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Burkhardt, Julia; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Reichsversammlungen im Spätmittelalter: politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland — Mittelalter-Forschungen, Band 37: Ostfildern, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.34753#0048

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II. Der Sejm als Ereignis

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Fällen belegt; offenbar war es üblich, dass sie mit ihrem Gefolge in einem nahe
gelegenen Ort auf die Rückkehr des Königs wartete.^
11.3. Tagungsorte
Während der Herrschaft von Kazimierz IV. wurde die Mehrzahl der Reichsver-
sammlungen in die großpolnische Stadt Piotrköw einberufen.'" Durch diese Ge-
pflogenheit bildete sich eine von bedeutenden Herrschaftssitzen wie etwa Kra-
kau unabhängige, ganz >eigene< Versammlungstradition heraus, die dem Sejm
bereits im 15. Jahrhundert einen festen Bezugsrahmen gab. Diese Entwicklung
spiegelte sich auch im Erwartungshorizont der Zeitgenossen wider. So berich-
tete Jan Dfugosz in seiner Chronik, dass im Frühjahr 1451 eine ursprünglich
in das ruthenische Brest einberufene Versammlung polnischer und litauischer
Adeliger nicht am geplanten Ort stattfand, da die polnischen Herren diesen
als zu weit entlegen und ungewohnt empfunden hätten. ' Auf ein wachsendes
Bewusstsein um die Bedeutung Piotrköws als zentraler Ort für den Sejm lassen
auch die Bemühungen verschiedener Würdenträger schließen, Häuser in Piotr-
köw zu erwerben. Auf diese Weise verfügten sie über einen dauerhaften Sitz
in der Stadt, welcher zwischen den Versammlungen, die zumeist zweimal pro
Jahr abgehalten wurden, von ihrem Gefolge gehütet wurdet
Seit dem frühen 16. Jahrhundert wurden die Sitzungen des Sejms in Piotr-
köw in prächtigen Holzgebäuden abgehalten, die rund um den 1512-1519 als
Residenz für König Zygmunt I. errichteten steinernen Schlossturm platziert
waren."' Wo die Sitzungen im 15. Jahrhunderts abgehalten wurden, ist allein
nicht genau zu rekonstruieren. Einem Vermerk aus dem Jahr 1470 zufolge re-
sidierten der König und sein Hof während des Sejms in hölzernen Bauten au-
ßerhalb der Stadtmauern.^ Den Beratungen in Piotrköw könnte gegen Ende
des 15. Jahrhunderts, so vermutet Jerzy Lileyko, eine Gruppe von Gebäuden
gedient haben, angesiedelt um den mittelalterlichen Wohnturm aus der Zeit

89 Eine Ausnahme war jedoch Zoha Holszanska, die Mutter von Kazimierz IV., die sich in den
frühen Jahren seiner Regierung an politischen Auseinandersetzungen beteiligte. 1453 etwa
schaltete sie sich gemeinsam mit Bischof Oiesnicki auf dem Sejm in die Verhandlungen um
die Bestätigung der Privilegien des Königreichs durch den König ein. Vgl. Annales seu croni-
cae XII, S. 163.
90 Vgl. dazu insbesondere auch die Ausführungen in Kapitel B.11.1.
91 Sed preiafi cf barones Poionie defreefarnnf iiiam [i.e. conuencionem, J.D.] snseipere, fnm ^nod infem-
pesfiue, fnm in loco remofo cf insoiifo posifa essef. Annales seu cronicae XII, S. 98.
92 So z.B. im November 1462, als Krakauer Senatoren ein Haus in Piotrköw erwarben, vgl. KDK,
Nr. 174, S. 246. Die Bestätigung durch den König erfolgte am 29. März 1466, vgl. KDK, Nr. 177,
S. 249. Darüber hinaus wurden für die Senatoren Holzbauten errichtet, so dass schrittweise
ein eigenes Viertel derartiger Unterkünfte entstand. Die Vertreter der Länder waren, so hat
Teresa Jakimowicz angenommen, in den Häusern der Stadtbewohner untergebracht. jAKiMO-
wicz, »Turris Pyothrkoviensis«, S. 22.
93 jAKiMOwicz, »Turris Pyothrkoviensis«, S. 22.
94 Acfa snnf i;aee in Piofrbow in Conuenfione General;', in Cnria prae/äfi Serenissimi Domini Pcyis, ae
in Caminafa magna iignea in/eriori, exfra mnros oppidi Piofrbooiensis sifa (Eid des Hochmeisters
Heinrich von Richtenberg, in: CDRPIV S. 178).
 
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