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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0264

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7 Verhältnis von Wahl und Krönung
im Wandel

Wahl und Krönung waren aufeinander bezogene Akte, wobei Erstere die Vorausset-
zung für Letztere darstellte. Welche Bedeutung den beiden Ritualen beigemessen
wurde und wie ihr Verhältnis zueinander gedacht wurde, soll im Folgenden näher un-
tersucht werden: Wurde bereits die Wahl als der konstitutive, herrschaftsbegründende
Akt angesehen, oder brachte erst die Krönung den Herrschaftsantritt zu einem Ab-
schluss und wurde erst durch sie der Gewählte zu einem >vollwertigen< König?
Spätestens seit Mario Krammers Studie »Wahl und Einsetzung des Deutschen Kö-
nigs im Verhältnis zueinander« hat die Forschung hervorgehoben, dass die Wahl im
Verlauf des Spätmittelalters immer wichtiger wurde und die Krönung zunehmend an
rechtlicher Bedeutung verlort Die einzelnen Etappen und Ausprägungen dieser Ent-
wicklung sind jedoch nur unzureichend bekannt. Die folgende Behandlung des The-
mas beschränkt sich daher nicht auf die Wiedergabe der wenigen und immer wieder
aufs Neue angeführten Belegstellen, sondern versucht die bisherige Einschätzung zu
präzisieren und zu erweitern. Neben vertiefenden Studien bekannter Aspekte sollen
hierfür auch neue Gesichtspunkte herangezogen werden, um den zu beobachtenden
Wandel in seinen vielfältigen Ausprägungen genauer fassen zu können.
Eine solche Untersuchung muss zwangsläufig aus einer Vielzahl von möglichen
Ereignissen und Momenten auswählen. Zunächst werden Fragen der Diplomatik be-
handelt, ermöglichen der in der Kanzlei gewählte Datierungsbrauch und die Titulatur
der Herrscher doch einen sehr direkten Zugriff auf die Bewertung der einzelnen Se-
quenzen des Herrschaftsantritts. In einer ereignisgeschichtlich ausgerichteten Analyse
werden die spätmittelalterlichen Herrschererhebungen auf die besagte Thematik über-

1 KRAMMER, Wahl und Einsetzung, besonders S. 57-76. Zur späteren Forschung siehe z. B. SCHU-
BERT, Königswahl und Königtum, S. 264: »... im Heiligen Reich, in dem nicht mehr die Krönung,
sondern die Wahl den konstitutiven Akt für den Beginn eines Königtums bedeutete.«; ERKENS,
Der Erzbischof von Köln, S. 94f.: »Grundsätzlich ist also auch in der frühen Neuzeit der konsti-
tutive Charakter der Wahl nicht umstritten gewesen. ... Die Krönung erscheint dagegen nur als
ein feierlicher Annex zur konstitutiven Wahlhandlung, als der rechtlich wenig bedeutsame Akt
also, als der sie sich seit dem Hoch- und Spätmittelalter darstellte, nachdem sie im früheren
Mittelalter quasikonstitutive Bedeutung besessen hatte.«; RoGGE, Die deutschen Könige im Mit-
telalter, S. 109f.; RoGGE, »Tum quia regalis unctio in anima quicquam non imprimit...«, S. 46-48.
Auch MtETHKE, Kampf Ludwigs des Bayern, S. 68, Anm. 89 spricht von der »wachsende[n] Be-
deutung des Wahlaktes gegenüber der Weihe und Krönung im Rahmen der deutschen Herr-
schererhebung«, die er jedoch nicht weiter verfolgen könne. Anders hingegen ScHNiiH, Krö-
nung, Sp. 1549, der in dem von ihm angeführten Zusammenhang gerade die Aachener Krönung
und nicht die Wahl hervorhebt: »Im Reich zeichnete sich v. a. seit der Zeit Ludwigs d. Bayern
eine Tendenz ab, die gesetzgebende Gewalt des Herrschers von der Aachener Kg.sk. abzuleiten
und in der röm. Kaiserk. nur einen zeremoniellen Akt zu sehen.«
 
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