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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0049

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Herrschererhebungen des Spätmittelalters

wurde auch die mangelnde Form der Wahl angeprangert: Diese sei außerhalb der Kir-
che, überhastet und vollkommen ohne die Beachtung der gebührenden und üblichen
Feierlichkeiten geschehendes
Die Anschuldigungen blieben nicht ohne Widerspruch. In einem Schreiben von
Anfang Januar 1411 wurden die Vorwürfe ausführlich widerlegt und die Rechtmäßig-
keit der Wahl Sigismunds begründet:'^' yon einer überstürzten Durchführung könne
keine Rede sein, da die Wahl ja auch bereits am vierten oder fünften und nicht erst am
zwanzigsten Tag nach der Zusammenkunft der Kurfürsten hätte stattfinden können.
Dass die Feier der Messe unterlassen werden musste, sei allein dem Erzbischof von
Mainz vorzuwerfen. Alles hierfür Notwendige sei vorbereitet gewesen, doch war die
Kirche nicht ohne unangebrachte Anwendung von Gewalt zu öffnen und die Stadt au-
ßerdem unrechtmäßig mit dem Interdikt belegt.'^'" Die Wahl sei daher hinter dem Chor
circa aifarc wajMS, an einem für öffentliche Akte geeigneten Platz vorgenommen und au-
ßerdem die Gnade des Heiligen Geistes angerufen worden, das Abweichen von der üb-
lichen Form also ganz allein die Schuld des Mainzer Erzbischofs. Zwar wäre es besser
und feierlicher gewesen, die Wahl innerhalb der Kirche zu vollziehen, doch würde ja
auch niemand behaupten wollen, dass die Kardinäle nicht an einem anderen Ort zur
Wahl schreiten dürften, falls der Papstpalast verschlossen sei.'^''
Die Auseinandersetzung lässt erkennen, dass die Position Sigismunds sicherlich
die schwächere war, da seine Berechtigung zum Führen der brandenburgischen Kur-
stimme bestritten werden konnte. Zudem stand der Ausschluss des Mainzer Erz-
bischofs, der in dem wohl von Job Vener verfassten Gutachten aufgrund von Formfeh-
lern bei der Einladung und dem ungebührlichen Verhalten in Frankfurt für diese Wahl
in Betracht gezogen wurde, auf recht wackligen Füßen Andererseits bestand keine
rechtliche Notwendigkeit über den festgesetzten Termin hinaus auf die abwesenden
Kurfürsten zu warten, so dass die Verzögerung der Wahl und das willkürliche Verhän-
gen des Interdikts durchaus als schwerwiegende Übertretungen gewertet werden
konnten.'^ Nicht ganz zu Unrecht wurde auf die Konsequenzen dieses Vorgehens hin-

1658 RTA 7 Nr. 52, S. 74, § 3, Z. 19f.: rcfro ccdes/am s. Bardzoiome;' precz'pMMfer cf cx afrapfo, naHa pendas
ud coMSMcfa soiempazYafe scrpafa. Die hierbei anwesende Volksmenge wird zwar erwähnt,
ihre Anteilnahme und Größe jedoch heruntergespielt: popaio ad öde spccfacHiHm coagrcgafo h'cef
PHMCO (Z. 22f.).
1659 Vgl. zum folgenden besonders HEiMPEL, Die Vener von Gmünd und Strassburg, Bd. 2, S. 667-
690.
1660 Hierzu hieß es weiter: Ein solches Vorgehen konnte nicht hingenommen werden, da sonst die
Wahl allein von der Willkür des Mainzer Erzbischofs abhängen würde. Denn wenn alle Kurfür-
sten anwesend und sechs sich einig wären, könne er allein durch Schließung der Kirche und
Verhängung des Interdikts die Wahl verhindern.
1661 RTA 7, Nr. 53, S. 82f., § 8 und 9. Hinsichtlich der Anzahl der für die Wahl notwendigen Stimmen
wurde unter Heranziehung der Papstwahl eine Interpretation der Goldenen Bulle vertreten,
dass auch die von nur drei anwesenden Kurfürsten vollzogene Wahl völlige Gültigkeit habe
und der mit der Mehrheit Gewählte als rechtmäßiger König anzusehen sei (S. 81, § 7).
1662 Ebd., S. 81f., § 7 Z. 28-1. Die Formfehler bei der Einladung wurden von den Kurfürsten von Trier
und der Pfalz im Vorfeld der zweiten Wahl erneut betont (ebd., Nr. 89, S. 134, S. 134, Z. 33-35).
Dass keine Einladungsschreiben überliefert sind, mag mit Vorsicht als Stütze dieses Vorwurfs
gewertet werden.
1663 Die Darstellung zweier Chroniken legt ebenfalls ein unrechtmäßiges Vorgehen des Mainzer
Erzbischofs nahe: Gobelinus Person, Cosmidromius, c. 90, Rec. B, S. 188 berichtet von der ver-
schlossenen Kirche und deutet dies als Versuch zu verhindern, dass die geschehene Wahl mit
 
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