Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

DOI Heft:
Nr. 22
DOI Artikel:
Gerhardt, Paul: Römische Ausgrabungen bei Kornelimünster und ihre maltechnische Bedeutung, [2]
DOI Artikel:
Gemäldekonservierung durch Stickstoffgas?
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0092

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
88

Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr. 22.

Römische Ausgrabungen bei
Kornelimünster und ihre maltechnische
Bedeutung.
Von Paul Gerhardt, Düssetdorf.
(Schtuss.)
Zunächst der grobe Unterputz, darauf der mittel-
feine Putz, mit Schtaghötzern dicht geschtagen, und
endlich die nur :—2 mm dicke Feinschicht, die sorg-
sam geglättet aus feinst gesiebtem Marmormehl her-
gestellt ist.
Alles dies ist mit der grössten Peinlichkeit und
Gewissenhaftigkeit hier angewendet und befolgt.
Die köstlichen, teilweise sehr pastös aufgetragenen
Farben und Malereien haben sich in vorzüglicherWeise
erhalten.
Die Art der Malerei ist die von Vitruv gelegent-
lich der Beschreibung des Tektoriums dargestellte.
Selbst der alte Glanz hat sich erhalten, sobald man
den Staub mit dem Handballen oder einem weichen
Lappen abreibt. Die ganze Fläche ist durchgehend
mit einem Grundton — Schwarz oder Rot — gefärbt.
Auf dem so hergerichteten, bereits in der obersten
Feinschicht gefärbten Masse, wurde gemalt, und zwar
mit einer Farbe, deren Bindemittel etwa aus punischem
Wachs bestand.
Bei einer solchen Malerei ist natürlich der Ge-
brauch des Pinsels ausgeschlossen, weil das schnelle
Erkalten des Wachses, das im warmen Zustande auf-
getragen werden musste, ein Verarbeiten und Inein-
andermalen mit dem Pinsel ausschliesst. Hier musste
ein Metallinstrument verwendet werden, welches er-
wärmt werden konnte, und mit welchem die auf die
Wand aufgetragene Wachsfarbe verarbeitet werden
konnte. Die Farbe wurde aus erwärmten Näpfen,
welche auf glimmender Holzkohle standen, auf die
Wand gebracht. Auf diese Weise konnte ein beliebig
langes Verarbeiten der Farbe auf der Wand statt-
finden, Luftbläschen, die ein Abspringen bewirken
konnten, wurden vermieden, und durch die feine Ver-
teilung des erwärmten Wachses wurde eine feste Ver-
bindung der oberen Malerei mit dem Untergründe
bewirkt.* *)
Es ist kaum anzunehmen, dass die Wachsfarbe
dermassen mit Oelen versetzt wurde, dass der Ge-
brauch des Pinsels möglich gewesen wäre. Die oben
erwähnten Vorteile wären nicht in dem Masse erreicht
worden, zudem bekäme die Malerei etwas schwieriges
und reizloses, die Leuchtkraft der richtig bereiteten
Wachsfarbe wäre dadurch bedeutend beeinträchtigt
worden.
Sehr interessant sind besonders einige Stücke,
bei denen man noch die Striche des Instrumentes,
mit dem die Feinschicht aufgetragen worden ist, wahr-
nehmen kann.
Die auf dem polierten Grunde aufgetragene Wachs-
malerei wurde natürlich matt und musste — wenn
man auch von ihr Glanz verlangte, mit einem weichen
Tuch abgerieben werden. Es kommt aber auch vor,
dass diese aufgesetzte Malerei matt belassen wurde, so
dass sie sich mehr von dem geglätteten Grunde abhob.
Auf diese Weise war es möglich, dass die über
diese Malereien hinweggegangenen Jahrhunderte, selbst
Wirkung der Glasbedeckung kaum ein, wenn zwischen
Aufstrich und Glas ein Zwischenraum gelassen würde,
während wenn das Glas direkt auf der bemalten Fläche
aufliege, dies tatsächlich von grossem Einfluss sei.
*) Anmerkung. Diese Ansicht steht mit der von
andererSeite behaupteten Annahme des „reinen Fresko"
bei den Alten in grösstem Widerspruch; sie ist auch
mit der „Stuccolustro-Theorie" nicht vereinbar. Das
Wachs würde übrigens durch eine chemische Ana-
lyse leicht festzustellen sein. E. B.

