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Holländischer Stuhl.
Rcnnissancc: Stuhl.
Baucrnstuhl aus Schleswig-Holstein.
Perftrvase in Neapel anfthen, finden wir alles bei-
sammcn: Darius aus dem Thrcm mit Volutenbeinen
und geradcr Rücklehne, die andercn auf geradbeinigen
oder sägebockigen Klappstühlen, cinen aus dem lehn-
losen Sessel mit profilierten Drehsüßen und mehrerc
aus geschweisten Stühlen, die der Stolz deö hellenifthen
Mobiliars gcwordcn sind.
Römische Eigcnart ist die Ausbildung deö offiziellcn
Stuhls. Man ehrt amtliche Pcrsonen mit der reichen
Ausstattung ihres Sitzcs und vom seierlichen Zeremoniell
deö römischen Verwaltungswcsenö ist viel auf diescn
Thronen zu lesen. Stein und Bronze kommcn hier
vor allem in Betracht; das Holz bringt weniger
neue Formen, als daß eö die Motive liesert. Die
Motive der Drcchselarbeit, die Kehlen, Rieseln, Wulste,
alle maschinenmäßig hcrgestcllten Motive wcrden mit
Vorlicbe auf die Beine der Bronzesestel angewcndet. Jn
Pompeji fand man mehrerc solcher Bronzestühle, mit
plattem und gewölbtem Sitz; sie alle haben eine reichlichc
Fußverzierung an den Stcgen, die zwischen den Beinen
laufen, und diese Beine sind so üppig mit gedrehten Orna-
menten, den krciselsörmigen Bunden ähnlich, verziert.
Die Steinsitze habcn ein vielgcstaltigeö Reliesorna-
mcnt und allerlei plastischeö Beiwerk. Tiere als Arm-
lehnträger, Symbole als Füllwcrk sind sehr gewöhnlich.
Der rciche Schatz deö römischen Zeremoniells an sym-
bolischer Ornamcntik liesert sich auö. Eigentümlich sind
die häufig beobachteten Pferdeköpse, die auf rittcrlichen
Stand deö Sitzcnden deuten. Die berühmtcsten Amts-
sitze der Römer sind die solla ourulis und das klssllium.
Das KissIIiuill ist einc lehnlose zweisitzige Bank mit
gedrehten Füßcn, zu dcr ein Fußschemel gehört. Jn-
dem man einer einzelncn Person eine zweisitzige Bank
als Stuhl gab, schus man daö erste Beispiel jcncr
breiten Sitze, die im Mittelaltcr gern offiziellen Per-
sonen zur Betonung ihrer Herrscherwürde verliehen
wurden: xluralis luassstkitis in der Stuhlsprache. Römer-
tum berührt sich auch hier mit dem Orient, die Feier-
lichkeit findet ihre Form, das Jmperatorische besiegt daS
Menschliche.
Das Mittelaltcr hält an dcn äußeren imperatorischen
Formen der Antikc sest, die es aus das Christentum
überträgt: daneben keimen neue Triebe in den Bauern-
häusern, spätcr in den Städten. Der starke Gegensatz
spiegelt sich in den Möbeln. Auf der einen Seite
Prachtftühle, ganze Gebäude von Stühlen für dic
Obrigkeiten, aus der andern Seite, kaum beachtet, Ver-
suche in ländlichen Formen. Biö zur Renaissance hat
sich da kaum ctwas gcändert. Die Prunkstühle ersahren
an ihrem Leibe die großen wechselnden Moden dcr
Architektur, die Baucrnstühle kümmern sich garnicht
darum und wollen im Gebrauch nur praktisch sein, im
Ornament naiv und technisch. Da die Prunkstühle
nichts alö Übertragungen der großen Archilekturen sind,
die Bauernstühle aber cinflußlos bleiben, wird dieö die
unfruchtbarste Periode der Sitzmöbel. Die einzelnen
Formcn haben kcin Jnteresse; der Mittelstand, der
die Behaglichkeit des Sitzens allein künstlerisch bilden
kann, fehlt.
Viollet le Due, der große sranzösische Gotiker, unter-
scheidet zwei Perioden in di'cscr Zeit. BiS zum 1Z. Jahr-
hundert findet er die Stühle enger, von da an weiter,
weil auch die Kleidung mehr aus festere Stofse und
Borten ging und der Sitz cine breitere Faltenlegung
dcs GcwandeS zulassen mußte. Der Gebrauchöftuhl
dieser Zeit tritt so wenig hervor, daß wir kaum nähere
Schlüsse wagen könnc». Der Prunkstuhl läßt an Breite
nichts zu wünschen übrig, und alle diese Gebäude von
Sitzcn, die von dcr karolingischen Epoche bis zur gotischen
sich aneinanderreihcn, sind nichts als Fortsetzungen deö
reichlich bemessencn antiken Beamtenstuhls. Halbhohe
Kreiölehnen, viereckige Lehncn, reiche Drechsclmotive, auch
dic kcgclförmig gespitzten Füße, die einst Assyrien schuf,
kchren abwechftlnd wieder. Die Drechftlmotive erftheinen
auch an den Armlehnen, schon den modernen Traillcn
ähnlich: von Darstellungen der St. Lazarekirche in
407
Holländischer Stuhl.
