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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 14.1923

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Zweites Heft
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Walden, Herwarth: Die Insel, [2]: Tragödie
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Kassák, Lajos: Gedichtungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.47213#0043

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Landes nach seiner Fertigstellung durch
die Meisterhand unseres Hofmalers über-
weisen
Der andere Professor
Wo soll ich hin, Majestät
Der König
Entdecken Herr Professor. Entdecken. Es
gibt noch so Vieles zu entdecken

Ende

Gedichtungen
Ludwig Kassäk

Hallet empor die Hände gestorben ist das
Weib oh weh weh weg ist das Weib oh
oh weh das Vitriol und blaue Lilien trug
in seiner Kniescheibe
jetzt hat man es in die Mitte des Zimmers

gezogen in seinem Kopf aus Papiermache
stehen mit den Füssen aufwärts die Kästen

schändlich sind die Kulissen auf uns ge
stürzt nicht einmal das ist mehr gewiss
dass 2X2=4 die Bauern züchten gross-
städtische Wanzen in den Strohsäcken
wie wird das Rad unserer Welt ohne den
wohlriechenden Schopf weiterlaufen
die Begräbnisarrangeure traten überall äusser
Kartell in Aktion Herrgott schwarze Wagen
gurgeln die Gassen aber ihnen spielen zwei-
hörnige Engeln Harfe aus den Memoiren
Bocaccios

am meisten ist aber um die Opernhäuser
Schade wo tätowierte Waden in die Augen
hagerer Generäle hineingerungen wurden
was wird aus den aspikfleischigen Grafen
und den Juwelieren werden
lasset herunter die Traurigkeit vom Schnür-
boden schön war das Weib gedenket seiner
rubinknöpfigen Brüste seine Augen waren
zivilisierte Raubtiere die von Lenden Gold
und zerbrochenen Existenzen lebten
in Glashäusern beugen sich die Blumen
weit im Osten tanzen Trauerreigen unsere
Ahnen mit rotem Gesäss
in ihnen lebt noch die Rassenromantik nur
wir nur wir sind durch das Sieb gefallen
zu garstigen selbstsüchtigen wilden Tieren
sind wir herabgekommen mit hakigen
Schnurrbärten unter der Nase
Erinnerungen stechen uns mit fürchterlichen
Lebzeltensäbeln ins Herz

aber wir singen unerschüttert
oh oh gestorben ist das Weib weh weg ist
das Weib
schön war das Weib halleluja
gedenket seiner rubinknöpfigen Brüste
Übersetzt von Robert Reiter
* *
*
Der Engel flog durchs schwarze Netz die
Gänse sammelten sich um die Glaswaren-
häuser und die Dienstmagd molk den Eimer
voll bis zum Rand
leicht sei dessen Bündel der weg ist
wir aber sind eine einfältige europäische
Familie und das Leben um uns gleicht
einem abgewetzten Zylinderhut
es ist voll Läusen Wasserwegen und neun-
fingrigen Piloten
hebe dir das Kind aus den Augen
siehe da hier sind die Mütter aus der Lilien-
gasse mit den wuchtigen Brüsten ihre Arme
aus Flachsleinenstangen und unter ihrem
Haarschopf recken sich Kutscher in Gala
die Denker sind eben unter dem messingenen
Buckel des Kamels angekommen
und die Berge kreisen in Geburtswehen
allein die Hebamme hat kein Diplom
ich habe weder Hemd noch Unterhosen
habe kein Hemd kein Hemd habe Stroh-
pantoffeln
habe kein Hemd habe Strohpantoffeln habe
kein Hemd
Hemd habe ich keines
doch habe ich Strohpantoffeln
und dennoch bist du an allem schuld
die Glocken des Nachbardorfes singen in
D-moll
und du merkst nicht dass Schneewasser
in unser Herz trieft
es ist auch möglich dass wir zu fett geworden
oh oh das Beste wäre zu sterben
läuten wir also die Lämmchen herein
jenseits des Waldes sieht man noch die
Welt in rotem Nebel aufgelöst
und die zahmsten Hunde mit Pfaufedern
im Hintern im Flug nach dem Mond
kein Zweifel das ist die zwölfte Stunde
nde nde nde stu nde nde stu
Herr Kempeier hat die Sterne angezündet
die Kriegsinvaliden sperren den Laden zu
und wir drei spazieren in einem Paar Stroh-
pantoffeln durch die gespalteten Berge hin-
durch
Übersetzt von Andreas Göspär

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