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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0062

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Sigismund (1410-1414)

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keif und Ausführlichkeit und nahmen umfassende Abänderungen und Erweiterungen
vor. Zunächst fällt dabei auf, dass ähnlich wie im spätmittelalterlichen Krönungsordo
die Kurfürsten mehr und mehr ins Zentrum des Geschehens rücken: Statt des Erz-
bischofs von Mainz sprach sein Suffragan die Gebete, damit nun nicht mehr der Klerus,
sondern alle Kurfürsten gemeinsam antworten konnten. Bei der Sitzordnung im Chor
fanden die Bestimmungen der Goldenen Bulle ihre Umsetzung, noch erweitert um die
Kennzeichnung der Plätze mittels großer Buchstaben.
Ohnehin kann dieser interne Ordo des Bartholomäusstifts hinsichtlich der Wahl
als die rituelle Ergänzung der eher verfahrenstechnischen Ausführungen der Golde-
nen Bulle gelten, da er gerade die dort geregelten Handlungen ausspart und gleichzeitig
die bestehenden Lücken schließt. So wird festgelegt, dass auf die Messe vom Heiligen
Geist, die als Eröffnung der Wahlhandlung als Ganzes gefeiert wird, am Wahltag selbst
eine Marienmese folgt. Vor der Stimmabfrage wird nach der Ableistung der »gewöhnli-
chen Eide« (zMntTwenhi soEfa) noch die Antiphon Venz' sancfe spznfns eingeschoben, so dass
der Heilige Geist auch am eigentlichen Wahltag angerufen wird. Die auf die Erwählung
folgende Altarsetzung wird ebenfalls ausgiebiger behandelt, und auch hier sind es wie-
der allein die Kurfürsten, die den König in jenem ztcfns reyztEs berühren und auf den Al-
tar erheben.'"^ Die hierbei erfolgte Spoliierung des Königs ergänzte man um das An-
legen neuer Kleider, was von den Zeitgenossen spätestens bei Maximilian I. explizit als
Symbol des Statuswechsels des Königs ausgedeutet wurde.^s Der die älteren Gewohn-
heiten fixierende Ordo (cMW omnzbns cenmonns dcclenns in /ins oberseruan consnehs) gab
somit den Anlass für zusätzliche Dynamiken. Gleichzeitig liefert er einen weiteren Be-
leg für die zunehmende Begrenzung der an den Ritualen der Herr schererhebung betei-
ligten Akteure auf den Kreis der Kurfürsten.

5.13.5 Die lange Krönungsfahrt ins Reich

Nach der zweiten Wahl vergingen mehrere Jahre bis zur Erfüllung der von Sigismund
versprochenen Thronsetzung in Rhens sowie der Krönung in Aachen, und das, obwohl
zunächst davon ausgegangen worden war, dass der König gemeinsam mit seiner Frau
die Reise Mnuerzoydzcd antreten wolle.'"^ Als einige Wochen später die Nachricht der
zweiten Wahl den König erreicht hatte, musste Burggraf Friedrich von Nürnberg hin-
gegen melden, dass er von dem zny bz'nan/'ztz Ten Neben Undcn zcznnde bcz'n cz'ycnseba/1 ucr-
scbrz'dcn könne.'^" Die Auseinandersetzung mit den Herzogen von Österreich, der Krieg
1737 RiEGER, Altarsetzung, S. 27 deutet den Ausschluss des Kapitels vom konkreten Erhebungsakt
und das dafür neu eingeführte Festhalten am Altartuch wohl zu Recht als einen »Kompromiss
... zwischen den kurfürstlichen und pfarrgeistlichen Ansprüchen. Der lokalkirchliche Charak-
ter des Aktes war den Kurfürsten zu stark geworden und soll hiermit zurückgedrängt werden«.
Vgl. hierzu auch die Entwicklung des Aachener Einzugsrituals und die Stellung des Abts von
Kornelimünster (unten, Kapitel 6.7.6).
1738 Siehe unten, Kapitel 5.15.1.
1739 RTA 7 Nr. 79, S. 127 Z. 7-11 und Nr. 80, S. 127 Z. 27f. und S. 128, Z. lf. Noch etwas unbestimmter
hingegen Nr. 78, S. 126, Z. 13-18, vom 3. Juli.
1740 Ebd., Nr. 84, S. 131, Z. 5f. Zur selben Zeit wandten sich die Frankfurter mit der Anfrage an die
Erzbischöfe von Köln und Mainz, ob ez saede wem daz unser lieber gnedzger derre der Romscde donzg
por wz'nfder nd derufdeommen moedfe (Nr. 114, S. 160, Z. 34f.).
 
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