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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (1) — 1919

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Nr. 11 - Nr. 20 (13. Oktober - 23. Oktober)
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Bayern.
München, den 20. Olt.
Zu dem Prozeß betr. die Ermordung der 21
Mitglieder des katholischen Gesellenvereins
Lurch die Reichswehr, der gestern vor dem Münchener Volks-
gericht begann, wird uns geschrieben:
Diesmal handelt es sich um die Tötung von 21 Mit-
gliedern des katholischen Gesellenvereins als vermeindliche
Spartakisten durch Angehörige der Reichswehr.
Nachdem München in den ersten Maitagen durch bayrische
Truppen und preußische Truppen der Reichswehr besetzt
und die kurze, für München so verhängnisvolle Räteherr-
schast gestürtzt worden war, wurde noch fortgesetzt von Dächern
und aus Hinterhalten auf die Reichswehrtruppen geschossen
und so mancher Soldat fand bei diesen.heimtückigen Über-
fällen den Tod. Dadurch hatte sich der Truppen eine
furchtbare Wut gegen alles, was des Spartakismus ver-
dächtig erschien, bemächtigt. Am Abend des 6. Mai lief
beim Regiment Alexander von der Gardeschützenbrigade die
Meldung ein, daß ein katholischer Gesellenverein in der
Augustusstraße eine heimliche Versammlung abhielt. Auf
Befehl des Hauptmanns von Alt-Stutterheim von der ersten
Kompagnie wurde Offizierstellvertreter Paul Priebe mit
einem Kommandosoldatsn abgefandt, um das Spartakisten-
nest auszuheben. Man fand dort 26 Personen versammelt,
die in Wirklichkeit aber keine Spartakisten, sondern harm-
lose Vorstandsmitglieder des katholischen Gesellenvereins
waren und die Vereinsangelegenheiten besprachen. Ihre
Versicherung, daß sie keine Spartakisten seien, blieben unbe-
achtet.
Der Führer der Soldaten ordnete ihre Abführung nach
dem Wachtlokal, Karolinenplatz 8, an, wo sie in den im
Keller gelegenen Haftraum geführt werden sollten. Die
Festnahme und Abführung vollzog sich schon unter schweren
Mißhandlungen. Unterwegs schlossen sich dem Transporte
sehr viele Soldaten an, die sich auch an der Mißhandlung
beteiligten. Die Erbitterungen der Soldaten wuchs, als
unterwegs plötzlich ein Schuß fiel, durch den ein Sanitäts-
soldat von der Reichswehr getötet wurde. Dieser Schuß
wurde von der Soldatenmenge den Verhafteten zugeschrieben.
Der inzwischen zu dem Transport gestoßene Hauptmann
von Alt-Stutterheim bemühte sich, die vor Wut schäumenden
Soldaten von weiteren Mißhandlungen abzuhalten. Von
wem der Schuß abgegeben worden ist, konnte ebensowenig
festgestellt werden, wie von welcher Seite die verräterische
falsche Anzeige herstammte.
Mit dem Transport drangen die Soldaten in den
Hofraum des Wachtlokals ein und fielen nun über die an-
geblichen Spartakisten her. Es wurden hier bereits sieben
Gefangene niedergemetzelt. Die Soldaten stürmten den
übrigen Gefangenen, die in den Kellern gerettet werden
konnten, nach und richteten hier ein furchtbares Blutbädern.
