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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 21
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Berger, Ernst: Zur Einführung der Teerfarben, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0087

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Nr. 2],

Münchner kunsttechnische Blätter.

83

Zahl der neuen Teerfarbtacke alle diese Eigenschaften
in sich vereinigen.
Ueberblicken wir diese Bedingungen, so ist ganz
abgesehen von der Lichtechtheit des reinen Pigments
ein neuer Farbstoff, also hier ein neuer Farbiack, zu
prüfen:
auf das physikafische Verhaiten zu den
Bindemitteln, die in den einzelnen Techniken
angewendet werden. Es gilt hier als erste Be-
dingung, dass eine Löslichkeit in dem betreffenden
Bindemittel nicht oder nur in sehr geringem Masse
stattfindet.
Demnach ist der Farbstoff zu prüfen:
Auf Wasserechtheit (bei Aquarell und leimiger
Tempera).
Auf Oelechtheit. (Bei Oelfarben soll der Farbstoff
vom Oel umhüllt sein. Ein in Oel löslicher Farb-
stoff würde bei Uebermalungen „durchschlagen",
oder wie es im Physikalischen ausgedrückt wird,
„bluten".)
Auf Kalkechtheit (für Fresko und Kalkfarbentechnik).
Auf Spritechtheit. (Bei Arbeiten, die mit einem
Spirituslack oder mit Essenzfirnis überzogen wer-
den, würden die Lasuren nur zu leicht aufgelöst
werden, wodurch vielleicht die ganze Arbeit ver-
nichtet wird.)
Auf Säureechtheit. (Bei Oelfarben kommt nur die
Einwirkung von Säuren in Frage, die durch die
in den Oelen enthaltenen freien oder aus diesen
sich bildenden Fett- oder Harzsäuren stattfindet.)
Von Wichtigkeit sind noch die Prüfungen auf das
Deckvermögen und auf die Färbekraft der Farb-
stoffe, insbesondere im Verhältnis zu den schon be-
kannten mineralischen und organischen Farben unserer
Palette.
Bei der Prüfung der Farbstoffe auf ihre Licht-
echtheit kommen noch Momente in Betracht, die
früher weniger beachtet wurden, und erst bei ver-
schiedener Versuchsanordnung durch die verändernden
Einflüsse des Lichtes sich geltend machen können.
Hierzu rechnet Prof. Eibner die Einflüsse des
Oeles als Bindemittel im chemischen Sinne, die Verände-
rungen, welchen die Farben in Mischung mit Zink-
weiss ausgesetzt sind (Zinkweissechtheit), den Einfluss
von Glasbedeckung bei Aquarellen und die Wir-
kung von Glyzerinbeigaben zum Bindemittel.
Schliesslich ist auch noch die Verträglichkeit
der neuen Teerfarbtacke in Mischungen unter-
einander und mit den bekannten Malerfarb-
stoffen zu prüfen, sowohl im chemischen als auch
im physikalischen, d. i. im optischen Sinne.
Man kann also sagen, dass die neuen Teerfarb-
stoffe durch viele und sehr engmaschige Siebe hin-
durchgehen müssen, bevor sie für unsere Zwecke
tauglich befunden werden.
II.
Die Leser dieser Blätter werden sich erinnern,
dass wir schon wiederholt Gelegenheit hatten, die
Frage der Einführbarkeit der neuen Teerfarben in
die Kunstmalerei ins Auge zu fassen. In einem Artikel
„Lichtechte Teerfarbstoffe" (V. Jahrgang, Nr. 8 vom
tt. Januar 1909) wurde auf den Prospekt der Farben-
fabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. in Elberfeld, vom
Mai 1908 datiert, hingewiesen, in dem eine ganze
Reihe von Teerfarben „vorzüglicher Lichtechtheit"
namhaft gemacht werden, die in Teigform namentlich
für Tapetendruck u. a. geeignet seien, und es wurde
auch der bekannte Antrag des Kollegen Prof. v. Marr
mitgeteilt, der darauf ausging, dass die neueren Pig-
ment- und Lackfarbstoffe auf ihre Verwendbarkeit für
Künstlerzwecke eingehendst und sachgemäss geprüft
werden sollten.
Es war nicht schwer, vorauszusagen, dass die

