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Burkhardt, Julia; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Reichsversammlungen im Spätmittelalter: politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland — Mittelalter-Forschungen, Band 37: Ostfildern, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.34753#0024

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II. Methodische Grundlegungen

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und Ordnungsbehauptungen in den Fokus, die »akzeptiert und bestritten,
durchgesetzt und marginalisiert, symbolisiert und einverleibt werden in den
jeweiligen Arenen politischer Kommunikation.«^ Dagegen hat jüngst Martin
Pilch dafür plädiert, den Stand der rechtsgeschichtlichen Forschung in das
Konzept der »Ordnungskonfigurationen« einzubringen. Er versteht die »ge-
dachte Ordnung« als »sozial wirksam«, »rechtsrelevant« und damit als »In-
terpretationsrahmen für das zeitgenössische Rechts Verständnis«.^ Wie anhand
der Ausführungen Pilchs und der um seine Thesen geführten Debatte deutlich
wird, besteht eine wesentliche Problematik bei der Untersuchung mittelalter-
licher Herrschaftsgefüge also offenbar in der Frage, »wie wir aus der Welt un-
seres Denkens, unserer Worte und Begriffe einen Zugang zu ... [mittelalter-
lichen Institutionen, Ordnungen und Normativität, J.D.] gewinnen« können/'
In der folgenden Untersuchung soll ein solcher Zugang über die Beschrei-
bung und Verortuug von Reichsversammlungen in zeitgenössischen Perspek-
tiven geschaffen werden. Der vielfach bemühte Begriff der Ordnung soll dabei
als eine »Grundkategorie des Politischen« (Anter) begriffen werden, die als Pro-
dukt menschlicher Anstrengungen immer wieder der Bestätigung oder auch
Erneuerung bedarf.^ >Das Politische< oder vielmehr >Politik< wird verstanden
als ein Handlungsraum, innerhalb dessen verschiedene Akteure um die Her-
stellung und Durchsetzung von Entscheidungen, aber auch um deren Kom-
munikation und Darstellung ringen. Für die Untersuchung mittelalterlicher
Reichsversammlungen bedeutet das, dass neben den >Rahmenbedinguugen<
der politischen Willensbildung (z.B. Organisationsformen oder Verfahren)
auch Verhalten und Strategien der beteiligten Akteure, Ansprüche, Behaup-
tungen und Vorstellungen von Ordnung und damit auch Mechanismen zu de-
ren Stabilisierung in den Blick zu nehmen sind.

41 JussEN, Diskutieren über Könige, S. XV.
42 PiLCH, Rechtsgewohnheiten aus rechtshistorischer und rechtstheoretischer Perspektive, S. 32.
Dabei sprach sich Pilch für eine Verbindung des Ansatzes mit dem Begriff des »konkreten
Ordnungsdenkens« von Carl Schmitt aus. Während Ordnungskonfigurationen einen »um-
fassenden Distanzbegriff« darstellten, ziele die konkrete Ordnung präziser auf einen Rechts-
begriff. PiLCH, Rahmen der Rechtsgewohnheiten, S. 527f. Vgl. kritisch dazu die Rezension
von BERND KANNOwsKi sowie THiER, Rechtsgewohnheiten, S. 42f. Zur Dokumentation der
Debatte um die Begriffe Rechtsgewohnheiten und Ordnungskonfigurationen sowie die Kritik
am Ansatz Pilchs vgl. den von Gerhard Dilcher verantworteten Band der Zeitschrift »Rechts-
geschichte« (17, 2010).
43 DiLCHER, Rechtsgewohnheit, S. 70.
44 ANTER, Macht der Ordnung, S. 35.
 
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