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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0340

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Zusammenfassung

775

Weitgehend losgelöst von den stark durch die Auseinandersetzung zwischen Kai-
ser und Papst beeinflussten Debatten des 14. Jahrhunderts stützte sich Peter von And-
lau vor allem auf die ihm bekannten liturgischen Texte und Rechtsquellen und schil-
dert anhand dieser den vermeintlichen Ablauf der verschiedenen Herrscherweihen.
Das Heranziehen des Kaiserkrönungsordo dient nicht mehr wie noch bei Konrad von
Megenberg der Untermauerung der Gesamtargumentation, statt einer Ausdeutung
bleibt es bei einer bloßen Wiedergabe/'" Trotz der aus diesem Vorgehen resultierenden
Ungereimtheiten steht Peters auf der Dreikronentheorie basierende Deutung der Kö-
nigskrönungen in Deutschland und Italien als tatsächliche Übernahme der Herrschaft
in gewisser Weise in größerem Einklang mit der Realität, als die früheren Versuche, den
Herrschaftsbeginn aufgrund von Wahl, Approbation und Kaiserkrönung genau zu de-
finieren. Weniger beeinflusst durch zeitgenössische Gegebenheiten, bietet er eine allge-
meine Erklärung des Herrschaftsantritts, die der Präzision früherer Staatsschriften
ermangelt und vielleicht gerade deshalb als eine recht adäquate Wiedergabe der politi-
schen Praxis angesehen werden kann.

74 Zusammenfassung

Führt man die Beobachtungen zur Diplomatik, den verschiedenen ereignisgeschicht-
lichen Vorgängen und den theoretischen Überlegungen und Reflexionsprozessen zu-
sammen, so tritt deutlich zu Tage, dass sie alle in einer allgemeinen Entwicklung kon-
vergieren: Im römisch-deutschen Reich verlor die Königskrönung zunehmend ihre
konstitutive Bedeutung für den Herrschaftsantritt, an ihre Stelle trat die Wahl als ent-
scheidender und herrschaftsbegründender Akt. Dieser Wandel geschah keineswegs zu
einem einzigen Zeitpunkt, noch wurde er durch ein zentrales Ereignis hervorgerufen.
Vielmehr handelt es sich um eine längerfristige Entwicklung, die hier im Wesentlichen
vom Thronstreit von 1198 an analysiert wurde.
Die in dessen Folge zum ersten Mal als Selbstbezeichnung gebrauchte Titulatur als
decfMS markiert sicherlich einen wichtigen Schritt hin zur Unabhängigkeit und Vor-
rangstellung der Wahl, obgleich hierdurch gerade zum Ausdruck gebracht wurde, dass
der Herrscher eben nur gewählter und noch nicht vollwertiger König war. Aus diplo-
matischer Sicht kann von einer gestaffelten Durchsetzung der Wahl im Verlauf des 13.
und 14. Jahrhunderts gesprochen werden. Noch von zahlreichen Abweichungen, Un-
sicherheiten und Zwischenstellungen gekennzeichnet, entwickelte sich im 15. Jahrhun-
dert die allgemeine Regelung, bereits von der Wahl beziehungsweise deren Annahme
an die Regierungsjahre zu zählen und in den Urkunden anzuführen sowie sofort den
Titel rex RomanorMm anzunehmen.^
491 Eine gewisse Ausnahme ist Peters späterer Verweis auf die kaiserlichen Insignien, die ange-
führt werden, um dessen Stellung über allen übrigen Königen zu beweisen (ebd., tit. 8, S. 226).
492 Instruktiv ist hier besonders das Vorgehen Albrechts II., der sich vor seiner böhmischen Königs-
krönung nur rcx BoA'mk' A'Aus, crwdfcr ZM BAcm nannte, seit der Annahme seiner Wahl
 
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