Künstler alsbald vor die Frage gestellt würden, ob sie
die neuen Farben auf ihre Palette setzen wollten oder
nicht.
Prof. Dr.E. Täuber, der Leiter des maltechnisch-
chemischen Laboratoriums der akademischen Hoch-
schule für bildende Künste zu Berlin, hat, in der rich-
tigen Erkenntnis der Wichtigkeit der neuen Teerfarb-
lacke und von der Ueberzeugung ausgehend, dass
deren Einführung in die Kunstmalerei auf die Dauer
nicht zu verhindern ist, in dem Jahresbericht 1909/10
der Kgl. akademischen Hochschule für die bildenden
Künste einen Aufsatz veröffentlicht, betitelt „Warum
sind die von Teerfarbstoffen abgeleiteten
Körperfarben berufen, dem Künstler nützliche
Dienste zu leisten?", worin er ausführte, dass
„die Teerfarbenindustrie in der letzten Zeit eifrig am
Werke sei, Produkte von solchen Echtheitseigenschaften
zu erzeugen, wie sie unter den natürlichen Farbstoffen
pflanzlichen oder tierischen Ursprungs vergeblich ge-
sucht werden", und er kam zu dem Schlüsse, dass
gegen deren Verwendung für künstlerische Zwecke
keinerlei Bedenken Vorlagen, und dass die Künstler
nur zu ihrem eigenen Schaden ihre Verwendung ab-
lehnen würden.
„Die erforderlichen genauen Prüfungen gegenüber
allen in Betracht kommenden Einflüssen vorzunehmen
und dabei immer wieder auf die alten bewährten
Farben zum Vergleich zurückzugreifen", erachtete er
als eine der wichtigsten Aufgaben der maltechnischen
Versuchslaboratorien unserer Kunstschulen.
Unter den ersten, die sich dieser Aufgabe unter-
zogen, war Prof. Täuber selbst. Er berichtete über
seine vorläufigen Resultate in einer Arbeit: Verglei-
chende Prüfung verschiedener Pigmentfarben
auf ihre Brauchbarkeit in der Malerei, insbe-
sondere in der Kunstmalerei*).
Er ging davon aus, die verschiedenen Handels-
marken ein und derselben neuen Pigmentfarbe mit-
einander und mit den bekannten älteren Farben zu
vergleichen, sowohl für sich allein wie auch in Mi-
schungen, namentlich in .der Mischung mit Weiss, die
ja am häufigsten vorkommt. Der Vergleich erstreckte
sich auch auf die verschiedenen in Betracht kommen-
den Bindemittel, denn ein Pigment, das neue vorzüg-
liche Aquarellfarbe liefert, könnte für Oelfarbe unter
Umständen gar nicht zu brauchen sein, nicht etwa
nur deshalb, weil es in Oel nicht deckt oder darin
löslich ist, sondern auch, weil es möglicherweise durch
das Oel verändert wird.
Aus den Ergebnissen dieser vergleichenden Prü-
fung, auf die hier der Kürze wegen verwiesen wird,
kommt Prof. Täuber zu dem Schluss, dass, soweit
die Lichtechtheit in Frage steht, folgende neuen
Teerfarben für die Künstlerpalette von Wert sind:
An Steile des unhaltbaren Schüttgelb und Chrom-
gelb in Oel sowie zur Einschränkung des Gebrauches
von Indischgelb könne in den meisten Fällen, beson-
ders in dunklen Mischungen, treten
!. Indanthrengelb G,
2. Indanthrengelb R,
3. Indanthrengoldorange.
Für rein grüngelbe Lasurtöne, nur als Oelfarbe,
brauchbar ist
4. Pigmentechtgelb G (Höchster Farbwerke),
für Zwecke der Dekorationsmalerei
5. Normalgelb c
und 6. Pigmentchro
brauchbar.
Als Ersatz für Zinnober und zum Teil auch für
Krapp resp. Alizarin (nur der lichtechte hellrosa Wurzel-
krapp ist ausgenommen) sind

*) Vgl. diese Blätter: VI. Jahrgang (1910), Nr. t8
bis 2t.

'm^lb L j (Höchst.Farbwerke)
 
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