Die Gefangenen mußten sich auf Befehl mit dem Gesicht
nach unten auf den Boden legen und es wurde dann blind-
lings auf sie geschossen und eingestochen. Es wurden noch
weitere 14 Personen getötet, sodaß 21 Leute ums Leben
kamen, während die überlebenden 8 Personen zum Teil
sehr schwere Verwundungen erlitten. Als an der Bluttat
beteiligt hat die Anklage vier Soldaten ermittelt: Jakob
Müller, . Konstantin Makowsi, Otto Grabasch
und Fritz Kleiner. Die Anklage gegen sie lautet auf
Vorsätzlichen Totschlag und Totfchlagversuchung, dagegen
nimmt die Anklagebehörde, die Staatsanwalt Dr. Mugler
vertritt, an, daß die Tat ohne Überlegung erfolgt sei. Wie
ein Berserker hat insbesondere der Angeklagte Jakob Müller
gewütet. Auf sein Schuldkonto fallen 14 Tötungen. Zu
der Verhandlung sind 22 Zeugen geladen, sodaß man mit
einer Verhandlungsdauer von zwei bis drei Tagen rechnet.
Die Verteidigung der Angeklagten führen die Rechtsanwälte
Julius Löwenfeld, der auch einer der Verteidiger im ersten
Geiselmordprozeß war, Völk und Stricker. Vorsitzender des
Volksgerichts ist Oberlandesgerichtsrat Hieber. Wir werden
über den Prozeß berichten.

Ausland.
Oesterreich.
Em Hilferuf an das amerikanische Volk.
Wien, 18. Okt. In der heutigen Stadtratssitzung
brachten die Stadträte Täubler, Breitner, Schorsch,
Amalie Seidel, Grün und Siegel folgenden Dringlich-
keitsantrag an:
Wien steht vor einer unabwendbaren Katastrophe,
wie sie gleich grauenvoll nie zuvor eine Großstadt be-
troffen hat und die unter Auflösung der ganzen so-
zialen Ordnung Hunderttausende mit dem Tode
bedroht. Diesen furchtbaren Zusammenbruch vermögen
wir aus eigener Kraft nicht abzuwenden. In diesem
Winter sind wir unbedingt noch aus fremde Hilfe an-
gewiesen. Wenn irgend jemand, so ist Amerika in der
Lage, uns Rettung zu bringen. Es ist kein Zweifel, daß
das amerikanische Volk, wenn es nur wirklich weiß, was
für Wien auf dem Spiele steht, unserem Untergang
nicht untätig zusehen wird. In Erwägung dessen
stellen wir den Antrag, die Gemeinde Wien möge sich
unverzüglich mit einem Aufruf an die Bevölkerung
und das Parlament von Amerika, mit der Bitte
um Hilfe wenden.
Der Antrag wurde einstimmig angenommen.
Frankreich.
Versailles, 20. Okt. (Wolff). Laut „Jntransigeant"
ist General Mangin, der bis jetzt die Okkupationsarmee
in Mainz befehligte, zum Mitglied der Interalliierten
Militärkommission für die Räumung des Baltikums
ernannt worden. General Mangin wird den Vorsitz in der
Kommission führen.
Paris, 20. Okt. (Wolff). Nach Genehmigung der
Amnestieanträge in der Kammer, hielt Deschanel eine
Rede, in der er hervorhob, daß der Augenblick gekommen
sei, welcher die Legislaturperiode des großen, siegreichen
Krieges vollende. Er führte aus: In der unvergleichlichen
Sitzung vom 4. August 1914 hatte sich ganz Frankreich er-
hoben, um den Angriff Deutschlands abzuwehren und den

feierlichen Eid geleistet, mit dem Angreifer nicht zu ver-
handeln bis Belgien befreit und da; Verbrechen 1871 wieder
gutgemacht wäre. Heute ist unser Ziel erfüllt. Die erlösten
Völker find größer aus dem Krieg hervorgegangen. Deschanel
erinnert mit wenigen 'Worten an die von der Kammer
während des Krieges und bei der Beratung des Friedens-
vertrages geleisteten Arbeit. Er gibt der Hoffnung Aus-
druck, daß das Land eine Mehrheit in die Kämmer wählen
werde, die entschlossen sei, nicht zu zerstören sondern aufzu-
bauen. Clemenceau verlas hierauf das Dekret betr. die
Schließung der Legislaturperiode. Die Sitzung wurde um
9 Uhr abends unter dem Rufe „Es lebe die Republik" auf-
gehoben.
