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Burkhardt, Julia; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Reichsversammlungen im Spätmittelalter: politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland — Mittelalter-Forschungen, Band 37: Ostfildern, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.34753#0052

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III. Vereinbarung: Ablauf und Verhandlungen

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III. Vereinbarung: Ablauf und Verhandlungen
111.1. Beratungsthemen und Handlungsspielräume
Im Juni des Jahres 1451 wurde ein königliches Statut zum Münzwesen (»De
pecunia bracata«) verkündet, dessen Regelungen und Vorschriften kurz zuvor
auf einer Zusammenkunft des Sejms vereinbart worden waren.'"'* Dieser Sejm
war, so wurde es in der Eingangsformel des Statuts betont, zur Behandlung
allgemeiner Angelegenheiten des Reichs einberufen worden; seine Beschlüsse
sollten deshalb auch im gesamten Reich per lolum Regmim) gel-
ten.""^ Mit der Erledigung allgemeiner oder öffentlicher Angelegenheiten<
wurden die Zuständigkeiten der Reichsversammlung, welche nicht verbind-
lich festgelegt waren, benannt und zugleich den Beteiligten ein Handlungs-
rahmen aufgespannt.*"" So appellierte der Verweis auf die Allgemeingültigkeit
und die reichsweite Relevanz der zu behandelnden Themen an das Wissen der
Akteure um ihre Zugehörigkeit zum Königreich sowie ihren Anteil daran, und
auf die damit verbundene Pflicht, sich für den Erhalt des Itonum commune ein-
zubringen.'"^ Der Reichsversammlung kam dabei die Funktion eines Forums
zur Herstellung und Wahrung der Stabilität des Reichs zu; diese Stabilität war
im doppelten Sinne zu verstehen, im Innern des Reichs ebenso wie in seiner
Absicherung nach außen hin.*"** Entsprechend standen wiederholt Fragen rund
um den Frieden, den Schutz und die öffentliche Ordnung des Königreichs im
Mittelpunkt der Verhandlungen.*""

104 De pecunia bracata, in: Jus Polonicum, S. 261-263. Vgl. auch die Beschreibung des Sejms und
den Vermerk der Beschlüsse bei Jan Dlugosz: Annales seu cronicae, S. 99-102.
105 De pecunia bracata, in: Jus Polonicum, S. 261: sigMi/fcamMS ..., ... (jMomodo agOMfiiws Noids die ir;
Piotrdow pro repMidica Pcgrd Mostri CoMueMtioMom Generalem ... snper di^eranba, (?Mae mter Prae-
iatos, et Barones terrarnm totiMS Pegm, MMam'miter ordinatMm esf et conciMSMM.
106 Darin sah der Historiker Antoni Prochaska das Kennzeichen der polnischen Reichsversamm-
lungen: PROCHASKA, Geneza i rozwöj, S. 34. Dies verdeutlichen zahlreiche Beispiele, z.B. die
Versammlungen von 1477, als der König nach Piotrköw kam, um allgemeine Angelegenheiten
auf dem Sejm zu klären (Annales seu cronicae XII-2, S. 391: CasimirMS Poiom'e rex ... in Ppotr-
cooiam ... adoemt, generalem dietam din indietam eeiebratnrns et reiws pnidieis prouisMrns) oder von
1478, als er nicht wusste, wie er ohne die Sejmteilnehmer, die noch nicht eingetroffen waren,
öffentliche Fragen behandeln sollte (Ebd., S. 406f.: Caslmirns Polonle rex ... ad conoenclonem
generalem Pi/otreoulensem ... transiit et in die eonstitnta üinc oenit pinriims^Me dieiws, coMsiiiariis
pigre oenientiims, uaenns et anxins, reims pnidieis eonsniere neseins stellt).
107 Dazu GAWLAS, Kröl i stany, S. 179f.
108 Auch der polnische Adelige Jan Ostrorög hatte in seinem Reformtraktat »Monumentum ...
pro reipublicae ordinatione«, das wohl in den 1460er Jahren entstand, auf diese Bedeutung
des Sejms verwiesen: ipse andioi eomitia generaiia proxime/ntnra, in ^niims antee omnia de/eetns
regni, consnetMdines^Me patriae praoae cop/MtaMdae /öreMt et reproFandae, sainFres uero ae ntiies, pMi-
iws reipnidieae poiitia et angeri possit et stain'iiri, eonstitnendae. Prooemium, in: Monumentum, S.
115. Mit der Entstehung und schwierigen Datierung des Traktats beschäftigte sich MALECKi,
Memoryal. Zur zeitgenössischen Wahrnehmung des Sejms vgl. auch die Erläuterungen in Ka-
pitel B.IV.2.
109 Zu diesen Kernthemen gehörten die Auseinandersetzung um die Ausgabe des Privilegs für
das polnische Königreich (diskutiert in den Jahren 1449,1452,1453), der Präeminenzstreit zwi-
schen dem Erzbischof von Gnesen und dem Bischof von Krakau (1449,1451), Debatten über
 
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