Rcnnissancc: Stuhl.
Baucrnstuhl aus Schleswig-Holstein.
Perftrvase in Neapel anfthen, finden wir alles bei-
sammcn: Darius aus dem Thrcm mit Volutenbeinen
und geradcr Rücklehne, die andercn auf geradbeinigen
oder sägebockigen Klappstühlen, cinen aus dem lehn-
losen Sessel mit profilierten Drehsüßen und mehrerc
aus geschweisten Stühlen, die der Stolz deö hellenifthen
Mobiliars gcwordcn sind.
Römische Eigcnart ist die Ausbildung deö offiziellcn
Stuhls. Man ehrt amtliche Pcrsonen mit der reichen
Ausstattung ihres Sitzcs und vom seierlichen Zeremoniell
deö römischen Verwaltungswcsenö ist viel auf diescn
Thronen zu lesen. Stein und Bronze kommcn hier
vor allem in Betracht; das Holz bringt weniger
neue Formen, als daß eö die Motive liesert. Die
Motive der Drcchselarbeit, die Kehlen, Rieseln, Wulste,
alle maschinenmäßig hcrgestcllten Motive wcrden mit
Vorlicbe auf die Beine der Bronzesestel angewcndet. Jn
Pompeji fand man mehrerc solcher Bronzestühle, mit
plattem und gewölbtem Sitz; sie alle haben eine reichlichc
Fußverzierung an den Stcgen, die zwischen den Beinen
laufen, und diese Beine sind so üppig mit gedrehten Orna-
menten, den krciselsörmigen Bunden ähnlich, verziert.
Die Steinsitze habcn ein vielgcstaltigeö Reliesorna-
mcnt und allerlei plastischeö Beiwerk. Tiere als Arm-
lehnträger, Symbole als Füllwcrk sind sehr gewöhnlich.
Der rciche Schatz deö römischen Zeremoniells an sym-
bolischer Ornamcntik liesert sich auö. Eigentümlich sind
die häufig beobachteten Pferdeköpse, die auf rittcrlichen
Stand deö Sitzcnden deuten. Die berühmtcsten Amts-
sitze der Römer sind die solla ourulis und das klssllium.
Das KissIIiuill ist einc lehnlose zweisitzige Bank mit
gedrehten Füßcn, zu dcr ein Fußschemel gehört. Jn-
dem man einer einzelncn Person eine zweisitzige Bank
als Stuhl gab, schus man daö erste Beispiel jcncr
breiten Sitze, die im Mittelaltcr gern offiziellen Per-
sonen zur Betonung ihrer Herrscherwürde verliehen
wurden: xluralis luassstkitis in der Stuhlsprache. Römer-
tum berührt sich auch hier mit dem Orient, die Feier-
lichkeit findet ihre Form, das Jmperatorische besiegt daS
Menschliche.
Das Mittelaltcr hält an dcn äußeren imperatorischen
Formen der Antikc sest, die es aus das Christentum
überträgt: daneben keimen neue Triebe in den Bauern-
häusern, spätcr in den Städten. Der starke Gegensatz
spiegelt sich in den Möbeln. Auf der einen Seite
Prachtftühle, ganze Gebäude von Stühlen für dic
Obrigkeiten, aus der andern Seite, kaum beachtet, Ver-
suche in ländlichen Formen. Biö zur Renaissance hat
sich da kaum ctwas gcändert. Die Prunkstühle ersahren
an ihrem Leibe die großen wechselnden Moden dcr
Architektur, die Baucrnstühle kümmern sich garnicht
darum und wollen im Gebrauch nur praktisch sein, im
Ornament naiv und technisch. Da die Prunkstühle
nichts alö Übertragungen der großen Archilekturen sind,
die Bauernstühle aber cinflußlos bleiben, wird dieö die
unfruchtbarste Periode der Sitzmöbel. Die einzelnen
Formcn haben kcin Jnteresse; der Mittelstand, der
die Behaglichkeit des Sitzens allein künstlerisch bilden
kann, fehlt.
Viollet le Due, der große sranzösische Gotiker, unter-
scheidet zwei Perioden in di'cscr Zeit. BiS zum 1Z. Jahr-
hundert findet er die Stühle enger, von da an weiter,
weil auch die Kleidung mehr aus festere Stofse und
Borten ging und der Sitz cine breitere Faltenlegung
dcs GcwandeS zulassen mußte. Der Gebrauchöftuhl
dieser Zeit tritt so wenig hervor, daß wir kaum nähere
Schlüsse wagen könnc». Der Prunkstuhl läßt an Breite
nichts zu wünschen übrig, und alle diese Gebäude von
Sitzcn, die von dcr karolingischen Epoche bis zur gotischen
sich aneinanderreihcn, sind nichts als Fortsetzungen deö
reichlich bemessencn antiken Beamtenstuhls. Halbhohe
Kreiölehnen, viereckige Lehncn, reiche Drechsclmotive, auch
dic kcgclförmig gespitzten Füße, die einst Assyrien schuf,
kchren abwechftlnd wieder. Die Drechftlmotive erftheinen
auch an den Armlehnen, schon den modernen Traillcn
ähnlich: von Darstellungen der St. Lazarekirche in
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