Die „Gazette des Ardennes".
Paris, 19. Okt. (Woiff.) Havas. Das Kriegsgericht fällte
über die Personen, welche an der Redaktion und Administrativ»
der „Gazette des Ar denn es" teilgenommen hatten und
wegen Einverständnis mit dem Feinde verhaftet worden waren,
das Urteil. Es verurteilte den Sous-Leutnant Herwegs)
und Heinrich Leverne zum Tode, Masse und de la
Fontaine zu siebenjähriger Zwangsarbeit, Mablye,
Dubois, Favrillez und Lesers sowie die Frauen Ivonne
Viez und Georgette Lesers zu fünf Jahren Zwangsar-
beit. Henry de Gronckel wurde in contumagiam zum Tode
verurteilt, Louis Boucher und Frau Bechtel wurden frei-
gesprochen.
Italien.
Rom, 20. Okt. (Wolff). Agenzia Stefani. In einem
Briefe des früheren Ministerpräsidenten Salandra an
seine Wähler weist er die von Giolitti in Gronero am
12. Oktober gemachten Aussagen zurück und schiebt ihm die
Verantwortung für die mangelhafte Ausrüstung der italieni-
schen Armee bei Kriegsausbruch zu. In Bezug auf den
Londoner Pakt bemängelt Salandra die Klauseln, die Fiume
den Kroaten zuteilen, erinnert aber dann daran, daß eine
völlige Auflösung Österreich-Ungarns gar nicht im Sinne
der Alliierten lag, die Politik vielmehr 1917 bis 1918 dahin
ging, Osterreich-Ungarn zu retten und wieder aufzurichten,
vorausgesetzt, daß es sich dem deutschen Einfluß entziehe.
Der Badische Landtag
hat gestern seine Beratungen mit der Sitzungsperiode
1919—20 begonnen. Ursprünglich war die Einberufung des Land-
tags aus den 4. November vorgesehen. Da die Staatsarbeiter und
Beamten auf die Gewährung einer Beschaffungszulage drängten,
um noch rechtzeitig die notwendigen Wintervorräte beschaffen zu
können, hat die sozialdemvtratifche Fraktion die frühere Einberu-
fung des Landtags verlangt.
Da eine neue Sitzungsperiode begonnen hat, mutzte sich dec
Landtag zunächst neu konstituieren. Bei der Wahl des Präsidiums
wurden die seitherigen Mitglieder wiedergewählt. Bei der Wahl
der Ausschüße brachten die einzelnen Fraktionschefs ihre Frak-
tionsmitglieder in Vorschlag. Bei dieser trockenen „Arbeit" sorgte
der deutsch-nationale Führer, Oberkirchenrat
Mayer-Karlsruhe, für einen'heiteren Moment. Als er den
Vorschlag seiner Fraktion für den Verfassungsausschutz bekanntgab,
hat er in der Hitze des Gefechts unseren Genossen Maier-Hei-
delberg statt seiner Person als Vertreter der
Deutsch-Nationalen in Vorschlag gebracht. Diese
Verwechselung hat natürlich große Heiterkeit erregt. Es war wirk-
lich zum Lochen, daß ausgerechnet der Abg. Maier-HSkdelberg bei
den Alldeutschen derartig hoch im Kurse stehen sollte!
Zum Schlüsse wurde eine von der sozialdemokratischen Frak-
tion und der Zentrumsfraktioa eingereichte „förmliche Anfrage"
(früher Interpellation) über die Obstversorgung behandelt.
Am Mittwoch nachmittag wird der Haushaltungsausjchutz zu
der Beschaffungszulage Stellung nehmen, so daß voraussichtlich
Anfang nächster Woche das Plenum wieder zusammentritt. Kn.
Sitzungsbericht.
t. öffentliche Sitzung.
gr. Karlsruhe, 21. Okt.
Der bisherige Präsident Kopf eröffnet die Sitzung um 10.30 Uhr.
