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Burkhardt, Julia; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Reichsversammlungen im Spätmittelalter: politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland — Mittelalter-Forschungen, Band 37: Ostfildern, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.34753#0195

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D. Deutsche Reichsversammlungen

fen.'^ Dadurch wurde die Tagesordnung der Zusammenkünfte, die - freilich
unterschiedlich explizit - mit der Benennung der kaiserlichen Anliegen in den
Einladungsschreiben vorgegeben war, wesentlich erweitert. Auf die Agenda
zahlreicher Reichstage rückten entsprechend auch ständische Vorschläge zur
Neuordnung des Ordnungsgefüges, darunter insbesondere die Forderungen
nach der Aufrichtung einer Friedensregelung mittels eines allgemeinen Fand-
friedens, der Einrichtung eines Kammergerichts oder der stärkeren Beteiligung
der Reichsglieder an reichsweiten Entscheidungen.^ Interessen und Ambiti-
onen der politischen Akteure im Reich sowie das jeweilige Kräfteverhältnis be-
einflussten also nicht erst die Beratungen, sondern bereits das > Agenda-Sethng<
der Verhandlungsgegenstände.

111.2. Ablauf und Verfahren
Bei ihrer Ankunft in Regensburg erwartete im Februar 1469 zahlreiche fürst-
liche und städtische Boten, die zur Teilnahme am Reichstag angereist waren,
zunächst eine untätige Zeit. Zwar waren die Anwälte des Kaisers und der
päpstliche Fegat, Bischof Rovarella von Ferrara, bereits angereist. Auf die An-
kunft der eingeladenen Fürsten warteten jedoch alle anwesenden Gesandten,
so berichteten die brandenburgischen Räte, mzt uerünc/?. Tatsächlich klang in ih-
rem Bericht ein gewisser Unmut über die Verzögerung an: Sie beschrieben, wie
sie sich nach einem ersten kurzen Treffen mit den Anwälten und dem Fegaten,
welche den Reichstag ausgeschrieben hatten, in der Stadt aufgehalten hatten,
wtwfenüe, men man an/a/nm mode zn/mnddn. Aher es ist &i^dere /(ein sampnnng gewe-
sen. Über die Verspätung der Fürsten hätte sich sogar der Fegat fast nnwütig ge-
zeigt.^ Wie das Wissen der Brandenburger Gesandtschaft um die Stimmungs-
lage anderer Delegationen zeigt, tauschten sich die Anwesenden über den
Reichstag und die zu besprechenden Fragen natürlich bereits aus. Dabei han-
delte es sich jedoch noch nicht um die von den kaiserlichen Stellvertretern an-
beraumten Reichstagsberatungen. Folgt man dem Bericht der Brandenburger,
mussten diese vielmehr im Rahmen einer gemeinsamen sampnMHg »angefan-
gen« werden. Das »Anfängen« oblag dem jeweiligen Vorsitzenden des Reichs-
tags, dem Kaiser also, seinen Stellvertretern oder - wie 1469 in Regensburg -

152 1454 junktimierte der Rechtsgelehrte Johannes Lysura erstmals kurfürstliche Reformforde-
rungen und Zusagen zu einer >Türkenhilfe<. Er plädierte dafür, der Reform als Grundlage ei-
nes >Türkenzugs< Priorität einzuräumen. Historie vom Regensburger Reichstag, in: RTA 19,1,
F Nr. 29-1/2, hier S. 240. In den folgenden Jahren avancierte die Erneuerung eines Reichs-
landfriedens zur Prämisse gegenüber den Forderungen des Kaisers nach einem >Türkenzug<
aus dem Reich. Vgl. dazu MosT, Reichslandfriede, S. 196f.
153 Die Frage einer Friedensregelung für das Reich kam beinahe kontinuierlich im Rahmen von
Reichsversammlungen zu Sprache. Das erste Gesetz zur Friedenswahrung wurde mit der
Frankfurter Reformation von 1442 durchgesetzt; 1467 wurde zudem ein Reichslandfrieden
veröffentlicht, der die Fehde im Reich für fünf Jahre verbot und Kläger an ordentliche Gerichte
verwies. Vgl. dazu erneut MosT, Reichslandfriede.
154 Bericht der ansbachisch-brandenburgischen Räte, in: BACHMANN, Urkundliche Nachträge,
Nr. 70, S. 79.
 
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