade der letztgenannte Punkt ist nicht ganz unproblematisch, vertei-
digt der Herr von Montfort doch keine unschuldig Beklagte, sondern eine Frau, die
itMsserdnid z'res der?*e7z uzzd eeiicdezz yezTzudeis nuzezz 777z&7*7z yeiiedef uzzd 7777/e7*weif 77* d7/7*fzwe7'i
7777'f 1/777 zu dudezz/" Die Kaiserin ist schuldig und sie hat diese Sünde einzig aus dem
Wunsch nach vergnüglichem Zeitvertreib auf sich geladen. Der Herr von Montfort ahnt
davon zunächst noch nichts und übernimmt nach ihrem Appell an seine Verpflichtung
zum Frauendienst ' den Kampf für die Kaiserin/" Er tritt von dieser Zusage auch nicht
zurück, als sie ihm ihre Schuld gesteht/" Nun wird das dMeÜM777 hier keineswegs als eine
rein taktische Angelegenheit, in der der Stärkere siegt, geschildert, sondern als eine mit
frommen Übungen umgebene Prozedur/" Es bleibt zu fragen, warum der Herr von
Montfort als Vertreter der ehebrecherischen Kaiserin dennoch den Sieg erringen kann.
709 Vgl. dazu den Sammelband ERTZDORFF/WYNN: Liebe - Ehe - Ehebruch.
710 Vgl. Thomas Lirer: Schwäbische Chronik, S. S. 35-36; vgl. dazu die präzise Analyse bei GRAF:
Exemplarische Geschichten, S. 130-137 und SCHNELL: Rechtsgeschichte, Mentalitäten und
Gattungsgeschichte.
711 Vgl. GRAF: Exemplarische Geschichten, S. 135-137.
712 Thomas Lirer: Schwäbische Chronik, S. 35.
713 Vgl. Thomas Lirer: Schwäbische Chronik, S. 35: N7777 was die XtiTzigiTZ 777 grossezrz scdwa'rezz iaid 7>nd
West 77 7 6 777 7777 7 7777 7 7*6777 do/jf 77777d SOÜcds a77Z77S77cde77. f... J V77d da777 de/? 7777 de77 G7*a/fe77 0077 de777 7*Ofe77/777
7777t docde777 e 7*7777!77e77 077d e7*S77cil7777g OÜ gi777//iicde7* ScdÖ77e77 077d gllfei* Wort die te77tscde77 docil 7'77/7*7!77-
we77 die77st de7*d77777 e77 de7*ö777 e77 t>77d dittiicd rwd aiie7*/ra77we77 ziicdf 077d ei*e wiiie77 7777^77777677. od 7/77 i/e
daz'77 giitdeif odei* eTioirdiyireit 0077 daz'77e7*/raMwe77 gescdede77 war odei* adei* 77oed Z77 gege77WH7*fige77 zei-
te77 gescdede77 777öcdf. soiicde ir ei* 077d gMfe77 ie77777de gege77 de77 77707*tiicde77 077d ei*e adscd77eide7* ire77
versayeT* de777p/iicd Z77 e77fscdMidige77 7777't oii 077d gar grosse777 e7*diete77 das seidig diffe77de.
714 Vgl. Thomas Lirer: Schwäbische Chronik, S. 35: f.. J S7777de7* ai77 i/egiicd rifte7*iicd 777 a77 sied des woi
desi77e 77 777ag. De7*/r77777d ritte7*iicd Gi*a/f dewez'sf sei77 777 a77deit wei/deit 077d de7*dM777777 e77 077d gewe7*t de?*
d7777igi77 ügedef.
715 Vgl. Thomas Lirer: Schwäbische Chronik, S. 35: f.. J docd aiiso ei* ir Z7777777tde77 dei ire77 d7777z'giicde77
t7*e77we77 i77 ai77e7*/rag ei* Z77 ire77 g77ade77 dette ai77 wardeit Z77 sage77. das sie a77cd aiiso tdet. Da/ragt ei* sie
dei de7*ged'7dte od sie de?* tat soiicds zigs scd77idig war odei* 777't. Da saget si 1/777 ia sie war de/ scdiiidig. do
saget ei* ir zii 777't destei* 7777'77de7* wöit ei* da7777oed rwd irei* e7*e77 wiiie77 077d sei77e 777 Z77sage77 de777p/fe77.
716 Allerdings dienen die die frommen Übungen des Herrn Montfort weniger der Betonung des
Gottesurteilscharakters des Zweikampfes als der seiner Gottesfürchtigkeit; vgl. Thomas Lirer:
Schwäbische Chronik, S. 35-36: De7*/r77777 riffe7*iicd Gi*a/f desazrzeif sei77 geTTziiefe 7777'f a77 7*77/fM77g dee77
aÜ777ecdtige77 got 077d sei77e iiede Miiffei* diffe77t 0777 / aiiie7*/rawe77 ei*e wiiie77 dii/jfoTzd deista77d zi7fo77 077d
ward sied de/ desi7777e77 077d deTTzp/iicd gege77 de?77 oersagei* dei* dtiTzigz'Tz i77 de77 drai/ trete77.