Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0037

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
472

Herrschererhebungen des Spätmittelalters

5.12.7 Zusammenfassung
Der von Karl IV. in Auftrag gegebene und unter seinem Nachfolger Wenzel fertig ge-
stellte Königsstuhl in Rhens sollte bald Verwendung finden, wenn auch anders als es
der kaiserliche Initiator und sein königlicher Sohn es sich vorgestellt hatten. Bereits Ri-
chard II. von England hatte zur Erlangung der römischen Königswürde beabsichtigt, zo
Rens znd zo Fntnc/cen/bH zu ziehen, znd woeMe szcJ? zAzdzen lazssen /oüncn.' ^ Doch nicht
der König von England, sondern einer der Kurfürsten sollte schließlich Wenzel als Kö-
nig ablösen: Uber den Umweg Köln gelangte Ruprecht auf seinem Weg zur Herrschaft
schließlich in der Tat neben Rhens und Frankfurt auch nach Aachen.
Die Unzufriedenheit über Wenzels Passivität führte gegen Ende der 1390er Jahre
zu immer konkreteren Oppositionsbestrebungen, die letztlich in der Absetzung durch
die vier rheinischen Kurfürsten mündeten. Diese fand am 20. August zwischen Ober-
lahnstein und Braubach auf einem eigens hierfür errichteten Podest statt, unter relativ
geringer Beteiligung der Angehörigen des Reichs.'^' Am darauffolgenden Tag begaben
sich die Kurfürsten auf die andere Rheinseite, wo sie in Rhens, exakt gegenüber der
Absetzungsstätte und ebenfalls in erhöhter Position, zur Neuwahl schritten.
Soweit erkennbar, folgten sie dabei genau den Vorgaben der Goldenen Bulle, von
der Feier der Messe über die Eidesleistung bis zur Wahlhandlung selbst.'"''' Die Wahl
Ruprechts von der Pfalz fand dabei auf dem als »Königsstuhl« (sedes regads) bezeichne-
ten erhöhten steinernen Podest statt - eine Titulatur, die bisher dem in Aachen stehen-
den Karlsthron Vorbehalten gewesen war und die sicherlich die Legitimität des Vor-
gangs stärken sollte. Erscheinungsbild und Bauart dieses noch sehr jungen Bauwerks
an der rund einhundert Jahre alten Traditionsstätte waren zum Zeitpunkt der Wahl of-
fenbar nur unzureichend im Reich bekannt, so dass vielfach aus der Wahl und even-
tuell auch einer konkreten Thronsetzung auf dem Königsstuhl eine Erhebung und Set-
zung auf den Königsstuhl wurde.

S. 47 man wisse nicht wer die Krönung vollzog, ist angesichts der Anwesenheit des Erzbischofs
von Köln zu modifizieren. Dass mit Ruprecht auch die Königin gekrönt wurde, kann ausge-
schlossen werden.
1595 Postskriptum eines Brief zweier Aachener Schöffen vom Februar 1398, wonach Richard dies an
den König von Frankreich geschrieben und dieser es Wenzel mitgeteilt habe (KRAus, König
Wenzel, S. 615).
1596 DÜRSCHER, Der wacklige Thron, S. 75 zeigt sich unter Verweis auf die frühen Beratungen ver-
wundert, dass die Kurfürsten nicht Frankfurt als Ort der Absetzung wählten. Da letztendlich
jedoch nicht mehr nur verhandelt, sondern auch konkret gegen Wenzel vorgegangen werden
sollte, entschieden sich die Kurfürsten wohl aus Sicherheitsgründen für diesen Ort, dessen
Nähe zu Rhens außerdem die Möglichkeit bot, die Neuwahl in ihrem eigenen Herrschaftsbe-
reich durchzuführen.
1597 Zwar ergingen keine Einladungsschreiben in der vorgeschriebenen Form, doch wurden neben
Wenzel als römischer König und böhmischer Kurfürst auch Markgraf Jobst von Brandenburg
und Herzog Rudolf von Sachsen aufgefordert, nach Oberlahnstein zu kommen. Vgl. so auch die
Deutung der Vorgänge in der Cronica van der hilliger stat van Coellen 1499, Bd. 3, S. 738: die an-
der IrMrfMrsfen, as Sassen z'nd BrandenizHrcd, waren geroz'sen n:er si entynanzen nz'ef sowie die Verhand-
lung über Ruprechts Einlass in Frankfurt, wo die nicht befolgte Einladung der beiden östlichen
Kurfürsten ebenfalls eine Rolle spielte (RTA 4, Nr. 136, S. 152, § 8 und 9). Auch das im Rahmen
des Mainzer Städtetags im September entstandene Gutachten (ebd., Nr. 120, S. 133, c. 2, § 1) zeigt,
dass sehr wohl versucht wurde, die missachtete Vorladung argumentativ für die Sache des
neuen Königs zu nutzen.
 
Annotationen