Der Präsident macht darauf aufmerksam, daß die alte Sitzungsperiode
am 15. Oktober erloschen ist und -iöffnet gemäß der Verfassung die neue
Sitzungsperiode, indem er die Abgeordneten lebhaft begrüßt. Die
Lagedes deutschen Volkes h.che sich feit drc letzten Sitzung am 1. August
nicht gebessert, eher verschlechtert. Noch herrsche das Streikfieber und
der Hunger, sodaß wir dem härtesten Wmter entgegensehen. Große Ver-
änderung bringt uns llebergang der Reichseisenbahnen und der Steuern
an das Reich. Unsere Stellung wird vermmbmtt wir werden immer mehr
eine Provinz des Reiches Hieraus crgll l fick die Notwendigkeit des
Sparens. Den Anlaß zur Einberufung des Landtags gab eine Petition,
die uns weiter beschäftigen wird. Da das Budget noch nicht fertig ist,
werbe der Landtag vorerst nicht allzu häufig zusammentreten. Mit
Gottvertrauen wollen wir an die Arbeit gehen!
Es erfolgt die
Wahl des gesamten Präsidiums.
Abg. Dr. Schvser (Ztr.) schlägt gemäß vorgenommener Absprache
vor, die Wahl durch Zuruf vvrzunehmen. Der Vorschlag wird ange-
nommen.
Das bisherige Präsidium wird wiedcrgewähli, sodaß seine Zusam-
mensetzung wieder ist:
Abg. Kops (Ztr.) Präsident des Landtags.
Abg. Maier-Heidelberg (Soz.) 1. Vizepräsident.
Abg. Muser (Dem.) 2. Vizepräsident.
Durch Zuruf erfolgt auch die Wahl der Schriftführer, als die ge-
wählt werden: v. Gleichenstein (Ztr.), Richter' (Soz.), Kölbim (Dem.),
Mayer (D.N.).
Alsdann wir die
Bildung der ständigen Ausschüsse
vorgenommen. Sie erfolgt gemäß den Vorschlägen mit folgender Zu-
sammensetzung.
Ausschuß sür den Staatshaushalt von den Sozialdemokra-
ten: die Abg. Maier-Heidelberg, Stockjnger, Hahn, Fleig, Marum,
Weißmann, vom Zentrum: die Abgg. Görlacher, Hartmann, Köh-
ler, Schofel, Seubert und Weißhaupt; von''den Demokraten: die
Abgg. Göhring, Ihrig, König und Neck; von den Deutschnation a-
l e n: Habermehl.
Ausschuß für Gesuche und Beschwerden von den Sozialdemo-
kraten: die Abgg. Arnold, Regenscheit, Krischbach, Kurz, Horter, Roth;
vom Zentrum: die Abgg. Älbietz, Last, Schell, Seubert, Ziegel-
meyer-Langenbrücken; von den Demokraten: die Abgg. Fehn, Nie-
derbühl, Odenwald und Bielhauer; von den Deutschnationalen:
Abg. Fischer-Lahr.
Ausschuß für Eisenbahnen mb Straßen von den Sozialdemo-
kraten: die Abgg. Meliert, Fleig, Wehner, Arnold, Stockinger, Häßig;
vom Zentrum die Abgg. Belzer, Duffner, Engelhardt, Martin und
Straub; von den Demokraten: die Abgg. Herbster, Kölblin, Hoff-
mann und Mafia; von den Deutsch nationalen: Abg. Hertle.
Ausschuß für Geschäftsordnung: von den Sozialdemokraten:
die Abgg. Eugen Geck, Rausch, Großhans, Müller-Baden, Kahn; vom
Zentrum: die Abgg. Belzer, Mast, Otto, Röckel und Wittemann;
von den Demokraten: die Abgg. Mafia, Niederbühl und Schäffer;
von den De^vtschnationaien: Abg. Schöpfte.
