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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 14.1923

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Achtes Heft
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Walden, Herwarth: Rudolf Blümner zum fünfzigsten Geburtstag: Bekenntnisse und Erkenntnisse
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https://doi.org/10.11588/diglit.47213#0137

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DER STURM
MONATSSCHRIFT / HERAUSGEBER: HERWARTH WALDEN

Rudolf Blümner zum fünfzigsten Geburtstag
Bekenntnisse und Erkenntnisse

Vor fünfzig Jahren wurde ein Mensch ge-
boren, den ich seit zwanzig Jahren liebe
und der mich seit zwanzig Jahren liebt.
Ich bekenne mich zu ihm, wie er sich zu
mir bekennt Wir sind Freunde. Freunde
trotz täglichem Umgang. Deshalb habe
ich das Recht, ihm ein Mal zu setzen, das
über unser Denken geht. Das über unser
Fühlen kommt. Ein Denkmal über Vieler
Gehen und Kommen.
Warum soll man das Denkmal nicht vor
das Leben setzen. Ist das Leben nicht zu
denken wert, ist das Leben nicht zu danken
wert, dann ist das Leben nicht wert, gelebt
zu sein.
Der fünfzigste Geburtstag ist ein äusserer
Anlass, sagen die Reichen im Geiste. Und
ist die Geburt nicht ein äusserer Anlass.
Ist irgend etwas innen, was aussen zu
lassen ist. Tun nicht die meisten aussen,
was innen zu lassen ist. Lassen nicht die
meisten innen, was aussen zu tun ist. Hier
ist ein Mensch, dessen Tun Tun und dessen
Lassen Lassen ist. Aussen zu innen«. Innen
zu aussen. Ein Mensch.

Freundschaft ist Pflicht. Liebe Treue.
Pflicht ist die Erkenntnis des Tuns und
des Lassens im Verhältnis zu den Anderen,
Freundschaft die gleiche Stufe dieser Er-
kenntnis.
Liebe ist das Bekenntnis für einen An-
deren. Das Tun zu lassen oder das
Lassen zu tun. Treue ist die Dauer des
Bekenntnisses.
Die Liebe opfert sich, sie stirbt.
Die Freundschaft opfert, aber nicht sich.
Sie lebt.
Freundschaft wird Liebe, Liebe nie Freund-
schaft.
Rudolf Blümner ist der Mensch der
Pflicht. Der Freund der Pflicht. Sein
Leben geht vom Bekennen zum Erkennen
und vom Erkennen zum Bekennen. Nicht
mit einer Tat, nicht mit einem Wort ist er
je hinter sich geblieben.
Rudolf Blümner suchte das Recht. Und
als er es erkannte, verliess er den Beruf,
Recht zu sprechen.
 
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