Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 14.1923

DOI Heft:
Sechstes Heft
DOI Artikel:
Lacour-Torrup, Ingeborg: Gedichte
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47213#0102

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Und alle Tage sinken in die letzte Nacht
Und alle sind wir wegesmüde — lieber
Tod.
Nun strömen alle hellen Wasser in das
Schweigen
Nun fallen alle hellen Sterne in die Tiefen
Nun steigen alle Nebel in die hellen Sonnen
Nun stehen alle unsre Welten — unsre
Welten
Noch müde schwingen Pendel sanfte Schläge
Nun stehen Herzen alle Herzen
*
Hoch glänzt das Sterben
Bäume blühen
Frühling
Blühen
Heben fromme Kerzen in die Nacht
Weich weht ein Wind
Hoch glänzt das Sterben
Tiefe schwankt
Und flutet satt
Und Fluten sanften Tiefe
Sanften satt
Und schwankt
Hoch glänzt das Sterben
Wolken sammeln
Schrecken Sterne
Im Dunkel lugt ein Auge bang
Und späht
Verstohlen lugt ein Auge
Späht nach mir
Mir nach
Schluchzt wo ein Mund
Ganz fern
Schluchzt wo
Ganz nah
Mir nah
Und mir
Das Auge kreist in meiner Brust
Schluchzt mir im Ohr ein Mund
Und Schatten schreiten
Und schreiten lange Schatten
Schreiten
Komm
Hoch glänzt das Sterben
Die frommen Bäume blühen
Und halten stille Kerzen
Tiefe schwankt
Weich weht ein Wind
O meine Erde
¥

Erlöst
Ein Schrei springt hoch
Nun rauschen die Quellen
Rauschen
Und schreien
Nun flattern die Flammen
Hoch höher und höher
Wut jauchzen die Winde
Und peitschen verlachen
Hoch höher und höher
Und schreien
Schreien
Das Schreien wächst
Jagt um die Erde
Jagt wirbeln die Lüfte
Wirbeln nun Wasser und Feuer und Erde
Das Schreien wächst
Und
Sterne zerwimmern
Stürzen wir stürzen
Die Himmel stürzen
Schweben wir schweben
Und stille nun stille
Die Quellen zerrauschen
Die Winde zerhallen
Zerfallen die Flammen
Und stille nun stille
Die Welten verstarren
Die Zeiten vereisen
Blau wölben Weiten
Und stille nun stille
Blau wölben Weiten
Wir schweben
Verschwebt
Zum Nachgesang von Her warth Walden
Lallen Laute Klage suchten
Flattern Schwermut schwanken tropfen
Wehen weiche müde Singsang
Wiegen Wehmut falle Schauer
Taumeln Töne
Taumeln taumeln
Strömen wehweich wilde Tiefen
Schwillen stöhnen drohe Meere
Windwogweite rauschen rollen
Branden dröhnen dumpfen grollen
Brollen brausen nahen näher
Näher näher Meere Meere
Schluchzen wildwogwuchte Meere
Meere Meere
Giert die Klage
Tost die weit um wilde Klage

82
 
Annotationen