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Burkhardt, Julia; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Reichsversammlungen im Spätmittelalter: politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland — Mittelalter-Forschungen, Band 37: Ostfildern, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.34753#0126

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III. Vereinbarung: Ablauf und Verhandlungen

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ungarischen Herren zu einem Reichstag nach Buda einberufen, um sich ihrer
Treue und Unterstützung zu versichern. Von Stein berichtete nun, dass Jänos
Vitez, der Erzbischof von Esztergom und Anführer der Rebellion, nach Erhalt
einer Einladung seine Teilnahme zunächst zugesagt habe. Auf dem Reichs-
tag erschien jedoch nicht der Erzbischof, sondern der Probst von Esztergom,
der Vitez aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen und vertreten sollte.
Dieses Verhalten wurde vom König offenbar als Verweigerung und vor allem
als Absage einer Treuebekundung verstanden: Er ließ den Probst verhaften
und Esztergom belagern. Stein berichtete weiter, dass Vitez daraufhin seine
Weigerung aufgegeben habe und persönlich nach Buda gereist sei, jedoch an
gdc/f und /invcori. Nur dank der Fürsprache des päpstlichen Legaten und der
Adeligen wurde Vitez nicht a/s zm ZMga/iörf gestraft; stattdessen wurde ihm die
Gewalt über das Erzbistum entzogen/^ Mit der Einladung zum Reichstag war
aus der Sicht von König Mätyäs allen Adeligen die Möglichkeit gegeben, dem
König ihre Unterstützung zuzusichern, sich von der Rebellion zu distanzieren
und dadurch zur Einheit im Reich beizutragen.'^' Die Versammlung, Ort ge-
meinsamer Beratungen und Entscheidungen, diente nun als Forum für die
Bekundung der Zusammengehörigkeit des Königs und der Stände sowie für
den Erweis ihrer Treue dem Herrscher gegenüber. Durch sein bewusstes Fern-
bleiben vom Reichstag verzichtete der Erzbischof von Esztergom nicht nur auf
diese integrative Funktion, sondern schloss sich aus der Gemeinschaft politisch
Berechtigter und Zusammengehöriger selbst aus. Uber das Fernbleiben von ei-
ner Versammlung konnte also auch direkte Opposition oder gar Widerstand
aus gedrückt werden. Im Gegensatz dazu war mit der persönlichen Anwesen-
heit und Teilnahme an den Verhandlungen zugleich die Integration in den
Kreis der politisch Berechtigten verbunden.

111.2. Ablauf und Verfahren
Im Mai 1462 verfasste der venezianische Gesandte Pietro Tommasi zwei kurze
Berichte über die politische Situation in Ungarn. In seinen Darlegungen wid-
mete er sich abgesehen von den Ausgleichsverhandlungen zwischen König
Mätyäs und dem böhmischen Söldnerführer Jan Jiskra vor allem dem Reichs-
tag, der Ende Mai in Buda abgehalten worden war. Bei Tommasis Beschreibung
handelt es sich nicht nur um einen der frühesten Gesandten-, sondern auch
um einen der ersten Verlaufsberichte über die Reichstage unter Mätyäs Hu-

139 Anhang am Schreiben Steins an Herzog Wilhelm von Sachsen vom 1. Mai, in: PmEBATsen,
Politische Correspondenz 1, Nr. 337, hier S. 362.
140 Noch vom Reichstag aus versicherte der König der Stadt Breslau, dass entgegen polnischer
Gerüchte unter den ungarischen Adeligen Eintracht herrsche und ihm deren Treue bekundet
worden war: Ancd wir fnn encd zn wissen, das wir ifcznnd eine desnwnnnge des gnnczen /(nnigreieds
zn Hnngeren in'c dn/den nnd, wiewoZ man encd ans PoZnn fiel nn seiezener newezeiinnge znsedreidf
uon der nneinig/wif wegen nnsere[r] pre/nfen nnd derren /(egen nns, dned wisset, das wir mit gofs dnZJ
niedf nndirs denne gnncze nnd wäre gedorsnme nnd frew uon in nZZen dnden nnd der gewn/f dnden.
Nr. 93, in: PCB Matthias I, S. 66f.
 
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