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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0019

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Herrschererhebungen des Spätmittelalters

Die Kurfürsten und ihre Anhänger verwendeten den Begriff im ersteren Sinne,
doch wird ihnen nicht ungelegen gewesen sein, den Eindruck einer Thronsetzung Rup-
rechts auf den sedes reyaiis in Rhens zu erwecken. Dass eine solche auf dem dortigen yes-
füd auch tatsächlich stattgefunden haben mag, zeigen die Belege für spätere Zeiten/^
nur geschah die Setzung eben auf dem und nicht auf den Königsstuhl - eine Scheidung,
die offenbar gerade bei der ersten Durchführung des Rituals für Verwirrung sorgte.
Wie unterschiedlich die nach Ruprechts Erhebung zirkulierenden Nachrichten gewe-
sen sein dürften, lässt sich anhand der ansonsten sehr genauen Beschreibung Reinbold
Slechts erahnen, der sogar von einer feierlichen Krönung in Rhens berichtet, die am Tag
nach der Wahl stattgefunden habe.'^° Die Neuartigkeit des als »Königsstuhl« bezeich-
neten Bauwerks bedingte eine erhebliche Unschärfe in der Wahrnehmung der Zeitge-
nossen, die zur fiktiven Ritualinvention einer Thronsetzung und in einem Fall sogar
auch zu einer Krönung führte.

5.12.3 Königslager vor Frankfurt, Einzug und Altarsetzung
Als Wenzel zehn Tage später durch die Frankfurter Boten von seiner Absetzung und
der Wahl des Gegenkönigs erfuhr, schwor er bei seinem Namenspatron, Ruprecht tief
herab von seinem Stuhl zu stoßen oder selbst bei dem Versuch u m z u ko m m e n Schon
sehr bald sollte er dazu Gelegenheit bekommen, die er jedoch ungenutzt verstreichen
ließ - ganz so, wie seinen früheren Ankündigungen nur in den seltensten Fällen Taten
gefolgt warert.'^
Der erste Blick des neu gewählten Königs richtete sich gen Frankfurt. Am Tag nach
seiner Wahl forderte er die Stadt von Bacharach aus auf, für den 25. August Gesandte zu
ihm nach Alzey zu senden und seinen Sohn bei der Belagerung der Burg von Alten-

1478 RTA 3, Nr. 209, S. 268, Z. 3f.: [and Fan wir] goirora gosofzof and gomac/wf, Uesen seczen and machen mif
crafff dies Fricocs; Schreiben des Grafen Philipp von Nassau-Saarbrücken an die Stadt Mainz:
geboren und a)gosasf (ebd., Nr. 226, S. 285, Z. 12). Aus dieser Formulierung erwuchs dann das
Frankfurter Missverständnis (vgl. ebd., Nr. 227) S. 285, Z. 24 sowie Anm. 1). Die Burg Friedberg
hingegen sprach gegenüber Wenzel ebenfalls nur von orwoiif und gesagt (ebd., Nr. 228, S. 286,
Z. 16), und auch in Straßburg wusste man nur von der Wahl (ebd., Nr. 215, S. 274, Z. 36). Vgl. au-
ßerdem die Aufzeichnungen der Burg Friedberg: Rem darnach af/dca sordag t?aam aas wäre Fof-
scFa^f, daz diosolFoa m'ere Fo^arsfoa za Reuse Modern sfalo weren gewest, ... und die drii orfzFiscFqyo
Forfzogo RaprocFfoa da za et/me Römischen Foaigo Foffoa goFora und gesagt (Die Reichsburg Fried-
berg im Mittelalter. Anhang 7) S. 346, § 4).
1479 Vgl. oben, Anm. 1471.
1480 Reinbold Siecht, Fortsetzung der Flores temporum, S. 92: die doaa'aica ocro m'deiicef XXII. die awa-
sis praoscripfi coroaafas/aif in Reuse soioa:paifor.
1481 RTA 3, Nr. 243, S. 299, Z. 26-30: und spracF »icF wii daz rocFoa odir wii tot daraa:F sin, und er a:af? ais
d%)T?eraFe ais er ie FocF a/doa sfai gesasf warf.« und sware Fi sauf Woacziia, er waldo in dof sfocFoa odir
er masfe in dof sfocFoa. da spracF marggra^e fosf ^oa Merera »wir woiioa daz rocFoa odir icF oawii air-
ger; ein dar in mime Farfc FoFaidoa.« Auch Wenzel dürfte also die Frankfurter Schreiben im Sinne
einer in Rhens erfolgten Thronerhebung verstanden haben.
1482 Vgl. oben, Anm. 1465. Zu Wenzels Maßnahmen siehe RTA 3, Nr. 235-239 und RTA 4, Nr. 122 und
123. Zu den Gründen, die ihn an einem Zug ins Reich hinderten, vgl. LiNDNER, Geschichte des
deutschen Reiches, Bd. 2, S. 400-403,413f. und 427f.
 
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