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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0244

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Krönung

679

Zentrum und Referenzpunkt jeglichen rituellen Handelns blieb stets der König, so
dass dieser bei den entsprechenden Anlässen als uneingeschränktes Oberhaupt, als
Monarch im eigentlichen Sinne des Wortes auftreten konnte, auch wenn er tatsächlich
mehr denn je des Konsenses der Kurfürsten und Fürsten bedurfte. So wurde bei Prozes-
sionen allein über ihm ein Baldachin getragen, der seine besondere Auszeichnung und
überhöhte Stellung allen Zuschauern und Teilnehmern deutlich vor Augen führte.''''
Dem Verzicht auf dieses Herrschaftszeichen muss daher besondere Bedeutung beige-
messen werden, zumal er im Zusammenhang mit der Herrschererhebung bei Fried-
rich III. mehrfach zu beobachten ist. Dieser hatte es bereits während seines eigenen
Herrschaftsantritts beim Einzug in Frankfurt 1442 abgelehnt, unter dem dt/d? mit dem
addar zu gehen. Da die Frankfurter Stadtrechnungen über die Beweggründe keine ge-
naueren Angaben machen, kann hierüber nur spekuliert werden - denkbar wäre, dass
Friedrich zunächst seine Altarsetzung abwarten wollte.
Bei der Königserhebung seines Sohnes fand der Baldachin dann in verschiedenen
Kontexten unterschiedliche Verwendung, so dass man wohl einen bewussten Gestal-
tungswillen des alten Kaisers unterstellen kann. Bei der Ankunft in Frankfurt dürften
die Gründe für den Verzicht noch recht trivial im schlechten Wetter zu suchen sein, das
den Kaiser wie in einem anderen Fall am Verlassen seines Wagens hinderte.^'" Während
der Krönungsfahrt gingen in Köln nicht nur Kaiser und König unter dem /q/rad, son-
dern offenbar auch die sie flankierenden Erzbischöfe von Köln und Trier: ces .1111. perso-
nales sonFz nng scnl pade, car Tewperenr n'en uodd non plns auo/'r. Der für den König geson-
dert bereitgehaltene Baldachin kam ebenso wenig wie in Aachen zum Einsatz, da in
Köln der Kaiser und in Aachen Maximilian seine Verwendung ablehnte. Auch Fried-
rich selbst schritt nur eine gewisse Zeit darunter (Fc/npcrcnr cnlT Tnng nnc csparc, Io rop nc
oolnf prcndrc Tanirc), so dass man den Baldachin bei der Prozession stattdessen über der
Reliquienbüste Karls des Großen trug. Statt einer gesonderten Auszeichnung beider
Herrscher versuchte man in Köln offenbar gerade die Einigkeit und Eintracht zu beto-
nen, während der Verzicht Maximilians in Aachen möglicherweise, ähnlich wie der sei-
nes Vaters vierzig Jahre zuvor in Frankfurt, als Demutshaltung des noch ungekrönten
Königs zu interpretieren ist. Ob man hierin »vielleicht sogar ein spezifisch mittelalter-
liches Selbstminderungsritual« vermuten kann, muss allerdings offen bleiben, wäre
doch auch ein Wandel des rituellen Formenschatzes denkbar.""

6.7.2 Weihe
Der Einblick, der über die Bestimmungen der Ordines hinaus in den Ablauf der Herr-
scherweihe gewonnen werden kann, ist besonders stark durch die sich wandelnde
Uberlieferungssituation bedingt. Ähnlich wie beim Einzug sind es vor allem die Krö-

99 Zum Baldachin als Herrschaftszeichen vgl. den guten Überblick bei SCHENK, Zeremoniell und
Politik, S. 455-472, wo auch die bisherige Forschungslage aufgearbeitet ist.
100 Vgl. für die Vorgänge im Januar 1474 ebd., S. 469f. Friedrich ließ den Baldachin in diesem Fall
seinem Wagen vorantragen, was für 1486 nicht belegt ist.
101 Das Zitat bei ebd., S. 470, der S. 471 aber auch darauf hinweist, dass gerade Maximilian noch
häufiger auf die Verwendung des Baldachins verzichtete.
 
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