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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 14.1923

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Fünftes Heft
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Walden, Herwarth: Sinn und Sinne
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Momberg, Harald Landt: Røg
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https://doi.org/10.11588/diglit.47213#0084

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das Moskauer Kammertheäler nicht natürlich
spielt. Auch er kennt die Entwicklung,
nämlich, „dass die Entwicklung der wahrhaft
dramatischen Kunst andere Wege suchen
muss“. Herr Engel hat sich unentwirrbar
in sein persönliches Kunstknäuel verwickelt,
trotzdem bewundert er „eine flügelweite op-
tische Phantasie“. Die wird Herr Stahl nun
wieder für unnatürlich halten. Und Herr
Engel ist wenigstens klüger als der blinde
Seher des Tageblatts, indem er mit einem
gewissen Grad von Bonhomie gegen sich
selbst äussert: „Man tut nicht schlecht daran,
diese Dinge nur abwartend — beschreibend
zu begleiten.“
*
Man tut besser daran, die Trompeten blasen
zu lassen. Nach den Bühnen-Versuchen von
William Wauer und Lothar Schreyer ist das
Moskauer Kammertheater das einzige
Theater Europas. Wenn deutsche Geldleute
und Berliner Kritiker nicht so blind wären,
hätte durch diese deutschen Künstler Berlin
das gehabt, was Moskau jetzt vorbildlich in
Berlin gezeigt hat. Der Name dieses Künst-
lers aus Russland ist Tairoff. Er bildet
mit absoluten optischen und akustischen
Mitteln das organische Schauspiel. Er
kümmert sich weder um Literatur noch
um Psychologie, die als Erfahrungsfest-
stellungen nichts mit Kunst zu tun haben.
Er überlässt die beliebten seelischen Aus-
deutungen dem Beschauer, wie es die
Natur in ihrem unbegreiflichen Mangel an
Interesse für literar-psychologische Wichtig-
keiten gleichfalls zu tun pflegt. Planeten
interessieren sich nun einmal nicht für
Gesellschaftsunordnung und Weltsauwirt-
schaft. Künstler wie Alice Koonen, Nikolai
Zeretelli und Wladimir Sokoloff sind nicht
zum Zweck der Stimmung oder Verstimmung
menschlicher Lebewesen vorhanden. Es
hat auch keinen Zweck, beschreibend zu
begleiten. Zweck hat es, die Trompeten
zu blasen. Posaunen und die Tuben. Damit
die Lesenden zu schreiben aufhören und
die Schreibenden zu lesen. Damit sie auf-
hören. Hören. Und sehen. Hier ist das
Spiel durch die Sinne zum Sinnen. Die
Kultur ist für die Sinnlichkeit. Worunter
sie einen Schlafzimmerschmarren von Herrn
Schnitzler versteht. Ohne Dessous einer
Weltfirma. Unter solcher Sinnlichkeit firmiert
in dieser grossartigen Kultur die Welt. Eine

Kuitur, gemacht von Leuten, die Dessus für
Dessous halten und denen Dessous das Le-
ben der Sinne ist. Sie schreiben, statt zu
sehen und sie lesen, statt zu hören. Und
vor Sehen und Hören vergeht ihnen Sehen
und Hören. Das ist ihnen zu empfindlich
für ihre kultivierten Sinne. Sie sind emp-
findsam geworden. Die Farbe stört ihr
Auge und der Ton ihr Ohr. Sie denken.
Sie denken sich sogar die Kunst. Sie brauchen
sie also garnicht. Sie brauchen also auch
die Sinne nicht. Und trotzdem begehren
die Sinne auf. In jedem Lebewesen. Sie
zwingen «sich über alles Denken fort. Sie
zwingen sich durch alles Handeln und Lassen.
Und nur, wenn die Sinne einer zwingt, der
sich durch sie zwingen lässt, entsteht durch
ihn ein Kunstwerk.
*
Alfred Mombert: „Wanderer, der du dies
liesest bei der Nachtlampe, das wirst du
nie begreifen.“ Wanderer auf der Erde:
Müsst ihr bei der Nachtlampe lesen, müsst
ihr lesen. Seht und hört spielen. Spielt.
Und wenn ihr etwas lernen wollt, lernt
spielen. Spielend leicht ist Kunst.
Her warth Walden

Rog
Harald Landt Momberg
Matoaka
Rärod gyldnes blomstringstid
Powhatans datter
guldbund dufter blidt resedablod
klippeblsest mäne
solsort bläner ojenbrynssilke
solv gräner grelteenkt inskription
Attanoughkomouck
Guarany
Negerkysblodbitter svaelgsug
beblomstrer solvbladede aurikelojne
bly blä styrtes i solraseriets blindfavn
modug lsesker sig tungende
sod saft triumferende
Wagangana du syngende dod
NyamvSsi nyässa usikumuli
masüriga sängu don bäbu dumki
son säni sansanlnku
du
blinker dod i morgenväde tiu-liu-liu-lej!

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