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Burkhardt, Julia; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Reichsversammlungen im Spätmittelalter: politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland — Mittelalter-Forschungen, Band 37: Ostfildern, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.34753#0106

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II. Ungarische Reichsversammlungen als Ereignis

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II. Ungarische Reichsversammlungen als Ereignis
Im März 1447 versammelten sich Vertreter des ungarischen Adels zu einer ge-
meinsamen Zusammenkunft in Pest. Entsprechend ihrer Ankündigung, die sie
bei der Wahl Jänos Hunyadis zum Verweser des königlosen ungarischen Reichs
im Sommer 1446 getätigt hatten, fanden sich Prälaten, Barone und weitere Ade-
lige nun zusammen, um die Befugnisse und Rechte des yzzZuuzzzZor festzulegen
und die Funktionstüchtigkeit des politischen Ordnungsgefüges zu gewährlei-
sten. In den insgesamt 41 vereinbarten Gesetzesartikeln wurden darüber hi-
naus auch grundlegende, zukunftsweisende Aussagen über die Formen und
Bereiche adeliger Einflussnahme auf die Regierung getroffen. So wurde einem
Anspruch auf Mitregierung und Gestaltung der Reichsgeschicke bereits in der
Einleitung des Dekrets mit dem Verweis auf das eigenständige »Siegel der
Adelsgemeinschaft« (nosüc umtvrszMzs szyzlüzzzz) sowie auf die »einige Stimme
und den einigen Willen« (zuzzzzzz uoüzzzz A uoüzzzhzs) Ausdruck verliehen. Zudem
enthielten zahlreiche Gesetzesartikel konkrete Rechte und Pflichten der unga-
rischen Adelsvertreter. In Artikel 28 etwa wurde festgelegt, dass sich »alle Prä-
laten, Barone, Magnaten und Adelige des Königreichs« jährlich an Pfingsten
mit dem Reichsverweser zusammenfinden sollten, um »nutzbringende Ver-
handlungen über die Angelegenheiten des Königreichs zu führen.«
Wesentliche Funktionselemente einer allgemeinen Versammlung - wie
etwa das jährliche Zusammen treten der Versammlung und die Teilnahme des
Adels daran - waren bereits im 13. und 14. Jahrhundert mehrfach in könig-
lichen Dekreten formuliert und bestätigt worden.^ Mit Erlass des Dekrets von
1447 durch die adelige conznzMiizhzs wurden jedoch erste gesetzliche Vorgaben
über den Rahmen des Reichstags von seiner Teilnehmerschaft selbst gebilligt
und kodifiziert, darunter die Bestimmung eines festen Termins, einer Tagungs-
periodizität sowie der Zusammensetzung der Versammlung. Durch den Ver-
weis auf das Prinzip der gemeinsamen Beratung reichsweit relevanter Fragen
avancierte die Versammlung überdies zu einem elementaren Bestandteil der

54 Item siMgMÜs mmis ad /estMM P6MtZ?ecostes omwes preZatZ, Zwrones, magMates et Motdtes regm ...
Zu eodem Zoeo et dZe gM?vr?Mtor Zpse oJfZeZMm SMe gM?vr?MttoMts eeterZ^Me twrcwes et eoMsZZZarZZ Z;onores
et oJfZeZa ZpsorMm depo?MMt traeteMt^Me ttitdem MtZZZter de /äctts regMt. GA XXVIII des Dekrets vom
25. März 1447, in: DRMH II, hier S. 119. Neben der Beratung reichsweiter Angelegenheiten
diente die Versammlung gewissermaßen auch der Kontrolle der Reichsverwaltung. So waren
die Ämter des Reichsverwesers und der Adeligen zeitlich begrenzt und entsprechend wieder
abzulegen. Der Kreis der möglichen Teilnehmer einer solchen Versammlung wurde durch die
Regelung, dass solche Adelige, die keine oder weniger als 20 Leibeigene hatten, nicht teilneh-
men konnten, eingeschränkt. Unter Reichsverweser Jänos Hunyadi schien dieses Prinzip zur
Anwendung gekommen zu sein. Vgl. DRMH II, S. 233, Artm. 22.
55 Solche Regelungen wurden erstmals 1222 in der Goldenen Bulle Andreas' II. festgehalten,
so etwa das Prinzip des jährlichen Zusammentretens des Hoftags (GA I der Goldenen Bulle,
in: CJH 1, S. 130-145, hier S. 130). In den folgenden Jahrhunderten wurde die Goldene Bulle
verschiedentlich bestätigt (z.B. 1351 durch Ludwig von Anjou) oder diente als Grundlage für
die Lormulierung neuer Gesetze, so auch im Jahr 1267, als die Entsendung von adeligen Ko-
mitatsvertretern zur jährlichen Zusammenkunft des Königs vorgeschrieben wurde (GA VIII
des Dekrets von 1267, in: DRMH I, S. 42f.). Dazu grundlegend: SzENTE, Historie Origins, S. 4f.
 
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