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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 14.1923

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Zwölftes Heft
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Arp, Hans: Der Würfel
DOI Artikel:
Hoffmann, Franz: Gedichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.47213#0218

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die rechten in die linken, von vorn nach
oben, von hinten nach unten; dann fletschte
er abwechselnd je einen Augenzahn und
läuterte so seine rechte Gesichtshälfte, als
ihm plötzlich links im Vorderoberzimmer-
chen ein Blatt auf den Rücken fiel. Das
knallte, wie wenn man eine Tute aufpustet.
Und sie dann knallt. Und sie dann knallt.
Die Tute knallt. Und während der Greis
seine linke Hälfte abschnallt, beginnt es
leise zu lispeln. Einer sagte 4, und 5 er-
hoben sich leise, als 6 hinausgingen. Der
Greis siebte seine Zähne und sonderte die
männlichen von den weiblichen. Da es
aber falsch war, kamen 2 wieder herein
und sagten, dass einer von den 5 hinaus
müsste. Da setzten sich die 5 nieder und
würfelten wieder mit der Kugel. Der
Würfel zeigte all seine 6 Würfelaugen,
durcheinandergewürfelt, und so wurden es
draussen siebfp.
Da warf der Greis einen Zahn dazwischen —
und die 2 beruhigten einander und began-
nen zu zählen. Zuerst sich, dann sich und
den anderen, dann sich und den anderen
und den Zahn, dann sich und den anderen
und den Zahn und die vier Beine von den
5 am Tisch. Und sie zählten bis hundert.
Dann bis 101. Darauf bis Tausend. Immer
von einer Einheit rückwärts, bis sie zur
Zahl 2/» kamen.
Da rief der Greis: „Halt“. Er zog den
Kasten heraus, wuchs jünger und jünger
und wuchs und wuchs, bis er klein war
wie die 2 hinten. Die konnten nun nichts
mehr sehen und bestiegen deshalb seine
hinteren Ausbeulen. Und wie sie ihn auch
um das Reibeisen baten, der Greis blieb
hart und legte das Reibeisen in den Kasten
unter die 4 — als die 5 hinausgegangen
waren.
Der Greis rief: „Halt“ und betonte in einer
Rede, die wie mit dem Reibeisen inein-
andergeschachtelt zu sein schien, dass wir
zur Klarheit gelangen müssen. Die Tute
war ihm sehr prognom dabei. Ohne an
die Tute zu knallen setzten 6 ihren Weg
über 5 zu 4 fort, bis einer es ihm sagen
konnte. Der sagte 2 mal prognom, 3 mal
prognom bis er endlich popognom sagte.
Und hier war er am rechten Fleck. Der
Greis setzte seine Zähne, einen nach dem
anderen an den Popo der Gnom, bis der
Kasten voll geschachtelt war.

Wäre dies ein Märchen, so würden die
Gnome mit dem Gnomon die Eier entlang
messen. Aber so räusperte der Greis seine
Zähne, denn er stand schon auf dem Boden
der Wirklichkeit. Da es aber mathematisch
keine geraden Zahlen gibt, gibt es auch
keine Ungraden.
Die Menge schlug nun vor, dass man nun
den Greis zu sechs mit der Schlüsselzahl
zu. multiplizieren habe. Da er aber jung
gewachsen war, wuchs er jetzt alt und
wuchs älter und wuchs älter, bis er gross
war wie die Schlüsselzahl, mit der er nun
bequem quadriert werden konnte. Man
erhob ihn zum Würfel, denn der Würfel
ist eine Kugel mit etwa sechs abgeplatteten
Globen.
Nun wimmelte es von Greisen, die aus
ihren Zahnwurzeln die Quadratwurzeln
zogen. So wurde aus dem zum Würfel
erhobenen Greise der ineinandergewürfelte
würfelförmige Raum, in dem mit der Kugel
gewürfelt worden war, und in dem sich
dieses ganze Schachtelsystem dargestellt
hatte. So kommen wir wieder zum Anfang
zurück, wo sich Raum und Zeit ineinander
schachteln.
Moral:
Wenn 4 vier Stunden von 4 entfernt sind
und 4 rechtzeitig erreichen wollen, so läuft
jeder von den 4 am besten 3 Stunden und
trägt die anderen 2. Es dauert natürlich
nur 3 Stunden, wenn es 2 sind und 2 Stun-
den, wenn es einer ist. Sehr angenehm ist
es, wenn es keiner ist.
Kurt Schwitters und Hans Arp


Gedichte
Franz Hoffmann
Lustbögen
Lustbögen Erden-Wunder
Menschen Sonnen Sterne
Lustbögen dunkel schweift die Nacht
Lustbögen Tages Himmelsblüte
Lustbögen Sommer
Sommererde
spielende gleitende rausche Bögen
Landschaften Meere
Lustbögen o Blicksilberfluten
hochaufrauscht ein Prangen
 
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