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Burkhardt, Julia; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Reichsversammlungen im Spätmittelalter: politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland — Mittelalter-Forschungen, Band 37: Ostfildern, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.34753#0180

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II. Deutsche Reichsversammlungen als Ereignis

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wirken freilich eine Konkurrenz und Einschränkung seiner herrscherlichen
Befugnisse dar. In mehreren Fähen erhob er deshalb die Einladung zu einer
allgemeinen Versammlung zum Politikum. Als die Kurfürsten 1456 eine Ver-
sammlung zur Diskussion über einen >Türkenzug<, die Wiederherstellung des
Friedens im Reich sowie weitere Angelegenheiten des Reichs und der Kirche
ausgeschrieben hatten, untersagte Friedrich III. die Einberufung einer solchen
Zusammenkunft und verbot den Städten, daran teilzunehmen.^ Ein Jahr später
richtete er erneut ein schriftliches Verbot an zahlreiche Städte, um den Besuch
einer weiteren von Kurfürsten und Fürsten anberaumten Versammlung zu ver-
hindernd Der Anspruch auf die Einberufung einer reichsweiten Versammlung
spiegelte - dies zeigen die Auseinandersetzungen um die Einforderung und
Initiierung von Reichsversammlungen - die politischen Kräfteverhältnisse im
Reich und fungierte damit gewissermaßen auch als >Gradmesser< für die poli-
tische Integration.

11.2. Ladung und Teilnahme
ff.2.1. Herrsc/ier/klie Präsenz
Uber die Frage, welche Geltung und Handlungsimplikationen einem vom
Herrscher oder seinen dazu befugten Vertretern ausgefertigten Gebot zum
Reichstagsbesuch zukam, schien unter den Empfängern solcher Schreiben im
15. Jahrhundert ein weitgehender Konsens zu bestehen: Es verpflichtete die
Empfänger grundsätzlich dazu, an der Versammlung teilzunehmen. Erwartet
wurden ein persönliches und pünktliches Erscheinen und die Mitwirkung an
Prozessen der Willensbildung und Beschlussfassung.^ Durch die persönliche
Einbindung sollte neben einer raschen Einigung über die behandelten Sach-
fragen auch die Verpflichtung auf deren Gültigkeit und die Umsetzung dieser
Entscheidungen nach dem Reichstag gewährleistet werden. Aus diesem Grund
wies Friedrich III. besonders in Situationen, in denen dringliche Sachverhalte

IsENMANN, Integrations- und Konsolidierungsprobleme, S. 125. Dass dieses Selbstverständ-
nis auch von anderen Akteuren reflektiert wurde, zeigt etwa das Schreiben des Stadtrats von
Speyer, mit dem er auf die Einladung zur Teilnahme am kurfürstlichen Tag von 1456 antwor-
tete: Die seDeM MworoM/MrsdUwM gnaden ZM Ivseiu'rwMnge cnsfenücäens gDnivns aneä sedigen,
regiren dnfscäen inndes god der nimecMge iw giMcEsawwe wesen gesMniiied wolle ge/iisfen nnd ZM
geNden. Speierische Chronik, Nr. 108, S. 416.
84 Vgl. das Schreiben an die Kurfürsten, in: MÜLLER, Reichstags-Theatrum, S. 552 sowie das
Schreiben an verschiedene Städte, in: Regesten Friedrichs III., Heft 4, Nr. 259.
85 Vgl. das Schreiben an Frankfurt, in: Frankfurts Reichscorrespondenz 2,1, Nr. 212, S, 135f. so-
wie die Schreiben an die Eidgenossen, Köln oder Aachen: Regesten Friedrichs III., Heft 6,
Nr. 59 sowie Heft 7, Nr. 148 und Nr. 149. Zu dem vergleichbaren Gebot von 1461 s. die obigen
Ausführungen.
86 Dieses Verständnis gründete ursprünglich auf der lehnsrechtlichen Bindung der Stände an
den König. Vgl. dazu FRENSDORFF, Reich und Reichstag, S.20. Zur Entwicklung der Fehnsver-
pflichtung der Hoffahrt, der Folgepflicht zu Hoftagen und möglichen Sanktionen vgl. SCHU-
BERT, König und Reich, S. 335-337 sowie grundlegend die konzisen Darlegungen von ANNAS,
Hoftag 1, S. 159-181.
 
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