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Burkhardt, Julia; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Reichsversammlungen im Spätmittelalter: politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland — Mittelalter-Forschungen, Band 37: Ostfildern, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.34753#0158

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IV. Im Gedächtnis der Zeit: Historizität und Wahrnehmung

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konnten aktuelle Beschwerden fundiert werden. So hatte sich im Juli 1467 die
umuws/hzs noMnuv regm Sdavon/E beschwert, dass die im selben Jahr beschlos-
sene Steuerreform ihre Privilegien verletze. In seinem Antwortschreiben bestä-
tigte König Mätyäs dies zwar, erläuterte aber dann, dass sich die Rechtslage
nun geändert habe und auch die Adeligen dieser Region unter die Gruppe der
Steuerpflichtigen falle.^
Uber generelle Verweise auf alte Rechtsbestände hinaus avancierte in der
Regierungszeit von König Mätyäs dessen Krönungsdekret zu einem bestän-
digen Referenzpunkt für die politische Gemeinschaft. Auf dem Reichstag, der
im Anschluss an Mätyäs' Krönung mit der Stephanskrone 1464 in Buda abge-
halten worden war, hatten sich die Teilnehmer um die Absicherung ihrer Rech-
te bzw. die Einschränkung der herrscherlichen Gestaltungsmöglichkeiten be-
müht. Entsprechend hatte Mätyäs im dort erlassenen Dekret die Goldene Bulle
Andreas' II. sowie die Dekrete von Ludwig I. (1351) und Sigismund (1435) be-
stätigt und sich zum Schutz der Krone, des Königreichs und seiner alten Rechte
und Freiheiten verpflichtet.^ Damit lag gleichsam ein rechtlicher Grundbestand
vor, an den vor allem von den Reichstagsteilnehmern in Verhandlungen mit
dem König immer wieder erinnert wurde. So fand sich unter den Artikeln, wel-
che die Teilnehmer des Reichstags dem König 1472 zur Billigung vorlegten,
auch dessen Inpflichtnahme, die Bestimmungen des Krönungsdekrets einzu-
hatten.^ ' Auch in den Jahren 1475 und 1478 wurde die Bekräftigung bzw. Ein-
haltung des Krönungsdekrets gefordert^ - es repräsentierte den Bestand der
Rechte und Privilegien, die der politischen Gemeinschaft von König Mätyäs
und seinen Vorgängern zugesichert worden waren. In Erinnerung gerufen
wurde zumeist allein das zur Zeit der Krönung entstandene Dekret (dccmfum
tempore coroimhoms) bzw. sein Inhalt, nicht aber die Reichs Versammlung als
dessen Entstehungskontext.
Die Bedeutung des Reichstags als Forum für die Vereinbarung neuer Ge-
setze und die Erinnerung sowie Konfirmation althergebrachter Bestimmungen
wurde schließlich im sogenannten Decretum Maius verdeutlicht. Es waren die
Benennung und Zusammenfassung der einzelnen Artikel zu einem dauerhaft
gültigen Gesetz, welche die Wiederherstellung von Frieden und Eintracht, von
der inneren Ordnung des Reichs bewirken sollten. Die Grundlage dafür aber
bildete die Verhandlung (deETenzho) des Königs mit den Reichsgliedern. In ih-
rem Rahmen kamen die Teilnehmer gemeinschaftlich über den Gehalt und die
Achtung dieses Gesetzeskonvoluts überein (dommorum ... U fohns regm consz-
Eum). Schließlich beschied der König allein mit Bezug auf dieses Gemeinhan-
deln die ewige Geltungskraft der Gesetze und somit deren künftige Unver-

261 Vgl. die Dokumente bei KATONA, Historia Critica 15, S. 211-214 sowie S. 214—216.
262 Decretum Albense seu coronationis, in: DRHII, S. 142-150.
263 Dekret vom 1. Mai 1472, in: DRH II, hier S. 209. Während hier eine bereits existierende Rechts-
bestätigung erneut konfirmiert wurde, war ein Jahr zuvor der Rechtsbestand des Reichs
noch durch ein eigenes Dekret bestätigt worden. Vgl. das Dekret vom 18. September 1471, in:
DRH II, S. 192-202.
264 Vgl. GA I des Dekrets vom 29. Mai 1475, in: DRH II, S. 223 sowie GA XIV des Dekrets vom
29. März 1478, ebd., S. 242.
 
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