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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0233

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668

Rituale der Herrschererhebung

dass er sie in diesem Zeitraum unangefochten besessen hattet Hieraus dürfte der von
Frankfurt gewählte Zeitraum zu erklären sein, denn so wie ein ganzes Land oder Fürs-
tentum mit allen Regalien und Hoheitsrechten nach Ablauf der Frist den Besitzer wech-
seln konnte,^ galt dies offenbar auch für das römisch-deutsche Reich selbst.
Wenn die Wahl versagt hatte, einen allgemein anerkannten Kandidaten hervorzu-
bringen, oder wenn ein Gegenkönig erhoben worden war, mussten andere Wege gefun-
den werden, um eine einmütige Entscheidung herbeizuführen/'" Hieraus erklärt sich
die Entstehung des Königslagers, denn in solchen Fällen galt es, den Anspruch auf die
Herrschaft durch Macht und militärische Stärke zu untermauern: Auf die Rituale folgte
zumindest gedanklich das Schwert, wenn auch anders als 1298 in einer weniger direk-
ten Verbindung - was im Sinne der oben ausgeführten Entwicklung hinsichtlich der
KönigswahW ebenfalls als eine >Zivilisierung< des Herrschererhebungsprozesses ge-
deutet werden könnte.

6.5 Krönungsfahrt

Der Begriff »Krönungsfahrt« bezeichnet die auf dem Weg zur Krönung überbrückte
Strecke und umfasst damit ganz unterschiedliche Räume und Zeitabschnitte. So konnte
die Distanz vom Wahl- zum Krönungsort besonders rasch oder auch mit größerer Ver-
zögerung zurückgelegt werden: Rekordhalter ist sicherlich Friedrich I. Barbarossa, der
bereits vier Tage nach seiner Wahl in Frankfurt in Aachen gekrönt wurdeA Im Spätmit-
telalter kommt ihm Wenzel am nächsten, der am 10. Juni gewählt und am 6. Juli gekrönt
wurde und dessen Reise selbst weniger als einer Woche dauerte.^ Bei umstrittenen

58 Vgl. ScHELLHAss, Königslager, S. 26-28. Zustimmend WEiRicH, Königslager, S. 218f., der für die
sonst in den Quellen genannten Fristen hingegen Parallelen aus dem Kriegswesen anführt
(S. 234). Zur Anleite siehe auch Deutsches Rechtswörterbuch, Bd. 1, S. 682f. und die bisherige
Forschung zusammenfassend Ocms, Anleite. Bereits Wilhelm von Holland hatte 1252 während
seines Hoftags vor Frankfurt erklärt, dass omAa/coA sAc prAcipafus der pnAcz'pcs, rzoMcs cf m/'-
Asfermics, die nach Wahl und Krönung mündlich oder durch Boten und Briefe gemahnt worden
seien, ihre Fürstentümer und Lehen zu empfangen und dies z'p/h? scx s cp 1 Am was cf frcs dies nach
Erhalt der Mahnung nicht getan hätten, ledig seien und von ihm nach freiem Verfügen eingezo-
gen oder an andere vergeben werden könnten (MGH D W 227) S. 280).
59 FRANKLIN, Reichshofgericht, Bd. 2, S. 287f. Vgl. zum Verfahren auch BATTENBERG, Reichsacht und
Anleite, besonders S. 304-345.
60 In einer Denkschrift aus der Zeit Ludwigs IV. wurde im Fall einer Doppelwahl sogar die Ent-
scheidung auf dem Schlachtfeld im Sinne eines Gottesurteils legitimiert: CH/ &HS A prcEo Acfo-
rmm frAnenf, /zaFcfur cf ccnscfur cf /mFcn cf ccnscrz' dcFcf pro pero rege ef Aiperafore (unten, Kapi-
tel 7.3.4, Anm. 437).
61 Siehe oben, Kapitel 6.2.
62 Vgl. allgemein zu dessen Herrschaftsantritt GoEz, Von Bamberg nach Frankfurt und Aachen,
sowie zuletzt DicK, Königserhebung Friedrich Barbarossas, mit dem Widerspruch von NiEDER-
KORN, Zu glatt und daher verdächtig?. Zu den möglichen gesundheitlichen Folgen des Ritts nach
Aachen siehe FoERSTER, Das Fleisch des Ecksteins, besonders S. 49f.
63 Noch kleiner war der Zeitraum zwischen Wahl und Krönung bei Rudolf von Habsburg (1. Okto-
ber bis 24. Oktober), doch dauerte die Krönungsfahrt etwas länger als bei Wenzel.
 
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