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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0241

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676

Rituale der Herrschererhebung

Es überrascht daher wenig, dass dieser Text weniger als ein Jahrzehnt später beim
Einzug Sigismunds herangezogen wurde, unter Wegfall der nun nicht mehr relevanten
Passagen wie die sich an den Einzug anschließende Messfeier oder die Thronsetzung in
der Oberkirche. Der vom Stiftskapitel für diesen Fall angefertigte Bericht wurde bei der
darauffolgenden Krönung dann in allgemeine Bestimmungen überführt und mit den
älteren Vorgaben des Modus verbunden. Auch wenn einzelne Elemente der neugeschaf-
fenen Ordnung nur zeitweilige oder gar keine Umsetzung in die Praxis fanden,^ so
waren auf diese Weise doch gewisse Vorgaben entstanden, die in der Folgezeit den Ab-
lauf des Einzugs in den wesentlichen Punkten regelten.
Was die Ordnung der Prozession angeht, so war diese für die Kurfürsten seit der
Goldenen Bulle von 1356 eindeutig festgelegt. Bis zu Beginn des 15. Jahrhunderts lassen
die Quellen hierüber sowie über die weitere Ordnung des Zuges keine Angaben zu, für
die meist aus der Ferne schreibenden Chronisten stand offenbar vor allem die große
Beteiligung an sich im Zentrum. An Ruprechts Einzug in Köln nahmen außer ihm nur
zwei Kurfürsten teil, gemäß der Goldenen Bulle ritt er wie bereits in Frankfurt zwi-
schen den Erzbischöfen von Köln und Mainz. Die Anordnung beim Betreten der Wahl-
stadt zeigt dabei auch, dass trotz der Vorgaben durchaus Abweichungen vorgenommen
werden konnten beziehungsweise aus praktischen Gründen vorgenommen werden
mussten: Da die Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen nicht teilnahmen und der
König gleichzeitig Pfalzgraf war, ritten einzeln vor ihm lediglich der Erzbischof von
Trier und der Herzog von Lothringen, der für Sachsen das Amt des Schwertträgers
übernahm.^
Eine ähnliche Situation ergab sich 1414 bei der Krönung Sigismunds: Da der Erz-
bischof von Mainz fehlte, der König auch Markgraf von Brandenburg war und der Erz-
bischof von Köln aufgrund der normativen Vorgaben den König an der Kirche in Emp-
fang nehmen musste, nahm offenbar allein der Herzog von Sachsen unmittelbar am
Einzug teil. Weil 1442 der Brandenburger Markgraf verspätet eintraf und man offenbar
dem alleinigen Voranreiten des Herzogs von Sachsen, das in die Bestimmungen des
Empfangsordo übernommen worden war, große Bedeutung zumaß, ritt der persönlich
anwesende Pfalzgraf nicht in unmittelbarer Nähe zum König, sondern an der Spitze
seines Gefolges ein A Mit der Krönung Maximilians endete jedoch die Sonderstellung
des Schwertträgers, die Norm der Goldene Bulle siegte über die Bestimmungen des Ein-
zugsordo: Dem Herzog von Sachsen wurde jetzt wieder der Pfalzgraf zur Seite gestellt,
während der Platz des Markgrafen leer blieb. Andere Quellen lassen hingegen den Erz-
bischof von Trier dessen Position einnehmen, ohne dass eindeutig entschieden werden
könnte, ob die Bestimmungen der Goldenen Bulle in diesem Fall nun befolgt oder abge-

86 So das alleinige Voranreiten des Herzogs von Sachsen, das nur 1442, nicht aber 1486 umgesetzt
wurde, oder der Empfang des Königs an der Kirche durch den Erzbischof von Köln, was nur
1414, nicht aber bei den folgenden beiden Einzügen geschah.
87 Für einen ähnlichen Fall beim Einzug Karls IV. in Lübeck 1375 siehe SCHENK, Zeremoniell und
Politik, S. 303f.
88 Auch bei den geistlichen Kurfürsten konnte es zu Verschiebungen kommen: 1442 nahm der
Erzbischof von Köln nicht am Zug von der Marienkirche zum Aachener Rathaus teil, so dass
der Mainzer Erzbischof dessen Platz einnahm und der Trierer seinerseits an die Stelle des
Mainzers rückte. Ähnlich ging man 1486 in Köln vor: Da der Erzbischof von Mainz verspätet
eintraf, nahmen seine Amtsbrüder von Köln und Trier Kaiser und König in ihre Mitte.
 
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