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Burkhardt, Julia; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Reichsversammlungen im Spätmittelalter: politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland — Mittelalter-Forschungen, Band 37: Ostfildern, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.34753#0102

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I. Herrschaft und Ordnungsgefüge

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der Totenmesse ehrtet Nachdem der Thronanwärter Ladislaus Postumus aus
der Vormundschaft Friedrichs III. entlassen worden war, trat Hunyadi 1452
von seinen Ämtern zurück. Wenige Monate später übertrug ihm der neue Kö-
nig, Ladislaus V. Postumus (1453-1457) jedoch die Ämter des Generalkapitäns
und Verwalters der königlichen Einkünfte.^"
König Ladislaus demonstrierte durch verschiedene Grundsatzentschei-
dungen, dass seine Wahl als Zäsur zur bisherigen Adelsherrschaft zu verstehen
war: Er erklärte alle von König Wladyslaw und Königin Elisabeth vorgenom-
menen Schenkungen für ungültig und bemühte sich um die Wiederherstellung
königlicher Macht. Zweifelsohne war die osmanische Expansion nach Südost-
europa mit dem gleichsam symbolischen Höhepunkt der Eroberung Konstan-
tinopels 1453 die größte Herausforderung seiner kurzen Herrschaft/' Nach
dem Tod Jänos Hunyadis kurz nach der für Ungarn verlustreichen Schlacht bei
Belgrad bestätigte König Ladislaus zunächst dessen Sohn Ladislaus Hunyadi
in den Ämtern des Vaters. Als im November 1456 jedoch Graf Ulrich von Cilli,
der Onkel des Königs, von Anhängern Hunyadis in Belgrad ermordet wurde,
ließ der König beide Hunyadi-Söhne, Ladislaus und Mätyäs, verhaften und
Ladislaus wenig später hinrichten. In Ungarn rief dieses harte Vorgehen des
»fremden« - bei Friedrich III. im deutschen Reich auf gewachsenen - Königs
gegenüber den Söhnen des legendären >Türkenbesiegers< Hunyadi große Em-
pörung hervor.^ Wohl aufgrund der massiven Kritik an der Verhaftung der
Hunyadi-Söhne verließ Ladislaus Postumus das Land und verstarb im Novem-
ber 1457.
Kennzeichnend für den Zeitraum zwischen 1440 und 1457, die Phase einer
langen Herrscherabsenz vom Reich, der Reichsverweserschaft und der kurzen
Herrschaft des letzten dynastisch legitimierten Thronanwärters war sicherlich
das Gemeinhandeln von Adeligen auf Reichsversammlungen. Im Namen des
Reichs hatten diese eine grundsätzliche Verantwortung für das regnnm bean-
sprucht und deshalb konkret für die Regierungsgeschicke Sorge getragen. Als
Kernbereiche ihres politischen Handelns sind vor allem akut relevante The-
men wie die Verteidigungs- und Finanzpolitik des Landes zu benennen. Vor
diesem Hintergrund wurde auch die gesetzliche Festschreibung der adeligen
Einflussnahme auf die Reichspolitik schrittweise testgeschrieben/ Trotz dieser
deutlichen Ansätze politischen Gemeinhandelns, insbesondere in außenpoli-

39 Zum Wirken Jänos Hunyadis vgl. HoENSCH, Matthias Corvinus, Kapitel 2 sowie ENGEL, Jänos
Hunyadi.
40 Darüber hinaus durfte Hunyadi weiterhin als Wojewode von Siebenbürgen fungieren und
erhielt den Titel eines Erbgrafen samt einem eigenen Wappen. Vgl. die Verleihungsurkunde
von 1453, in: TELEKi, Hunyadiak 10, Nr. 177, S. 365-368.
41 Zur ungarischen Verteidigungspolitik im 15. Jahrhundert vgl. RÄzsd, Türkenpolitik sowie
ßAK, Politics, Society and Defense.
42 ßAK, Königtum und Stände, S. 111, Anm. 97.
43 Für diese Entwicklung können zahlreiche Beispiele angeführt werden. Sie schlug sich bereits
in den Bestimmungen des Amts des Reichsverwesers nieder, vgl. die obigen Ausführungen.
Ein Jahr später, 1447, wurde auf dem Reichstag das bereits praktizierte Recht des Adels auf die
Bestimmung des Königs durch eine allgemeine Wahl schriftlich fixiert. Vgl. das Dekret vom
25. März 1447, in: DRMH II, S. 116-122. Im Dekret von 1453 wurde schließlich die Erhebung
 
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