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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone Titelzusatz:: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,2: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34719#0346

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8 Ergebnisse und Perspektiven

Tempora mtdatifMr, nos ci zznzfzzzziMr zzi zHzs, die Zeiten ändern sich und wir ändern uns mit
ihnen. Dieser im 16. Jahrhundert Kaiser Lothar I. zugeschriebene Ausspruch^ hat auch
für die hier behandelten Rituale der Herrschererhebung seine Gültigkeit. Bisher unbe-
kannte und unbedeutende Ortschaften stiegen zu Traditionsstätten des Reichs auf,
neue Rechtsformen und Handlungsmuster entstanden und wurden in Kürze zu »altem
Herkommen«. Diesen Ritualen wohnte eine eigene Dynamik inne: Auch als Entste-
hungsumstände sich gewandelt und Ursprünge in Vergessenheit geraten waren, sollten
sie für Jahrhunderte fortbestehen - allein die Tradition rechtfertigte eine Kontinuität
der Durchführung. Gleichzeitig wurde durch fortwährende Veränderungen und An-
passungen eine Synchronisation vorgenommen, um die überlieferten Handlungsfor-
men mit den sich wandelnden Anforderungen der Gegenwart in Übereinstimmung
zu bringen. Gilt dies vor allem für Wahl und Krönung, so verschwanden andere Be-
standteile der Herrschererhebung wie das Königslager oder das Besteigen des Rhenser
Königsstuhls bald wieder im Dunkeln, bevor im 18. Jahrhundert die im Entstehen
begriffene Geschichtswissenschaft sie wieder ans Licht brachte. Erinnern und Verges-
sen, Neuschaffungen, situationsgebundene Aktualisierungen und Modifikationen be-
stimmten die Entwicklung der mittelalterlichen Herrschererhebung und ihrer Rituale.
So konnten und mussten diese stets weiter praktiziert werden, um erst ein Ende zu fin-
den, als das Alte Reich selbst zu existieren aufhörte.
Die erste und die letzte der im Rahmen dieser Arbeit behandelten mittelalterlichen
Krönungen in Aachen fand unter ähnlichen Umständen statt, denn sowohl 813 als auch
1486 wurde der Sohn des regierenden Kaisers in dessen persönlicher Anwesenheit zum
König erhoben? Trotz dieser Parallele könnten sowohl der Ablauf des Rituals als auch
die vorausgehenden Akte der Herrschererhebung kaum unterschiedlicher sein, lagen
doch über sechs Jahrhunderte wechselvoller Geschichte zwischen beiden Ereignissen.
Im Laufe der Zeit hatten sich immer mehr Elemente an Salbung und Krönung angela-
gert; der Herrschaftsantritt war einem kontinuierlichen Prozess der Komplexitätsstei-
gerung und Formalisierung unterworfen. Im Spätmittelalter sollten die einzelnen Glie-
der jener »Kette von rituellen Handlungen« (Heinrich Mitteis, Johannes Fried, Hagen
Keller), obgleich sie auch weiterhin aufeinander bezogen blieben/ schließlich immer ei-
genständigeren Charakter annehmen. Dies wird besonders an der Altarsetzung deut-

1 Delitiae poetarum Germanorum huius superiorisque aevi illustrium, Bd. 1, S. 685, hier als Oz?z-
zzzMhzwfMr ..in der obigen Form bereits 1577 bei Harrison, The description of England, S. 170.
2 Gleiches gilt, wenn man die Betrachtung über das Jahr 1500 ausweitet, denn auch die letzte Krö-
nung in Aachen 1531 geschah in dieser Konstellation.
3 Hierauf mag zurückgehen, dass im 14. und 15. Jahrhundert im Zusammenhang mit der Altar-
erhebung oder der Wahl in Rhens bereits vereinzelt auch von einer Krönung berichtet wird.
 
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