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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0284

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Diplomatik

719

Die kurze Betrachtung der Siegel bestätigt die anhand des Datierungsbrauchs und
der Intitulatio gemachten Beobachtungen. Fasst man die verschiedenen Aspekte zu-
sammen, so kann im Hinblick auf das Verhältnis von Wahl und Krönung von einer ge-
staffelten Durchsetzung der Wahl im Verlauf des 13. und 14. Jahrhunderts gesprochen
werden. Dies blieb nicht ohne retardierende Momente (1309,1314,1376), Unsicherheiten
(Wechsel der Regierungsjahre bei Rudolf und Albrecht I.) oder Zwischenstellungen
(decfMS-Titel, Aufnahme der Regierungsjahre erst nach der Krönung, fürstliches Siegel
bis zur Krönung). Insgesamt etablierte sich die Wahl jedoch zunehmend als der ent-
scheidende und konstitutive Akt des Herrschaftsantritts, den die Krönung zwar er-
gänzte und auf ritueller Ebene zum Abschluss brachte, jedoch nicht mehr an Bedeu-
tung übertraf. Die einzelnen Herrschererhebungen konnten stark durch den jeweiligen
Kontext geprägt sein, doch ging dieser Einfluss im Laufe des Spätmittelalters immer
weiter zurück: Aus spezifischen Ausprägungen hatte sich im 15. Jahrhundert die allge-
meine Regelung entwickelt, von der Wahl beziehungsweise deren Annahme an die Re-
gierungsjahre zu zählen, diese in den Urkunden anzuführen und sich ohne ein ein-
schränkendes decfMS als rex RoPMüorMm zu bezeichnen.
Diese Entwicklung gelangte noch unter Maximilian auf eine neue Stufe, als er sich
seit 1508 als »erwählter römischer Kaiser« bezeichnete, ohne jemals die Kaiserkrone
durch den Papst empfangen zu haben.' ^ Auch Karl V., der letzte vom Papst zum Kaiser
gekrönte römisch-deutsche König, wurde bereits bei seiner Krönung in Aachen mit die-
sem Titel proklamiert/^ eine Entwicklung, die sich mit der Proklamation Ferdinands I.
zum römischen Kaiser 1558 und der automatischen Nachfolge seines Sohnes 1564 fort-
setzte/^ Ein langer Weg, vom Titel CMgMsfMS a Deo coronafMS magUMS pacz/zcüs zmpenüor

gdwc/ww/Wö rwwsors Mawsäds Iws/gUs so wir zumal gograhons m'c/d gdzaM /zahon (München,
Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Kurpfalz Urkunden 352; siehe hierzu oben, Anm. 89).
152 Siehe hierzu WiESFLECKER, Maximilians I. Kaiserproklamation, wo die Bedeutung der Prokla-
mation relativ gering veranschlagt wird (S. 26-30). In zwei Schreiben Maximilians, wiedergege-
ben bei HyE, Siegel Maximilians, S. 88, Anm. 13, wird die Wahl des Titels wie folgt begründet:
Dof? wir ans ahor sdhsf m'c/d/roi/ MCMMOn; Röm/'sclwr Kat/sor, sondern TrwddUn, das dzan wir daran:,
daj? ansor /wiiigor Vater Papst and der Sta/d za Ron: nic/:t darfär daiten, ais oh wir ihnen die Römische
hat/seriiehe Crönang entziehen. Einzig auf seinen Siegelringen nannte Maximilian sich imperator
ohne den Zusatz eiectas (ebd., S. 89). Siehe hierzu jetzt auch EisENHARDT, Annahme des Titels
»Erwählter Römischer Kaiser«, S. 188-190.
153 WtESFLECKER, Maximilians I. Kaiserproklamation, S. 30; DoTZAUER, Entstehung, S. 8; EisENHARDT,
Annahme des Titels »Erwählter Römischer Kaiser«, S. 190.
154 Vgl. hierzu LAUBAcrr, Ferdinand I. als Kaiser, S. 207-254, zur Frage des Titels, der noch immer
nur »erwählter römischer Kaiser« lautete, besonders S. 237f. Siehe außerdem EisENHARDT, An-
nahme des Titels »Erwählter Römischer Kaiser«, S. 190f. Anders hingegen REUTER-PETTENBERG,
Bedeutungswandel, S. 125, jedoch ohne Nachweis. Maximilian II. war 1562 zum römischen Kö-
nig gewählt und gekrönt sowie vom Papst anerkannt worden und folgte seinem Vater 1564 als
Kaiser nach (vgl. LAUBACH, Ferdinand I. als Kaiser, S. 571-616; zur Titulatur allgemein HoKE,
Österreichische und Deutsche Rechtsgeschichte, S. 147f.). Zu der Zählung der Regierungsjahre
in der Frühen Neuzeit vgl. die Angaben bei GROTEFEND, Taschenbuch der Zeitrechnung, S. 114f.
Der Aufsatz von MERZBACHER, Kaiserliche Siegel und Titulaturen, ist zu undifferenziert, um für
diese Fragestellung Nützliches zu enthalten. Ebenfalls nur bedingt brauchbar sind die Untersu-
chungen von WEisERT, Dauer der Königswahlen bis zu den Krönungen, da hier nicht klar zwi-
schen den verschiedenen Quellengattungen geschieden und die Forschungsliteratur nur in
sehr begrenztem Maße herangezogen wird.
 
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