Ausschuß für Rechtspflege und Verwaltung von den Sozial-
demokraten: die Abgg. Eugen Geck, Rausch, Richter, Strobel, We-
ber-Durlach, Müller-Schopfheim; vom Zentrum: die Abgg. Hedrig,
Schneider-Heidelberg, Dierneisel, Wittemann und Wiedemann; von den

Dcmo'krüten: die Abgg. Dr. Leser, Schneider-Emmendingen, Schön i
und Vogel; von den Deutsch rationalen: Abg. Mager.
Vcrsafiungsausschutz von der S o z i - i d c m o k r a t e n: die Abgg- i
Martzlosf, Kraus, Maier-Heidelberg, Marum, Weißmann, Königsber-
ger, Frau Fischer-Kattsruhe; vom Zentrum: die Abgg. - Dernauer,
Beierle, Dr. Schäfer, Straub, Zregelmener-Oderkirch; von' den Demo-
kraten: die Dr. Glöckner, Dr. Gotheist, D. Holdcrmann, Muser und
Schön; von den DcUtschnationalcn: Abg. Mayer-Karlsruhe.
Der Ausschuß der Vertrauensmänner ergibt folgende Zusammen-
setzung: von den Sozialdemokraten: Maier-Heidelberg, Marum,
Weißmann; vom Zentrum: Kopf, Wittemann, Schoser; von den De-
mokraten: König, Ihrig; von D e u l s ch n a t i ö n a l e n: Mayer-
Karlsruhe.
Im Eingang befindet sich eine Reihe Petitionen von Beamtengrup-
pen usf., darunter auch das Ersuch des Verbandes des deutschen Ber-
kehrspersonals, Gau Baden, um Gewährung einer Beschafsungszuiage
an die Beamten und Arbeiter der badischen Staatseiscnbahnen. Ferner
gingen ein verschiedene Petitionen betr. Heimstättengesetz, betr. Frei-
gabe der Angelfischerci, betr. Vergemeindlichung der.Kinos, betr. Land-
wirtschastskammer-Geseh, betr. Fachausbildung sür Hdusangestellte, der-
militärische Gerichtsbarkeit, betr. Kampf gegen Wucher- u. Schiebertum-
Präsident Kopf teilt mit, daß der neue Direktor des Landtagsar-
chivs, Herr Hochschild, seinen Dienst am 1. Oktober und der neue Sekre-
tär, Herr Hoch, seinen Dienst am 20. Oktober antrat.
Minister des Innern Remmele legt den Entwurf eines Gesetzes
betr. Aendcrnng des Lcmdwirtschaftskammergejctzcs vor, das die Wahlen
zur Landwirtschastskammer unserer Zeit anpassen soll.
Finanznsinistcr Wirth teilt mit, daß er eine Darstellung der von
der badischen Regierung getroffenen Maßnahmen sür die Beamten mb
Stoatsarbeiler für 1918 und 1919 vorgclegt habe.
Präsident Kopf teilt mit, daß die Abgg. Marianne Weber (Dem.)
und Lulle Kräuter (Soz.) ihre Mandate niederlegtcn, wosür Abg. Viel-
hauer (Dem.) und Abg. Häßig (Soz.) in den Landtag eintreten.
Abg. Schoser (Ztr.) wünscht, daß seine Interpellation über die
Obstversorgung sowie Wahrung der badischen Interessen bei der Bil-
dung der Reichssinanzämter möglichst bald behandelt werde.
Minister des Innern Remmele ist bereit, die Interpellationen
sofort zu beantworten.
Nach kurzer Geschästsordnungsdebatie wird beschlossen, sofort die
Antwort des Ministers über die

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Interpellation zur Obstversorgung
entgegenzunehmcn, die Besprechung jedoch in der nächsten Sitzung vor-
zunehmen.
