Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0276

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Diplomatik

711

7.1.2 Die Intitulatio
Wie die Regierungsjahre und der zugrunde liegende Epochentag ermöglicht auch die
Intitulatio Aussagen über das Verhältnis von Wahl und Krönung aus Sicht der Herr-
scher beziehungsweise ihrer Kanzlei: »Die Intitulatio läßt den einzelnen, namentlich
festgelegten König und Fürsten über sich selbst aussagen, was zumeist bloß die Theorie
seiner Herrschaft betrifft, jedoch bis zur Reflexion über das persönliche Schicksal des
Titelträgers reichen kann.«"'
Besonders die Forschung des Früh- und Hochmittelalters hat sich ausgiebig mit
der Intitulatio als »Selbstaussage«^ des Herrschers beschäftigt.^ Bis zum Jahr 1200
kann zunächst von einer gewissen Vielfalt zur Karolingerzeit gesprochen werden, auf
die im römisch-deutschen Reich eine Verengung auf den einfachen rex-Titel folgte. Un-
ter Heinrich V. wurde der Königstitel endgültig zum RomanorMm rex erweitert, wozu in
der Stauferzeit der Zusatz (JcfJ semper) aMgusüts hinzukam, was zuvor nur im Kaisertitel
(seit Otto II.: zmpenüor RoPMüorMm aMgusfus) Verwendung gefunden hatte/" Diese »An-
näherung der Königs- an die Kaiserwürde« wurde unter Heinrich VI. noch dadurch
verstärkt, dass die unterschiedliche Königs- und Kaiserzählung aufgegeben wurde.'"
Seit den Karolingern wurde in der Intitulatio außerdem das Gottesgnadentum des

pfalz Urkunden 1263« ist das Wahlversprechen vom 6. Juni 1485 = RTA MR 1, Nr. 171, dort mit
der »Signatur Kurpfalz Urkunden 60«): Gehen zu /rawdrjwf an: T:'nr:ndzwenfz:gsfen dage Mart;';'
nach Cn'st; pnnsers liehen herren gehurt Düsen! v;'cd:HM&rf Ac/:z;gtr vnd Sehs Jare vnnsers Reichs ln:
ersten Jare. Ich danke meinem Kollegen Andreas Schmidt, der freundlicherweise die Urkunde in
München für mich einsah. Ein Schreiben vom 20. Februar (RTA MR 1, Nr. 200, S. 201) weist noch
kein Regierungsjahr auf, während die auch unsers reichs in: ersten Jare enthaltene Datierung in
der Annahme der Wahl erst später hinzugefügt wurde (ebd., Nr. 195, S. 198, Anm. f). Gegenüber
der Stadt Mons vom 26. Februar heißt es hingegen ebenfalls bereits de nostre regne ic prenu'er
(Gachard [Hg.], Lettres inedites de Maximilien, Bd. 1, Nr. 29, S. 60).
90 WOLFRAM, Intitulatio I., S. 12. Für das 8. Jahrhundert wies Wolfram darauf hin, dass der Titel
»nur höchst selten der verfassungsgeschichtlichen Situation unmittelbar und gleichzeitig ge-
recht« werde. In ihm manifestiere sich entweder ein in die Zukunft gerichteter Anspruch, oder
es sei eine »Zurückhaltung und Beschränkung« zu beobachten. Diese beiden Aspekte gilt es
ebenso wie die »Notwendigkeit, im Titel eine oft Generationen alte, ja jahrhundertealte Tradi-
tion fortzusetzen« für spätere Zeiten zu berücksichtigen. Da besonders im Spätmittelalter aller-
dings ein häufiger Wechsel der Praxis zu konstatieren ist, dürfte die »Theorie des Titels« in die-
ser Zeit wohl mehr als früher tatsächlich »die realen, objektiven Gegebenheiten« einfangen
(ebd.).
91 Für Fremdbezeichnungen, zum Beispiel durch die Kurie, siehe ScHWARz, Herrscher- und
Reichstitel, passim. Zur Problematik dieser Unterscheidung vgl. für das Frühmittelalter ZiELiN-
SKi, Selbstaussage - Fremdaussage, besonders S. 109-117.
92 Dies führt ein Blick in das Literaturverzeichnis einschlägiger Lexika oder in die drei zwischen
1967 und 1988 erschienen »Intitulatio«-Bände deutlich vor Augen: KocH, Intitulatio, Sp. 471f.;
WOLFRAM, Intitulatio I.; WOLFRAM (Hg.), Intitulatio II.; WoLFRAM/ScHARER (Hg.), Intitulatio III.
Vgl. auch EGGERT, Intitulatio, S. 295: »Leider ist man dabei, was Deutschland bzw. das Reich be-
trifft, beim Ende der Salierzeit quasi stehengeblieben, was umso bedauerlicher ist, als auch über
die genannten Bände [Intitulatio 1.-111., A.B.] hinaus ein Forschungsinteresse für diese Proble-
matik dann weitgehend fehlte.«
93 Vgl. den Überblick bei ERBEN, Kaiser- und Königsurkunden, S. 310-315, MERTA, Titel Hein-
richs II. und der Salier, BEUMANN, Der deutsche König als »Romanorum rex«, und EGGERT, Intitu-
latio, S. 300-305 sowie jetzt ausführlich ScrrwARz, Herrscher- und Reichstitel.
94 Siehe MERTA, Titel Heinrichs II. und der Salier, S. 199 zur Ordinalzahl der Herrscher, zustim-
mend EGGERT, Intitulatio, S. 309. Vgl. hierzu auch ERBEN, Kaiser- und Königsurkunden, S. 312f.
 
Annotationen