in einem so rauhen Klima wie dem unsrigen, denselben
nichts anhaben konnten. Sogar an und für sich sehr
empfindliche Farben konnten sich auf diese Weise
halten, und ich bin sogar der Ansicht, dass diese Be-
handlung mit Wachs als Ueberzug gegen die Witte-
rungseinflüsse von Zeit zu Zeit wiederholt wurde.
Dabei wird die Malerei keineswegs speckig wie bei
Oelfarbenanstrichen und -malereien oder hart, wie
dies ieicht bei schlechten Firnissüberzügen der Fall
ist, sondern sie behält einen vornehmen matten Glanz,
und die Farben wirken satt und kräftig leuchtend.
Die in Kornelimünster verwendeten Farbtöne sind
die bei pompejanischen Malereien gebräuchlichen und
bestehen aus Schwarz, Rot (Rötel), Ocker, Kupfergrün,
Caput mortuum, Weiss usw. Wie ich bereits oben
bemerkte, sind die Farben keineswegs dünn aufge-
tragen, sondern teilweise pastös gemalt, übermalt und
überlasiert.
Sehr interessant ist ein Stück Rötel von weicher
Beschaffenheit, Hach oval und vorne zugespitzt, schein-
bar zum Vorzeichnen der Malereien benutzt. Ich fand
es im Bauschutt.
In nächster Zeit sollen die Ausgrabungen fortge-
setzt werden, vielleicht finden sich noch mehr Male-
reien.
Jedenfalls reden diese maltechnisch bedeutsamen
Funde davon, dass es auch für unser Klima Malereien
gibt, die diesem trotzen. Paul Gerhardt-Düssefdorf.
Gemäldekonservierung durch
StickstoCgas?
Ein anscheinend neues Mittel zur Konservierung
von Gemälden schlägt der in München lebende Archi-
tekt Karl Mussbeck vor. Das Prinzip der Erßndung
besteht darin, die Einwirkung der Luft auf die Bild-
werke durch gasdichten Einschluss der Objekte in eine
Sphäre von Stickstoffgas auszuschalten. Hierbei um-
schliesst eine Kassette aus Metall (Aluminium, Eisen),
deren Vorderseite eine optisch einwandfreie Glasscheibe
bildet, den Gegenstand gasdicht nach allen Seiten.
Die Seiten der Kassette und die übrigen Konstruktions-
teile beHnden sich bei den Gemälden in einer unter
dem Zierrahmen unsichtbaren Lage; der Abstand von
der Wand bleibt bei aufgehängten Bildern derselbe
wie bisher. Für kleinere Objekte bestehen die Kas-
setten ganz aus Glas. Die bisher übliche Einglasung
der Bilder ist nach Ansicht des Erfinders völlig unzu-
reichend, weil kein Sauerstoffabschluss erzielt werden
kann. Sie soll einen direkt schädigenden EinHuss
haben, weil sich hinter ihr die atmosphärische Feuch-
tigkeit leicht kondensiert, die nach den jüngst im La-
boratorium von Professor Eibner in München ange-
stellten Untersuchungen zur gesteigerten Ursache der
Photooxidation, der Lichtwirkung bei Gegenwart von
Sauerstoff und Feuchtigkeit führt. Im Stickstoff kann
dieser Prozess nicht stattHnden. Die Feuchtigkeit in
der Struktur der Objekte kann übrigens leicht ge-
bunden werden.
Die ErHndung kann angewendet werden auf Ge-
mälde, Fresken, Gewebe, Gobeiins, Teppiche, Aqua-
relle, Handzeichnungen, Photographien, kostbare Re-
produktionen, Urkunden, ferner empfindliche Metall-
arbeiten, Lackarbeiten, Bronzen in Relief, in Rund-
plastik, in welchem Falle die Kassetten als Vitrinen
gestaltet werden. Auch an die Anwendung für wis-
senschaftliche Zwecke wie zur Konservierung von
Federn, Pelzen usw. könnte man denken.
Der schädigende EinHuss von Temperaturschwan-
kungen auf den Zustand und die Haltbarkeit von Kunst-
werken wird natürlich durch die Stickstoff-Konser-
vierungsmethode nicht gehemmt. (M. N. N.)
 
Annotationen