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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0229

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Rituale der Herrschererhebung

den versucht werden, die Fokussierung auf den rechtsgeschichtlichen Aspekt aufzu-
brechen und außerdem stärker zwischen den tatsächlichen Durchführungen und den
sich im Umlauf befindlichen Vorstellungen zu scheiden.
Den Ausgangspunkt der Überlegungen bildete stets der Entwurf der Bulle »Qui
celum«, wonach der Gewählte vor Aachen einige Tage zu verbringen habe, bevor er
durch den Erzbischof von Köln geweiht und damit jegliche Möglichkeit zum Wider-
spruch beseitigt werdet Dass Richard von Cornwall sich tatsächlich keineswegs eine
gewisse Frist vor Aachen aufgehalten hatte,^ sondern seine Krönung vor allem wegen
des geeigneteren Himmelfahrtstages um etwa eine Woche aufschob, hat ebenfalls be-
reits die ältere Forschung erkanntA Für die folgenden Herrschererhebungen fehlen
dann glaubwürdige Nachrichten eines Fagers, und auch die von Schellhass angenom-
mene Dreitagesfrist vor Aachen 1314 sowie die Vierzig- beziehungsweise Dreitagesfrist
1346 sind zu Recht in Frage gestellt worden
So gelangt man schließlich für die erste konkrete Forderung nach einem Königs-
lager zum Jahr 1349, doch ist der Ort nicht Aachen, sondern Frankfurt: Die Stadt for-
derte von Günther von Schwarzburg ein sechs Wochen und drei Tage dauerndes Fager,
da er nicht von allen Kurfürsten gewählt worden sei. Grundlage hierfür waren wohl
kaum die Kenntnisse des faktisch ja nie geschehenen Fagers vor Aachen,^ sondern
möglicherweise die Erinnerung an die Doppelwahl von 1314, als Fudwig IV. gegen
Friedrich von Habsburg das Feld behauptet hatte und so einige Tage nach seiner Wahl
einziehen konnte. Die Anhänger Günthers bestritten allerdings erfolgreich die Existenz
eines solchen Herkommens, so dass der Gewählte die Stadt nach einer Woche Bedenk-
zeit betreten konnte. Die darauffolgende Königserhebung Wenzels geschah ohne Bean-
standung, so dass es in diesem Fall zu keinem Königslager kam A
Zur ersten und einzigen tatsächlichen Umsetzung dieses vermeintlichen Brauchs
kam es bei der Gegenkönigserhebung Ruprechts von der Pfalz, wie Ernst Schubert tref-
fend formuliert hat: »Das Königslager gehört zu jenen Rechtsfiktionen, die mit einem

handelt es sich auch in diesem Fall um eine Rückprojektion späterer Vorstellungen, wie sie
Schubert selbst anderweitig bekannt war (S. 311). Auch die Gleichsetzung von Anleiteverfahren
und Krönungsgeleit kann nicht überzeugen (S. 309).
37 MGH Const 2, Nr. 405, S. 525, § 6: cf eiecfz'ozze fahler cefeFrafa efeefzzs, sz eiecfz'ozzz cozzsezzserz'f, azzfe
Azyzzz'sgrazzz per dz'es aiz'zyrzosydcfa zzzora z'zzfra azzzzzzzzz ef dz'ezzz posf cefeFrafazzz efecfz'ozzezzz eazzdezzz, z?zzazzdo
efeefzzs pohzerzf, per Coiozzz'ezzsezzz arc/zz'epz'scopzzzzz, ad zyzzezrz z'd ex o^zczo szzo speefaf, z'zzzzzzgz'fzzz; cozzsecra-
fzzr ef efz'azzz corozzafzzr. Qzzo/acfo czzzlz'Fef Ua precfzzdz'fzzr cozzfra efecfz'ozzezzz rzef efeefzzzzz z'azzz regezzz Ro-
zzzazzorzzzzz e^fecfzzzzz dz'cezzdz adzyzzz'd rzef efz'azzz oppozzezzdz.
38 So ebd., S. 526, § 9: Ae persozzahfer Aiazzzazzzzz'e regzzzzzzz z'zzgresszzs ef zzzorazzz apzzd Azyzzz'sgrazzz z?zzazzfzzzzz
deczzzf^dczezzs zzec z'zzrzezzz'ezzs resz'sfezzfezzz....
39 Vgl. ScHELLHAss, Königslager, S. 9-15. Deutlicher WEiRicH, Königslager, S. 214: »Die Darstellung
des Entwurfs der Bulle ist demnach, wenn wir es scharf ausdrücken wollen, eine reine Fiktion,
und dieser Fiktion verdankt der Brauch des Königslagers seinen Ursprung.«
40 Vgl. für 1314 KLAiBER, Neues zum »Königslager«, S. 92 (»hypothetisches Lager«) und oben, Kapi-
tel 5.8.3, Anm. 771; für 1346 WEiRicH, Königslager, S. 219f. sowie oben, Kapitel 5.9.4, Anm. 1025.
Zu der gegen seine Annahmen vorgebrachten Kritik vgl. ScHELLHAss, Königslager, Nachtrag II,
S. 194f., wo er das Verlangen der Aachener nach einem vierzigtägigen Lager 1346 verteidigt, für
1314 aber einräumt, dass das dreitägige Lager »auch wohl angezweifelt werden« könnte.
41 So hingegen die Annahme bei ScHELLHAss, Königslager, S. 30f.
42 Vgl. RTA1, Nr. 54, S. 82, Z. 4-6: Nzzzz wodezz sz'e ade /zz'zzweg zzzzd dezz Fdzzzg zzz Ac/ze erdzzezz. dazzzz zzzazz
sagef, daf? der Fdzzzg por Frazzchezz/Mrd zzz'f dgezz wode, wazz zzzazz zzoc/z zzz'f wezf? rzozz z'zzzazz sagezz der wz'der z'zz
sz'zz wode. Offenbar war also auch ein Lager nach der Wahl vorstellbar.
 
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