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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0306

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Reflexion der Zeitgenossen

741

73 Wahl und Krönung in der Reflexion der Zeitgenossen

Während in den vorangehenden Abschnitten der Wandel im Verhältnis von Wahl und
Krönung auf eher indirektem Weg herausgearbeitet wurde, sollen im Folgenden Refle-
xionen der Zeitgenossen untersucht werden, die häufig explizite Aussagen über die
verschiedenen Schritte des Herrschaftsantritts und deren Bedeutung enthalten. Zu-
nächst steht die Salbung im Zentrum der Betrachtung, da sie lange Zeit als der entschei-
dende Akt angesehen wurde, und zwar nicht nur für den Regierungsbeginn insgesamt,
sondern auch innerhalb der Weihe selbst. Es kann dabei nicht darum gehen, alle be-
kannten Belege zu präsentieren, die in größerem Umfang zuerst wohl Marc Bloch in
»Les rois thaumaturges« zusammengestellt haU" und die in der Folgezeit besonders
von Franz-Reiner Erkens ausgiebig behandelt und gedeutet worden sind A'' Stattdessen
sollen exemplarisch die verschiedenen Positionen aufgezeigt sowie auf bisher weniger
beachtete Aspekte und regionale wie zeitliche Differenzen hingewiesen werden. An-
schließend sollen die an der Kurie verhandelten Thronstreite von 1198 und 1257 im Hin-
blick auf die Bewertung der herrschaftsbegründenden rituellen Akte betrachtet wer-
den. Es folgt die Behandlung wichtiger Rechtsquellen, die um eine Außenperspektive
aus der Zeit nach dem Interregnum sowie die Einbeziehung mehrerer spätmittelalter-
licher Staatsschriften ergänzt wird. Das so aufgezeigte Panorama der Reflexionen über
die rituellen Formen des Herrschaftsantritts ergänzt die vorangehende diplomatische
und ereignisgeschichtliche Betrachtung, so dass abschließend eine Zusammenfassung
der Befunde unternommen werden kann.

7.3.1 Die Rolle der Salbung im europäischen Kontext
Die Einbeziehung des Früh- und Hochmittelalters sowie des europäischen Kontexts
ermöglicht es, sowohl die Grundlagen als auch das Umfeld der spätmittelalterlichen
Herrschererhebungen im römisch-deutschen Reich besser verstehen zu können.Bei
der Interpretation der folgenden Quellenzeugnisse ist es daher von besonderer Wich-
tigkeit, ihnen keine universale Gültigkeit über alle Zeiten und Orte hinweg zuzuschrei-
ben, sondern den jeweiligen spezifischen Entstehungszusammenhang im Auge zu be-
halten. Im Folgenden soll hierfür die Salbung behandelt werden, die einen der zentralen
Bestandteile der Königsweihe darstellte: »Erst allmählich ersetzte die Krönung, zu-
nächst nur als liturgische Zusatzhandlung praktiziert, die Salbung als Symbol des
Herrschaf tsantritts.«^ Im Bezug auf Frankreich ist zu ergänzen, dass das Bestreichen
mit dem himmlischen Öl auch im Spätmittelalter noch das Aufsetzen der Krone an Be-

266 BLOCH, Die wundertätigen Könige, passim.
267 Siehe besonders ERKENS, Der Herrscher als gotes drut; ERKENS, Sol z'zzstz'cz'e und regz's regzzzz: Hca-
rzzzs; ERKENS, Heißer Sommer, geistliche Gewänder und königliche Siegel; ERKENS, Der pz'a Dez
ordz'zMh'ozze rex.
268 Eine Einordnung der Entwicklung in den gesamteuropäischen Zusammenhang kann hier nicht
geleistet werden. Ein erster Versuch bleibt Kapitel 8 Vorbehalten.
269 ScHNEiDMÜLLER, Salbung, Sp. 1270.
 
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