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Burkhardt, Julia; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Reichsversammlungen im Spätmittelalter: politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland — Mittelalter-Forschungen, Band 37: Ostfildern, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.34753#0176

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II. Deutsche Reichsversammlungen als Ereignis

175

ihrer Einberufung und Vorbereitung, nach ihrer Dauer, nach den Tagungsor-
ten und schließlich nach dem Kreis der Ladungsempfänger und der Versamm-
lungsteilnehmer.

11.1. Einberufung
Einberufung, Leitung und Durchführung einer allgemeinen Versammlung
oblagen im spätmittelalterlichen Reich traditionell dem Herrscher. Mit dieser
Befugnis verfügte er über ein wirkmächtiges Instrument zur Demonstration
seiner Herrschaftsvorstellung und seiner Macht: Der König allein entschied da-
rüber, in welcher Situation er einen bestimmten Personenkreis zu einem festen
Termin zusammenrief und wann und auf welche Weise er selbst erschien.*^
Freilich war die Anwendung und Durchsetzbarkeit dieses herrscherlichen
Rechts von den jeweiligen politischen Kräfteverhältnissen und Notwendig-
keiten abhängig. Nicht alle der unter Friedrich III. geplanten oder durchge-
führten Reichsversammlungen sind denn auch allein auf eine kaiserliche Initia-
tive zurückzuführen. Vielmehr lassen sich hinsichtlich des Zustandekommens
der Reichstage im Wesentlichen vier Wege ausmachen.^ Recht deutlich kann
die Einberufung der meisten Reichstage zunächst auf eine Entscheidung des
Herrschers zurückgeführt werden und wurde entsprechend von Kaiser Fried-
rich III. selbst, von seinem Sohn Maximilian I. oder von einem Anwalt des Kai-
sers vorgenommen. Von den vom Herrscher einberufenen Reichstagen können
solche Reichsversammlungen unterschieden werden, deren Ausschreibung
der Kaiser oder seine Vertreter mit dezidierter Bezugnahme auf die Beschluss-
fassung vorheriger Zusammenkünfte Vornahmen.*^ Mitunter wurde auch von
mehreren Personen zum Reichstag geladen, etwa vom Kaiser bzw. dessen An-
wälten zusammen mit Maximilian I. oder einem päpstlichen Legaten sowie
auch parallel vonseiten des Kaisers und des Papstes.^ In einigen Fällen schließ-
lich kamen Reichs- und (kur-)fürstliche Versammlungen auf die Forderungen
oder gezielte Initiative von (Kur-)Fürsten zustande.
Eine zeitliche Verortung der vorgestellten Einteilung offenbart die phasen-
weise Dominanz gewisser Formen und Rhythmen der Einberufung. So fällt zu-

65 ANNAS, Hottag 1, S. 89.
66 Berücksichtigt wurden die Ausschreibungen zu den reichsweiten Versammlungen, die nach
der Wahl Friedrichs III. zum römisch-deutschen König abgehalten oder geplant wurden. In
einigen Fällen sind jedoch keine Einladungsschreiben überliefert, so etwa im Falle des Ulmer
Reichstags (14661).
67 Dieser Gruppe wurden auch die Reichstage von 1460 zugeordnet, die unter Verweis auf die
Beschlüsse des Kongresses von Mantua (1459) einberufen worden waren. Zur Anknüpfung
an frühere Entscheidungen vgl. die folgenden Ausführungen sowie die Überlegungen zur
Historizität der Versammlung in Kapitel D.IV.2.
68 Im Gegensatz zu vorherigen Reichstagen, zu denen meist der Kaiser, kaiserliche Stellvertreter
oder König Maximilian I. selbst geladen hatten, wurde der Reichstag von Metz (1492 I) dezi-
diert von Maximilian I. im Namen seines Vaters ausgeschrieben. Reinhard Seyboth charakte-
risierte ihn deshalb als »königlich-kaiserlichen Tag« mit zwei Urhebern. Vgl. dazu SEYBOTH,
Einleitung, in: RTA MR 4,1, S. 53.
 
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