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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 9
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Die allgemeinen Grundlagen des monumentalen und dekorativen Pastells
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0037

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KOHSTIEOMKRE

Hachen, 22. Jan. 1912.

Beilage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint !4tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.

YlH.Jahrg. Nr. 9.

Inhalt. Die atigemeinen Grundiagen des monumentaten und dekorativen Pastells. — Der Zinnober, seine Her-
stellung und sein Gebrauch in der Malerei der letzten acht Jahrhunderte. Von G. Bakenhus. (Fort-
_Setzung.) — Schnellmalerei. — Flüssigkeit zur Entfernung alter Lackschichten.

Die allgemeinen Grundlagen des monumentalen und dekorativen Pastells*).

Bekanntlich beruht die Pastelltechnik darauf,
dass man die Farbstoffe mittels kreideartig ab-
färbender Stifte oder Stäbchen auf den Maigrund,
der für die Aufnahme des Farbpulvers entsprechend
rauh oder hizig sein muss, zeichnend aufträgt. Bis-
her ist diese Technik so gut wie ausschliesslich
für Porträts oder Blumen verwendet worden, in-
dem man ihren Charakter als vorwiegend zart
und süss ansah und sie deshalb nicht auf Gegen-
stände ernsteren und schwereren Charakters an-
wendete. Doch kann man schon gegenwärtig
etwas häufiger Werke finden, bei denen die in
der Natur dieser lechnik liegenden Vorteile auch
*auf ganz anderem Gebiete ausgenutzt worden
sind, und man darf wohl sagen, dass es nur
wenig Probleme der heutigen Malerei geben dürfte,
welche nicht durch die Mittel der Pastelltechnik
sich lösen Hessen. Zu diesen sehr grossen Vor-
zügen gehört noch eine nahezu unverwüstliche
Dauerhaftigkeit in chemischem Sinne. Man braucht
z. B. nur einen Blick in die Pastellsammlung der
Dresdener Königlichen Gemäldegalerie zu werfen,
wo einem die Farben der mehrere hundert Jahre
alten Kunstwerke in unvergleichlich viel grösserer
Frische entgegenleuchten, als aus irgendeinem
Saal mit gleichzeitigen Oelgemälden. Soweit die
Farbstoffe selbst echt sind, verändert sich nämlich
ein Pastell, das gegen mechanische Unbill ge-
schützt ist, weiter gar nicht beim Auf bewahren.
Weder besteht es aus Schichten, die langsam
zusammenschwinden und schliesslich von zahllosen
Rissen durchsetzt werden, wie das bei jedem

*) Mit freundlicher Einwilligung des Herrn Ge-
heimrats Prof. Ostwald bringen wir an Stelle eines
Referates hier das I. Kapitel seiner neuen Schrift
„Monumentales und dekoratives Pastell" (Aka-
demische Verlagsgesellschaft m. b. H., Leipzig 19:2,
Preis geh. 2.40 Mk., geb. 3 Mk.) zum Abdruck,

Oelgemälde unvermeidlich ist, noch tritt beim
Pastell ein Dunkel- und Braunwerden ein, wie es
gleichfalls durch das als Oel benutzte Bindemittel
fast unvermeidlich bewirkt wird, noch endlich
sind die Pastellbilder so sehr dem Verbleichen
ausgesetzt, wie es die Aquarelle, vor allem die
nach der alten Lasurentechnik hergestellten, sind.
Gegenüber diesen Vorzügen steht nur die grosse
Empfindlichkeit der nicht fixierten Pastellbilder
gegen mechanische Verletzung. Durch das
Unterbringen der Bilder hinter Glasplatten wird
diese zwar eingeschränkt, aber nicht vollständig
vermieden. Wer hätte nicht auf Gemäldeausstel-
lungen Pastellwerke gesehen, bei denen ein nicht
unerheblicher Teil des Farbauftrags am Glase
statt am Papier haftete? Zwar sind schon seit
langem Fixiermittel bekannt, unter denen eine
Auflösung von gebleichtem Schellack in Weingeist
das bekannteste ist. Doch wirft man den Fixier-
mitteln mit Recht vor, dass sie das Bild ver-
ändern und namentlich den eigentümlichen zarten
Schmelz, der durch die Struktur des pulverförmigen
Farbauftrags gegeben ist, dem fertigen Werke
nehmen. Nun kann man allerdings diesem Nach-
teil dadurch zum allergrössten Teil entgegen-
arbeiten, dass man das nahezu fertige Pastell
fixiert und nur die letzte Ucberarbeitung darauf
unhxiert lässt. Man hat dadurch die Sicherheit
gewonnen, dass auch bei einer teilweisen Zer-
störung dieses letzten Auftrags das Wesentliche
des Bildes noch erhalten bleibt. Immerhin ist
aber auch ein so behandeltes Pastell durchaus
nicht geeignet, ungeschützt die Unbilden der Zeit
zu überstehen, und kann nicht ohne Glasscheibe
mit ihren überaus störenden Spiegelungen als
Wandschmuck verwendet werden.
Deshalb hat die Idee, die Pastelltechnik für
Monumentalwerke anzuwenden, zunächst etwas
 
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