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Burkhardt, Julia; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Reichsversammlungen im Spätmittelalter: politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland — Mittelalter-Forschungen, Band 37: Ostfildern, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.34753#0031

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B. Polnische Reichsversammlungen

übergab der König seine Vorlagen zur Sicherstellung ihrer Implementierung
immer häufiger zur Billigung an allgemeine und regionale Versammlungen/
Die Art und Weise der königlichen Machtausübung unterschied sich bei
den Königen aus dem Haus der Jagiellonen im 15. Jahrhundert deutlich vonei-
nander. So bereiste Wladyslaw II. Jagiello (1386-1434) sein Reich systematisch
und regelmäßig wie kein anderer Herrscher nach ihm und bemühte sich dabei
besonders um die persönliche Ausübung seiner Richterfunktion.^ Seine Söhne,
Wladyslaw III. Warnenczyk (1434/38-1444) und Kazimierz IV., begannen dage-
gen von dieser Tradition Abstand zu nehmen und hielten sich zumeist länger
an zentralen Orten des Reichs auf. Während Wladyslaw III. in seiner kurzen
Regierungszeit relativ wenig reiste, verbrachte sein Bruder Kazimierz IV., der
wie sein Vater als litauischer Großfürst zum König gewählt worden war, bei-
nahe ein Drittel seiner Regentschaft in Litauen.^

1.2. Herrschaft in der königlosen Zeit (1440-1447)
Als Wladyslaw III. Warnenczyk, der seit 1434 als König über Polen und seit
1440 über Ungarn herrschte, im Frühjahr des Jahres 1440 aufbrach, um an der
Spitze eines polnisch-ungarischen Heeres in Südosteuropa gegen die Osmanen
zu ziehen, markierte dies den Beginn einer siebenjährigen königlosen Zeit in
Poten/ ' Dabei bezieht sich die Bezeichnung jener Phase als >königlos< auf die
Frage der Präsenz des Königs im Reich. Zwischen der Abreise Wladyslaws III.,
der 1444 in der Schlacht bei Varna zu Tode kam und bis dahin auch nicht mehr
nach Polen zurückgekehrt war,^ und der Wahl bzw. Krönung seines Nach-
folgers im Jahr 1447 hatte sich nämlich kein polnischer Herrscher in seinem

23 Vgl. dazu BARDACH, O stawaniu si§, S. 36. In der Forschung werden die möglichen Aus-
wirkungen dieses Verfahrens auf die Verfestigung parlamentarischer Strukturen kontrovers
diskutiert. So konstatierte Bardach, dass der Adel auf diese Weise die Möglichkeit hatte, die
Verfügungsmacht des Königs entschieden einzuschränken. Vgl. BARDACH, La formation,
S. 280. Tadeusz Szulc hingegen entkräftete diese These durch den Nachweis, dass im 15. Jahr-
hundert nur in vier Fällen eine derartige Einschränkung möglich gewesen, jedoch nie erfolgt
sei. SzuLC, O dysponowaniu, S. 49.
24 Aufgrund des reichen Quellenmaterials jener Zeit konnte ein detailliertes Itinerar Jagiellos
erarbeitet werden. Dabei wies Aleksander Gqsiorowski auf das zugrundeliegende >Reise-
system< des Königs hin, das auch den Zeitgenossen bereits bekannt war: So wurden Groß-
polen zumeist im Frühling, Ruthenien im frühen Herbst, Litauen im Winter und Kleinpolen
im Sommer bereist. G^siOROwsKi, Podröze panujqcego, S. 53. Vgl. außerdem das von Irena
Sulkowska-Kurasiowa erarbeitete Itinerar: CyaKOBCKa-KypaceBa, LlTiiHepapiiii KaciiMiipa
RreaaoHa.
25 G^siOROwsKi, Podröze panujqcego, S. 55. Das Residenzprinzip begann sich jedoch erst unter
den Söhnen Kazimierz' IV., Jan Olbracht und Aleksander, durchzusetzen. Einen Überblick
über die Herrschaftszentren vom 14. bis zum 17. Jahrhundert gibt MAREK WREDE, Mi^dzy
Krakowem a Wilnem.
26 Vgl. WÜNSCH, Konziliarismus und Polen, S. 92.
27 Seit 1440 hatte sich Wladyslaw III. in Ungarn um die Etablierung seiner Herrschaft gegen
die Ansprüche der Königswitwe Elisabeth für ihren Sohn Ladislaus Postumus bemüht. 1443
schloss er sich dem Kreuzzugsaufruf Papst Eugens IV. an und kämpfte an der Südgrenze
des Landes gegen osmanische Truppen, bis er 1444 in der Schlacht bei Varna fiel. Allgemein
 
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