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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0266

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Diplomatik

701

weder war der Herrscher zunächst nur decfus oder sofort rex, entweder begannen seine
Regierungsjahre mit der Wahl oder mit der Krönung. Tertium non datur, so scheint es,
doch wird die folgende Betrachtung auch zeigen, dass die Vorstellungen der Zeitgenos-
sen sich gelegentlich einer solchen Bipolarität entzogen. Entsprechende Aussagen
mussten jedoch in jedem Fall getroffen werden, so dass der Umgang mit der Zählung
der Regierungsjahre und der gewählten Titulatur gute Instrumente sind, um erste Ant-
worten auf die eingangs gestellte Frage nach dem Verhältnis von Wahl und Krönung zu
erhalten. Abschließend sollen die Ergebnisse kurz zusammengefasst und vergleichend
gegenübergestellt werden, um Parallelen, aber auch Abweichungen in Datierung und
Titulatur deutlich werden zu lassen und eine angemessenere Aussage auf Grundlage
dieser Quellen treffen zu können.

7.1.1 Regierungsjahre und Epochentag
Die Angabe der Regierungsjahre, von Justinian I. im Jahr 537 angeordnet/ gehörte zu
den wichtigsten mittelalterlichen Jahresbezeichnungen. Um allerdings den genauen
Tag und damit den herrschaftsbegründenden Akt zu bestimmen, boten sich verschie-
dene Zeitpunkte an, die im Mittelalter - je nach Zeit und Reich verschieden - Verwen-
dung fanden: Die Designation, der Tod des Vaters, die Wahl zum König oder die Weihe.
Für das spätmittelalterliche römisch-deutsche Reich waren einzig Wahl und Krönung
relevant, so dass aus der Entscheidung über den Beginn der Zählung und den Epochen-
tag auf die Bewertung der rituellen Akte und ihr Verhältnis zueinander geschlossen
werden kann/ Welche interessanten Einsichten eine solche Betrachtung ermöglicht,
zeigt sich bereits bei Justinian selbst: Am 4. April 527 zum Kaiser gekrönt, verordnete er
zehn Jahre später, dass seine Regierungsjahre stattdessen von der Designation durch
seinen Vorgänger Justin I. an gerechnet werden sollten/
Hier durch eine eigene kaiserliche Verordnung überliefert, muss für das Mittel-
alter die übliche Praxis erst aus den Datierungen der Urkunden erschlossen werden. Da
der Zeitraum zwischen Wahl und Krönung in manchen Fällen auf nur wenige Tage be-
schränkt war, sind allerdings gelegentlich, wie zum Beispiel bei Friedrich II., keine Aus-
sagen möglich/ Hinzu kommt, dass trotz der Bedeutung der Regierungsjahre für die

6 BRESSLAu, Handbuch der Urkundenlehre, Bd. 2, S. 416; ScHMiTz, Datierung und Beglaubigung,
S.76.
7 Für eine andere Möglichkeit, die Datierungen der Urkunden für historische Fragestellungen
und speziell für die zeitgenössischen Ordnungsvorstellungen des Frühmittelalters nutzbar zu
machen, siehe FicHTENAu, Herrschertum, und ausführlicher FicHTENAu, »Politische« Datierun-
gen.
8 Vgl. MEiER, Justinian, S. 11.
9 Vgl. HÖFLiNGER, Datierungen der Urkunden Kaiser Friedrichs II., S. 334 mit Anm. 63. Höflinger
neigt mit RI YdT Nr. 680b dem Krönungstag zu, doch bemerkte bereits BRESSLAu, Handbuch der
Urkundenlehre, Bd. 2, S. 425, Anm. 5, dieser werde dort zu bestimmt angenommen, da es keine
Urkunde gebe, die diesen Schluss sicher zulasse. Mittlerweile sind für das Jahr 1214 zwei Ur-
kunden aus dem Zeitraum zwischen dem 5. und 9. Dezember aufgetaucht, doch fehlt - zufällig?
- in beiden die Angabe der Regierungsjahre (MGH D FII. 267 und 268). Aus dem Dezember 1216
stammen ebenfalls mehrere Urkunden, von denen drei das fünfte Regierungsjahr haben
(Nr. 389-391), eine vierte jedoch das vierte Regierungsjahr (Nr. 394). Da aber auf die Tagesan-
gabe verzichtet wurde, bringen auch sie keine neuen Erkenntnisse. Man wird daher die weite-
 
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