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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0216

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Vorverhandlungen

651

ziehen konnte, während die andere Seite bei einem bloßen Beitreten leer ausgehen und
auch deshalb ein Interesse an der Verzögerung der Entscheidung haben musste.
Zwar hatte die Goldene Bulle die Abgabe der Stimme ohne Bedingung, Belohnung
oder sonstige Forderungen vorgeschrieben, doch kann das Jahr 1356 im Hinblick auf
die Wahlversprechen nur eingeschränkt als Wasserscheide angesehen werden. Die Ver-
kürzung des der Wahl vorausgehenden Verhandlungszeitraums erschwerte zwar die
Erlangung umfassender Zugeständnisse (1410) oder verhinderte diese sogar gänzlich
(1438, 1440). Außergewöhnliche Umstände der Herrschererhebung gingen hingegen
noch immer mit einer Bereicherung der Wähler (1376, nicht jedoch 1400) einher oder
führten sogar zu einer Änderung des Eides (1486). Dennoch ist ein allmählicher Wandel
erkennbar, den umfassenden Wahlversprechen des 13. und 14. Jahrhunderts stehen die
deutlich begrenzteren Forderungen des 15. Jahrhunderts gegenüber. Diese wurden nun
verstärkt mit politischen Forderungen verbunden, was schließlich in die Wahlkapitula-
tionen seit Karl V. mündetet
Die diesbezüglichen Veränderungen bedürften im Einzelnen noch eingehenderer
Untersuchungen/ doch kann vermutet werden, dass sich zum einen das Machtverhält-
nis zwischen Thronanwärter und Kurfürsten wandelte, zum anderen die Verfügungs-
masse des Königtums im Laufe der Zeit abnahm. Überspitzt gesagt: Was man als Kur-
fürst bereits hatte, brauchte man nicht mehr zu fordern. Im selben Maße, wie zunächst
die drei geistlichen und später die vier rheinischen Kurfürsten die Königswahl be-
stimmten, waren es vor allem sie, die von den Versprechen der zumeist von ihnen pro-
tegierten und lancierten Kandidaten profitieren konnten. Für die östlichen Kurfürsten
waren konkrete Rechts- oder Gebietsgewinne deutlich schwerer zu erzielen, zumal für
sie für längere Zeit die Sicherung ihres teilweise zwischen zwei Linien umkämpften
Anspruchs auf die Teilhabe an der Königswahl im Vordergrund stand.
Diese Beobachtungen gelten auch für die Erstattung der bei der Wahl - und meist
auch der Krönung - angefallenen Kosten, die zuerst 1273 belegt und bis 1346 nachweis-
bar ist: Zuerst beschränkt auf die geistlichen Kurfürsten und dann erweitert um den
Pfalzgrafen, wurde schließlich auch den östlichen Kurfürsten vereinzelt die Beglei-
chung ihrer Ausgaben versprochen. Dies darf allerdings nicht allein einem gesteigerten
Machtanspruch zugeschrieben werden: Erst relativ spät entstanden ihnen nämlich tat-
sächlich außergewöhnliche Kosten, während ihr Anhang bei früheren Wahlen sich auf
einen Bruchteil des teilweise mehrere tausend Ritter umfassenden Gefolges der geist-

2 Zu dieser und der weiteren Entwicklung siehe KLEiNHEYER, Wahlkapitulationen, sowie LOTTES,
Zwischen Herrschaftsvertrag und Verfassungsnotariat.
3 Wohl nicht zufällig enden die übergreifenden Arbeiten von HAIDER, Schriftliche Wahlverspre-
chen, STEHKÄMPER, Geld bei deutschen Königswahlen, und VoGTHERR, Die deutschen Königs-
wahlen und das Geld, mit dem ausgehenden 13. oder dem beginnenden 14. Jahrhundert. Die bei
LANDWEHR, Verpfändung der deutschen Reichsstädte, S. 258-271 zusammengestellten Verpfän-
dungen enden ebenfalls bei 1410. Eine zusammenfassende Betrachtung und Einordnung in grö-
ßere Zusammenhänge unternimmt für diesen Zeitraum zumindest Vogtherr, verbunden mit
dem einleitenden Hinweis: »Umso überraschender ist es, dass dieses Thema bisher in seiner
Gesamtheit in der Forschung nicht behandelt worden zu sein scheint, während es an Detailstu-
dien nicht fehlt.« (S. 39). Votherrs starke Betonung der »Außenpolitik« ist jedoch nur bedingt
nachvollziehbar, und auch die von ihm als allgemeine Erscheinung präsentierte monetäre Ein-
flussnahme der Päpste betraf allein die beiden Gegenkönigserhebungen der 1240er Jahre. Für
die Zeit nach der Goldenen Bulle vgl. jetzt KNAKE, »Mietekiese« der Kurfürsten.
 
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