Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

DOI Heft:
Nr. 24
DOI Artikel:
Berger, Ernst: Neue Gutachten über die römisch-pompejanische Wandmaltechnik, [7]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0097

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Mönchen, 16. Sept. 19:2.

Beilage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint Mtägig unter Leitung von Maier Prof. Ernst Berger.

YIH.Jahrg. Nr. 24.

Inhalt: Neue Gutachten über die römisch-pompejanische Wandmaltechnik. V. Mitgeteilt von E. B. — Zur
Einführung der Teerfarben. (4. Fortsetzung und Schluss.) Von E. B. — Inhaltsübersicht der im
VIII. Jahrgang (Nr. t—24) erschienenen Abhandlungen und Aufsätze. — Mitteilung der Schriftleitung.

Neue Gutachten über die römisch-pompejanische Wandmaltechnik V.
Mitgeteilt von E. B.

Den schon veröffentlichten Gutachten über die
Technik der römisch-pompejanischen Wandmale-
rei*) können hier noch zwei in jüngster Zeit an
mich gelangte hinzugefügt worden.
Der Nestor unserer Maltechniker Herr Fritz,
Gerhardt sen. in Düsseldorf (geb. 1828), der in
seltener geistiger Frische nunmehr bald seinen
84. Geburtstag feiert, hat sich zu der Frage ge-
äussert. Schon in den Jahren 1855 bis Ende 1859
hatte er seine Studien an Ort und Stelle gemacht
und Hunderte von Versuchen angestellt, um die
Manier und „die Kniffe", deren sich die alten
Praktiker bedienten, kennen zu lernen. Schon da-
mals ist ihm aufgefallen, dass die Verbindung von
organischer Substanz (Kasein der Milch) und
Kalk dem Mörtel, sowie auch der daraufgesetzten
Malerei grosse Festigkeit verleihe, dass insbeson-
dere in Pompeji beobachtete Effekte sich mit
diesem Mittel hervorbringen Hessen, wenn man
den geeigneten, kaum noch feuchten Mörtelauf-
trag mit poliertem Stahlblatt fest andrücke (erste
Glättung), wodurch schon ungewöhnliche Härte
erzielt würde. Der schon etwas gefärbte letzte
Mörtelauftrag könnte mit demselben Bindemittel
und Farbe versehen werden, mit Bimssteinpulver,
Bologneser Kreide oder weissem Knochenpulver
geschliffen werden, wobei Sorge zu tragen ist, dass
eine „geglättete Politurfärbung" entstehe. Oft und
besonders zuletzt werde die Fläche mittels wolle-
nen Lappens mit weissem Wachs lose eingerieben,
emsig verrieben, bis „mit vieler Arbeit", wie es
Vitruv beschreibt, eine glänzende Fläche entsteht.
In dieser Art, so berichtet Herr Gerhardt sen.,
hätte er in seinem Hause, mit Hilfe eines Dieners
eine Wand dekoriert, die sich bis heute noch schön

*) Siehe Nr. 4—3, 14, :6—:S dieses Jahrgangs.

im Ton und gut gehalten habe, obwohl seither
etwa 15 Mieter das Haus bewohnten.
In ähnlicher Weise habe man in Pompeji, aber
selten gänzlich al fresco gemalt, schon den Mörtel
mit etwas Milch gelöscht, den feinen Marmor-
mörtel mit dem nämlichen Bindemittel und etwas
Milch dazu aufgetragen, (den Mörtel gut geschla-
gen!), die Farben auch mager damit angemacht,
und mit Retuschen, die ja doch für künstlerische
Schaffung unentbehrlich seien, in gleicher Weise,
nur etwas fetter, vollendet.
Diese Versuche habe Gerhardt nicht weiter
verfolgt, da er auf Veranlassung E. v. Gebharts
der inzwischen vielfach verwandten Kasein-Technik
seine ganze Aufmerksamkeit widmete, und in
kurzer Zeit plötzlich grössere Mengen von Ka-
sein (jährlich viele tausend Zentner!) beschafft
werden mussten.
Herr Gerhardt erbietet sich, Interessenten kleine
Proben des Bindemittels für Zwecke von Ver-
suchen in pompejanischer Manier zur Verfügung
zu stellen, falls man sich an ihn wenden wolle
(Adresse: Pempelforster Strasse 80). Nach G.s
Meinung ist der vielgesuchte Stuckolustro nichts
anderes als dieses Bindemittel mit Milch, Gips,
Kalk und Wasser angemacht. —-
Das zweite Gutachten kommt von einem jün-
geren Maler, Herrn Herrn. Volkerling, München,
der im Auftrag einer Museumsleitung und zu dem
Zwecke, einige Kopien pompejanischer Male-
reien in der Technik der Originale anzuferti-
gen, sich mehrere Monate in Neapel aufgehalten
hat. Sein Urteil geht dahin, dass die Malereien
mit einer gut haftenden Tempera auf dem
geglätteten, trockenen Stuckgrund auf gemalt
worden seien. Auf die Herstellung dieses Grundes
müsse grösste Sorgfalt verwendet worden sein, da-
 
Annotationen