Hierzu l egt vom Zentrum eine förmliche Anfrage vor, aus wel-
chem Grunde die Zwangsbewirrschaftung des Obstes wieder eingefühtt
worden sei; ferner eine solche der Sozialdemokraten, was die Re-
gierung zu tun gedenke, um das Mostobst zur gleichmäßigen Verteilung
zub ringen.
Minister Remmele: Aus Grund der reichsgcsctzlichen Bestim-
mungen haben wir eine Zwangswirtschaft sür Obst und Gemüse nicht
mehr. Ls stellten sich jedoch die gleichen unerträglichen Erscheinungen
ein wie bei der Freigabe anderer Artikel. Es entstand eine starke Prei^
treiberei Es zeigte fick in jeder Hinsicht, daß die Zeit zur Freigabe noch
nicht reif war. Mit Höchst- und Richtpreisen war nichts getan, da dies
ein Schlag ins Wasser war. Dir Regierung mußte daher oingreifeN-
Sic faßte daher den Beschluß, das Herbstobsi in gewissen Grenzen, del
Zwongsbcwirtschastung zu unterwerfen. Hierzu benutzte die bereits
bestehende Badische Obstverwcrt.iugsgcsellschait, die eine Vertrauens-
organisation der badischen Landwirte, Landwirtschastskammer, Bauern-
vereine, ist. Der Regierung sind die Angriffe gegen die Obstverwc-r-
tungsgesellschast bökannl. Eine andere Organisation zur Erledigung btt
Obstgeschäste bestand aber nicht. Die Obstvcrwertungsgescllschaft arbei-
tet selbstverständlich mit einer großen Anzahl von Aufkäufern, Aufkäui-V
denen unreelle Handlungen nachgewiesen wurden, sind entfernt wordeN-
Die Kommunalverbändc wurden angewiesen, den Ankaufspreisen ent-
sprechende Höchstpreise sestzusetzen. Hierdurch erreichten wir, daß
Fruchtmärtte gut beschickt wurden. Bei den in letzter Zeit sorgen >M-
menen Razzias nach Obst wurden zahlreiche Befcklagnahmungen vorgc-
nommcn. Man muß schon sagen, oaß wir eine Mostpsychose in BadfS
haben. Es ist unmöglich, da alle Wünsche zu befriedigen, da heute vif'
mehr Most gekellert wird als früher. Die Sendung an Bergcnthal
Berlin, der sich als.zuverlässig erwies, gingen mit unserer Genehmig»^
vor sich. Winterobst wurde hierbei nicht ausgejührt. Im übrigen wlü'
den hierüber zurzeit Erhebungen gemacht, deren Ergebnis bekannt
macht wird. Wir sind daran, Mostobst von der Schweiz auszukaust-
und einzusühren, wie dies früher geschah, doa- versagte uns bisher dsi
Re'chsregierung hierzu die Erlaubnis. Die Regierung tut was sie kaM'
alle.Ansprüche lassen sich aber nicht befriedigen.
Bon den Demokraten ist roch eine weitere Mostobstsrage cing"
gangen. »
Minister Remmele teilt hierzu ergänzend noch mit, daß
dem 28. September kein Obst mehr aus Baden hinausging und zu»o
ging nur Frühobst hinaus, kein Mostobst und lein Herbstobsi. In
Obst'rage irr-den mit Absicht unrichtige Angaben in das Land yina^
gestreut. Wir müssen auch daran denken, daß wenn wir von No"',
oeusickl md Kohlen wollen, wir etwas dagegen liefern müssen. Auch
brauchen wir fürs In- und Ausland Waren als Kompensation.
wir ünd ai.tzongig von andern Ländern. ,,
Abg Ihrig (Dem.) erklärt, daß in der Anfrage seiner Fcakll"
kein Mißtrauen gegen die badische Regierung gelegen habe.
