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Burkhardt, Julia; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Reichsversammlungen im Spätmittelalter: politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland — Mittelalter-Forschungen, Band 37: Ostfildern, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.34753#0181

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180

D. Deutsche Reichsversammlungen

zu entscheiden waren, nachdrücklich auf die Bedeutung der persönlichen An-
wesenheit und Beteiligung hin. Im Vorfeld des Reichstags von 1486 etwa ap-
pellierte der Kaiser an Kurfürst Albrecht von Brandenburg, dieser möge dosd&s
zu persoMÜc/i uns sein und nd anssenMedten noc/i uerzieden, domd die
saciien, so deinen oerzng erleiden mag, nns, dem id. Reicii nnd gemei/ner denfsciier
nacion zn ere, rednng nnd gnien ge/nrderf nnd nnnnfzer Rosien erspart merde.^
Zusätzlich zu solchen grundsätzlichen Aufforderungen zur Beförderung
der Beschlussfassung forderte Friedrich III. auch dezidiert Einzelpersonen zur
Beteiligung auf, deren Anwesenheit seiner Ansicht nach für die Klärung be-
stimmter Sachverhalte erforderlich war.^ Derartige Ermahnungen und Appelle
künden freilich auch davon, dass das Gebot der persönlichen Teilnahme durch-
aus nicht immer befolgt wurde. Tatsächlich blieben Kurfürsten, Fürsten oder
Grafen den Versammlungen häufig fern oder reisten erst lange nach Verhand-
lungsbeginn an. Dass die Beachtung der herrscherlichen Einladung offenbar
aber als Pflicht angesehen wurde, indizieren die Entschuldigungsschreiben,
mit denen das Fernbleiben vom Reichstag dem Herrscher oder seinen Anwäl-
ten angezeigt oder begründet wurdet
Als Voraussetzung für die Aufnahme und den erfolgreichen Fortgang von
Verhandlungen wurde das pünktliche und persönliche Erscheinen der Teilneh-
mer angesehen. Dies galt in besonderem Maße für die Person des Herrschers.
Friedrich III., der sich zwischen 1444 und 1471 kontinuierlich außerhalb des Bin-
nenreichs aufhielt, war in seiner gesamten Regierungszeit nur an acht Reichs-
tagen anwesend. Verschiedene Male war seine Anreise zum Verhandlungsbe-
ginn angekündigt und dann verschoben oder sogar abgesagt worden.^ Freilich
ließ sich Friedrich III. bei den Reichstagen, die mit seiner Billigung abgehalten
wurden und an denen er selbst nicht teilnehmen konnte, durch dazu befugte

87 Schreiben vom 27. Dezember 1485, in: RTA MR 1, Nr. 53, S. 107f. Vergleichbare Aufforderun-
gen ergingen in den Jahren 1487 oder 1492, s. RTA MR 2, Nr. 9, S. llOff. sowie RTA MR 4,2,
Nr. 716, S. 897.
88 Als Beispiel kann etwa das Schreiben an den Mainzer Erzbischof herangezogen werden, das
am 13. August 1444 auf dem Nürnberger Reichstag ausgefertigt wurde. Vgl. RTA 17, A Nr. 146,
S. 293f.
89 So bestätigte der Kaiser den Herzogen von Sachsen im Januar 1474 den Erhalt ihres Ent-
schuldigungsschreibens. Eine Kopie seiner Antwort wurde an Albrecht von Brandenburg ge-
schickt, mit dem Hinweis, dass jeder sich in Augsburg einzufinden oder zumindest durch Ge-
sandte vertreten zu lassen habe. BACHMANN, Urkundliche Nachträge, Nr. 236 und 237. Freilich
konnte das Fernbleiben oder verspätete Erscheinen auf der Versammlung unterschiedliche
Gründe, etwa persönlicher, logistischer oder politischer Natur, haben. Vgl. dazu auch ANNAS,
Hoftag 1, S. 171f. Zur Bedeutung von Präsenz, Absenz oder vorzeitiger Abreise vom Reichstag
bei der Demonstration von politischer Zustimmung oder Ablehnung vgl. die Darlegungen in
Kapitel D.111.3.1.
90 Eine solche Disposition konnte sich freilich auch auf das für den jeweiligen Tag geplante The-
menspektrum auswirken. Auf dem für Januar 1489 nach Speyer einberufenen Tag etwa hat-
te zunächst über die finanzielle Absicherung eines Kriegszugs in die Niederlande diskutiert
werden sollen. Als die Versammlung im Mai 1489 auf Juni verschoben wurde, forderte der
Kaiser nun auch eine Hilfe gegen Ungarn ein. Vgl. das kaiserliche Ladungsmandat an den
Frankfurter Rat, in: Frankfurts Reichscorrespondenz 2,2, Nr. 660, S. 516f.
 
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