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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0079

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514

Herrschererhebungen des Spätmittelalters

zog Stephans von Bayern auf Teilnahme an der Wahl war unter den Kurfürsten vor al-
lem die Stellung des nach Frankfurt gekommenen Burggrafen Friedrich von Nürnberg
umstritten: Dieser beanspruchte im Namen Sigismunds die Stimme der Markgrafschaft
Brandenburg, die eigentlich dessen Vetter Jobst zustand. Zunächst wurde er jedoch nur
als Botschafter und nicht als Bevollmächtigter eingelassen.
Die folgenden zwei Wochen vergingen mit Verhandlungen zwischen der Trierer-
pfälzischen und der Mainzer-kölnischen Partei, wobei erstere auf die Durchführung
der Wahl drängte, letztere hingegen auf die übrigen Kurfürsten warten wollte, M/daz die
/(OT/wsten ade miteinander uereinef nnd einmndeciicd weien wnrden - und zwar, so wird man
ergänzen dürfen, Jobst und nicht Sigismund. Am 19. September schließlich forderten
Werner von Trier und Pfalzgraf Ludwig für den folgenden Tag eine Heilig-Geist-Messe,
um einen redeiicden an/any in disen sacden zu machen: Nach den Bestimmungen der Gol-
denen Bulle, die noch am selben Tag öffentlich verlesen wurde, hätten die Kurfürsten
von Mainz und Köln die Stadt ab dieser rituellen Eröffnung der Wahlhandlungen nicht
mehr verlassen dürfen, so dass man sich auf der Gegenseite, im Verbund mit der dro-
henden Nahrungsbeschränkung auf Wasser und Brot, eine baldige Durchführung der
Wahl erhoffte.
Am folgenden Tag fanden die Kurfürsten von Trier und der Pfalz sowie Burggraf
Friedrich die Bartholomäuskirche an aiien enden Fesiossen vor, da der Erzbischof von
Mainz die Stadt mit dem Interdikt belegt hatte. Die Wahl Sigismunds musste somit au-
ßerhalb der Kirche erfolgen: Man begab sich dafür an die Außenseite des Chores auf
Höhe des Hauptaltars, also so nah wie möglich an den eigentlichen Wahlort. Die dorti-
gen rituellen Handlungen orientierten sich deutlich an den Bestimmungen der Golde-
nen Bulle, ja die Wähler brachten explizit zum Ausdruck, wie man eigentlich vorzu-
gehen gehabt hätte, wenn die übrigen Kurfürsten nicht ferngeblieben wären. Die so
geschehene Wahl wurde in Frankfurt und durch Schreiben an die Städte und Fürsten
des Reichs verkündet und bekannt gemacht sowie Gehorsam gegenüber dem neuen Kö-
nig gefordert, wobei unter Verweis auf die Goldene Bulle die Rechtmäßigkeit der Wahl
betont wurde.^3
Da das Wahlgeschäft aus ihrer Sicht beendet war und das Reich einen neuen König
hatte, verließen die Wähler Sigismunds wenige Tage später die Stadt. Zurück blieb ein
Diener des Burggrafen, der den mit den Erzbischöfen von Mainz und Köln ausgehan-
delten Beitritt zur Wahl und deren Anerkennung Sigismunds urkundlich fixieren sollte.
Stattdessen schritten diese jedoch wenige Tage später ihrerseits zur Wahl eines neuen
Königs, nachdem die Boten der drei östlichen Kurfürsten schließlich doch noch nach
Frankfurt gekommen waren. Möglich geworden war dieser Umschwung durch die Ei-
nigung zwischen Jobst und Wenzel, wonach Jobst neuer König und Wenzel römischer
Kaiser werden sollte. Am Vormittag des 1. Oktobers fanden sich so die Kurfürsten und
deren Gesandte im Chor der Bartholomäuskirche ein, feierten eine Messe vom Heiligen
Geist und leisteten den vorgeschriebenen Eid. Es folgte die Abfrage der Stimmen durch
den Erzbischof von Mainz, wobei auch hier betont wurde, dass die erste Stimme eigent-

1823 Da die nicht rechtzeitig erschienen Kurfürsten ihre Stimme bei dieser Wahl verloren hätten und
von den vier anwesenden Kurfürsten und dos/MM/Uw macdf drei einig geworden seien, so woro
eine waLgoscdoon, und, der aisogowdof oincn oz'zwzMdzgoz! Romsc/zozz hwzgzM /zadozzdo (RTA 7)
Nr. 30, S. 46, § 9, Z. 38-41).
 
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