Die Best rcärung der Interpellation folgt in der nächsten Sitzung-,
Finanzmmister Wirth tritt im Anschlüsse daran mit, daß die
sukr von Koisicn sr gering sei, daß vom nächsten Sonntag an der
1agsverk"kr au öeu badischen Babnen eingestellt werde. Ob wir n-/,
gehen müüen, wisst: wir noch mäst. Wir Huben nur noch für wes'»,
Tag-: Kohlen, was zur Ergänzung der Ausführungen des Kollege» W"
melr, wie m iwcnd'g wir die anderen brauchen, dienen möge. ß
st rasideltt tt ojf — teilt versehentlich naasträglich — noch nur, S,
er die Mahl als Präsident, wie auch seine Kollegen im Präsidium d»
kend ünnedme.
Tagk-rid! una und Termin der nächsten Sitzung wird der Präi^lls
rwh bekannt geben »vermutlich yndet sie am Mittwoch, 29. Oktober m
Schluß sei Est'nng 12 Ühr.

e.

KsMwunales.
Gemeinderatssitzung in Evpelheim vom 18. Oktober. Zur 3^
derung des Obstbaues wurde Obstbaulehrer Brücker aus Ladenburg/
Rate gezogen. Allen Bäumen werden Klebgürtel angelegt. Für M
Pflanzung werden 90 Obstbäume aus Heddesbach bezogen. — Zur 4^,
nähme des Grenzhofweges als Kreisweg wurde der Anteil der
meinde Eppelheim auf 14 Ml Mark berechnet. Die Gemeinde
ihren Anteil selbst in besseren Zustand. — Bon einem Schreiben
Tünchermeister Karl Gabler und Karl Beß wegen Vergebung P
Tüncherarbeiten in der Gemeinde wird Kenntnis genommen und vA-
die Baukommission beantwortet. — Zum Ankauf je eines Grundsm,-
von der Ev. Pflege Schönau und Fritz Nägele von der Kath.
schaffnei wird ei nAngebot gemacht. Bei Nichtzusage wird das -----
eignungsverfahren zu 2.50 Mk. der Quadratmeter wie das SieMA-
gelände beantragt. — Notstandsarbeiten, Kanalisation und Dam
tung für die Siedelungsstraße wird an die Baukommission verwiese^-
Ein Schulkeller im alten Schulhaus wurde für ein Jahr um 60 M>-LL
Lorenz Wittmann vermietet. — Dem Verkauf des Wohnhauses von/)!
Leidig zum Preis von 23 000 Mk. und der Wirtschaft zum „Hirsch ml
Fritz Fieber um 44 250 Mk. stehen keine gemeinwirtschastliche Intt^
entgegen. — Verschiedene Rechnungen wurden angewiesen. ForderUb^
an die Gemeinde sollen jeden Monat pingereicht werden. — Die
sterreparaturen der Gemeindehäuser am Wieblinger Weg und a//
Hauptstraße wurden an Schreiner Wesch vergeben. — Einem //ö
zum Bürgerrecht hier für Schreiner Wilhelm Müller wurde zugem hi<
— In der letzten Ortsschulratssitzuna wurde aus den Bewerbern stO,
Hauptlehrer Wilhelm Gammer in Schwanheim in Vorschlag gebrn^ /
):( Die Gemeinbebeamten in Eppingen stehen zur Zeit in //
Kampfe mit der Gemeindeverwaltung. In Anbetracht der
Lebenshaltung haben sie um eine Erhöhung ihrer Bezug hsi
beten, dazu mehrere Entwürfe »ingereich tund nun soll von allen si
Entwurf angenommen werden, der nicht von ihnen stammt und 0°-»/
sie der ungünstigste ist. Wenn er nur dem Prinzip der progrff/ö
Steigerung nach unten gerecht würde, so würde sich darüber st
lasten und die tatsächliche Notlage der Beamten und Angestellte:^«
unteren Gehaltsstufen könnte, einigermaßen gelindert werden.
geben nkuß allerdings werden, daß Eppingen schon im Frühjahr.. st
neuen Gehaltstarif eingeführt hat und daß er in der Normierin^'
Bezüge mit an der Spitze der mittleren und kleineren Städte j
 
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