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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 14.1923

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Fünftes Heft
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Schacht, Roland: Archipenko, Belling und Westheim
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Roan, Sem: La Exposición de Emilio Pettoruti
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https://doi.org/10.11588/diglit.47213#0096

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ist, „das endlich wieder einmal die Divergenz
zwischen Architektur und Skulptur zu über-
winden sucht“, Habemus papam! Belling
ist derjenige, der jene Verbundenheit, die
man (= Westheim) Architektonik nennt, zu-
erst mit sieghafter Allgewalt erreicht hat.
Das Können, die Verdienste Bellings stehen
hier nicht zur Diskussion. Gottes Erde ist
gross. Ich habe keinen Grund anzunehmen,
dass Belling etwas für Westheims Dar-
stellung kann. Aber wenn man den grossen
Archipenko so en passant erwähnt mit
Werken die zwar bedeutsam für ihn sind, ihn
jedoch gänzlich einseitig charakterisieren,
dann aber ein Buch über die Probleme der
modernen Skulptur ausklingen lässt in einen
Begeisterungsschrei auf Belling, so darf
und muss darauf hingewiesen werden, dass
der im Archipenko-Sturmbilderbuch abge-
bildete Tanz bereits alle die Dinge enthält,
die Westheim und Belling Bellings Plastiken
nachrühmen. Ich behaupte nicht, dass
Belling Archipenko bewusst oder unbewusst
nachgeahmt habe, es kommt häufig genug
vor, dass in ein und derselben Zeit die
gleichen Tendenzen oder Lösungen auf sehr
verschiedenen Beeten wachsen. Aber dieser
Tanz stammt nicht wie Bellings Dreiklang
aus 1919, nicht wie die Skizze aus 1915,
sondern aus 1912. Wie kommt es, dass
Westheim das nicht — weiss? Er wird nicht
wissen! Also warum sagt er es nicht?
Warum bildet er von Archipenko kein Werk
ab, das darauf schliessen liesse, dass auch
er sich mit solchen Problemen beschäftigt
hat? Und wenn er es nicht selbst sah,
konnte er es einem Aufsatz Iwan Golls von
1920 in der Oktobernummer der „Action“
entnehmen. Mag Herr Westheim Archipenko
für einen raffinierten oder femininen Theo-
retiker halten, was er Belling als Verdienst
zuschreibt, war schon vorher bei Archipenko.
(Sogar das Prinzip der Scala ist im „Plafond“
von 1912 angedeutet). Und nicht ein Mal.
Mehrere Male. Jahre lang. Worauf sich
Belling soviel zugute tut, dass er „erreichte,
dass der Durchbruch, früher tote Form ge-
nannt, denselben Formwert darstellt wie
seine Eingrenzung, das bearbeitete Material“,
was Westheim als ein ganz besonderes Ver-
dienst ausposaunt, ist schon da in Archi-
penkos „Boxe“ der Sammlung Magnelli
Florenz, die 1913 datiert ist (abgebildet in
„Soirees de Paris vom 15. Juni 1914). Die

sich kämmende Frau deren Kopf „ausge-
spart“ ist und die durch Verwendung
konkaver Flächen das Problem noch ver-
tieft, seine Lösung konzentriert, stammt aus
1915 und ist nicht die einzige dieser Art
aus dieser Zeit. Dem Jahre 1916 entstammen
die kleinen Terrakottastatuetten, die das
Archipenkoalbum des Verlages Kiepenheuer
abbildet. Die gehende Frau von 1918, die
stehende von 1920 haben das Problem in
reichster Weise erweitert und abgewandelt.
9 Jahre hindurch also lässt sich das Pro-
plem bei Archipenko verfolgen. Schöne
und vollständige Lösungen sind ihm ge-
lungen. Das Ergebnis ist ein Hymnus auf
Belling.
In einer Zeit, da der deutsche Zeitgenosse
mehr denn je auf ausschliesslich deutsche
Informationen angewiesen ist, durfte diese
Bichtigstellung nicht unterbleiben. Herr
Westheim wird sagen, er habe keinen histo-
rischen Abriss schreiben wollen und keiner-
lei Vollständigkeit angestrebt. Aber wenn
ich Westheims Tätigkeit lediglich mit dem
Satz charakterisieren wollte: Er erwies sein
Stilgefühl dadurch, dass er Gedichte Conrad
Ferdinand Meyers — Lehmbruck zuschrieb,
(was doch eine leider nicht wegzuleugnende
Tatsache ist!) würde er sich nicht mit Recht
gegen eine solche Charakterisierungsmethode
wehren?
Dr. Roland Schacht

La Exposiciön
de Emilio Pettoruti
De un pais nuevo, el mäs fßrvido crisol de
razas de la America del Sur, llego Emilio
Pettoruti. Nacido en La Plata, ciudad
argentina, libre, como tantas de America, del
peso muerto de la historia, en ella viviö
casi sus 20 primeros arios el pintor que
ahora expone sus cuadros en el Sturm.
Entero su espiritu, no deformado por la
tradiciön abrumadora ni por la costra aca-
dömica que se agarra al alma de los artistas
incipientes, saliö de su ciudad y emprendiö
el viaje a Italia, colocada bajo el meridiano
artistico que sirve de orientaciön a todos
los artistas del mundo. Y durante los 9
anos que dura su permanencia en Italia,
Pettoruti, que no tiene que luchar con el
fardo acadömico, porque no recibiö ensenan-


 
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