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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0322

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Reflexion der Zeitgenossen

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Ebene, »um, einem Netz von Schlingpflanzen nicht unähnlich, die Reichsgewalt beim
Eintritt in ihre verlassenen Gebiete zu hemmen«/^
Kern unterschied vier Theorien, aus denen die Herrschaft des römisch-deutschen
Königs in den »außerdeutschen Reichsteilen« hergeleitet wurde, und die alle »nach dem
Interregnum aufgegriffen und in die politische Praxis eingeführt« wurden/^ Kerns
Annahme, dass diese den Zeitgenossen als ausformuliertes Gedankengebäude zur Ver-
fügung standen und dann in die Praxis umgesetzt wurden, ist allerdings wenig über-
zeugend^ und auch von ihm selbst indirekt in Frage gestellt worden: »Es scheint, daß
... die Theorie erst in dem Augenblick sich einfand, wo die Praxis sie brauchte.«^ Statt
von festgefügten Theorien dürfte daher eher von nicht klar umrissenen Vorstellungen
beziehungsweise verschiedenen Argumentationslinien auszugehen sein/'' die von den
Akteuren herangezogen wurden, um ihre (Nicht-)Anerkennung des römisch-deut-
schen Königs zu legitimieren.
Trotz diesen Einschränkungen lassen die zahlreichen von Kern angeführten Bei-
spiele erkennen, dass in der zweiten Hälfte des 13. und zu Beginn des 14. Jahrhunderts
die Städte und Fürsten außerhalb des regnum Alemannia mehrfach versuchten, sich dem
königlichen Zugriff unter Zuhilfenahme verschiedener Rechtfertigungsgründe zu ent-
ziehen. So konnte die Anerkennung des neuen Königs aufgrund freiwilliger Unterwer-
fung oder auch erst nach dessen persönlichem und machtvollem Erscheinen vor Ort
erfolgen. Neben der vom Papst erteilten Approbation wurde außerdem die Kaiserkrö-
nung als Voraussetzung angeführt, die damit den spätesten Moment der Herrschafts-
übernahme darstellte. Die römisch-deutschen Könige von Rudolf von Habsburg bis
Heinrich VII. akzeptierten weitgehend die Approbationstheorie. Diese führte unter
Ludwig IV. dann zur heftigen Konfrontation mit dem Papsttum, was letztendlich eine
Neubestimmung der Positionen zur Folge hatte
Allen von Kern identifizierten Ordnungsvorstellungen ist gemeinsam, dass weder
die Königswahl noch die Königskrönung in Aachen dem römisch-deutschen Herrscher
außerhalb des engeren regUMm Alcmanm'c besondere Rechte verschaffte/^ Der rechtmä-
ßige Herrschaftsantritt in Deutschland befähigte zum Erwerb der Kaiserkrone/^' doch
waren bis dahin der tatsächlichen Ausübung der Herrschaftsgewalt erhebliche Gren-
zen gesetzt.

373 KERN, Reichsgewalt, S. 40.
374 Ebd., S. 40f. Vgl. ergänzend auch TRAUTz, Reichsgewalt in Italien, der jedoch vor allem die Zeit
nach 1300 in den Blick nimmt.
375 Vgl. z. B. die Überlegungen hinsichtlich der Entstehung der »Krönungstheorie«: KERN, Reichs-
gewalt, S. 71-71.
376 Ebd., S. 62.
377 Hierdurch erklärt sich auch Kerns Beobachtung, dass die »Rezeptionstheorie« nur schwer fass-
bar sei und gelegentlich mit der »Machttheorie« verschmelze (ebd., S. 56).
378 Vgl. ebd., S. 87-93 sowie die im Folgenden behandelten Aspekte.
379 Zum vereinzelten Aufgreifen der »Approbationstheorie« im deutschen Reichsteil vgl. KRIEGER,
Lehnshoheit, S. 438 mit Anm. 269.
380 Vgl. die Schreiben Bonifatius' VIII. über die Anerkennung Albrechts I., wo Wahl und Krönung
gleichberechtigt nebeneinander stehen (MGH Const. 4, Nr. 174, S. 146f., § 3 und 6; Nr. 175, S. 149f.,
§ 3 und 6). In der Approbationsrede selbst wurde hingegen nur auf die Wahl Bezug genommen
(ebd., Nr. 173, c. 1), und zwar auch in der Antwort des königlichen Kanzlers (c. 2). Zur Approba-
tion bei Bonifatius VIII. siehe auch UNVERHAu, Approbatio - Reprobatio, S. 310-326.
 
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