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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (1) — 1919

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Nr. 31 - Nr. 40 (5. November - 15. November)
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Heiöelbsrg, MitiVsch, S. Novsmösr ^S-19
Ar. 31 -- -1. Iahrgang

einsetzen müsse!'., um unsere spärlichen Kraft- und Rohstoff-
quellen so sparsam und nutzbringend wie möglich zu ver-
werten. Im Landtag haben letzteres einzelne Abgeordnete
schon vor einem halben Jahr gefordert. Doch die Reden
find verhallt, die Wirtschaftliche Ziellosigkeit ist ge-
blieben. Wird es endlich anders werden oder ist es
schon zu spät?
Ioh. Ksenigsberger, Abg. des bad. Landtags.

'Lagesreikmg für tzie werktätige Bevölkerung -er Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Ginsheim, Sppi«gerr,.Eberbach, Mosbach, Buchen, Adelsheim- BsMrg,
TaAbstSischofshsim und Wertheim.

Verantwort!.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft u. Feuilleton: Dr.
E. Kraus; für Kommunales u. soziale Rundschau: I. Kahn; für Lokales:
O. Gelbe!; für die Anzeigen: H. Hoffmann, sämtlich in Heidelberg.
Druck und Verlag der Llnterbadischen Verlagsanstalt G. m. b. H., Heidelberg.
Geschäftsstelle: Schröderstraße3d. Fernsprecher 2648.
Geschäftsstunden: 8—'Hs Lhr. Sprechstunden der Redaktion: 'M.42 Uhr.

Der Kampfruf der französischen Sozialisten.

Wirtschaftliches.
Preiswucher.
Berlin, 2. Nov. (W.T.B.) Die Zündholzindustrie-Gesell-
schaft m. b. H. gibt bekannt: Trotz des gesetzlich festgelegten Höchst-
preises von 1.30 Mk. für ein Paket gleich 10 Schachteln Zündhölzer
inländischer oder ausländischer Erzeugung werden den Verbrauchern
immer noch höhere Preise abverlangt.
Die Verbraucher tonnen sich gegen derartige Ausbeutung nur
schützen, wenn sie die Zahlung eines Preises über 1.30 Mk. glatt
verweigern und die Verkäufer zur Anzeige bringen.
Die Interessen-Vertretung der deutschen Zündholzindustrie, die
Zündhvlzindustrie-Gesellschaft m. b. H. in Berlin W. 50, Kur-
fürstendamm 229, verfolgt alle ihr gemeldeten Fälle auf gericht-
lichem Wege.

Die Untersuchung über die
Schuldfrage.
Berlin, Z, Npyembn"'
5. öffentliche Sitzung.
Der zweite Unterausschuß des parlamentarischen ll n t e r s u ch u n g s -
aus schuss es setzte heute seine Verhandlungen fort.
Vorsitzender Abg. Warmuth vereidigt zunächst den früyeren
deutschen Gesandten in Bern v. Romberg, der als Sachverständiger
vernommen werden soll, und bittet dann Herrn v. B ct h m a n n - H o l l-
weg um Auskunft, inwieweit der Rücktritt Bryans die Auf-
fassung des Reichskanzlers über Wilsons Friedensabsichten beeinflusst
Habe, ob dem Botschafter Gerard konkrete Friedensbedingungen mit-
geteilt wurden und ob Baron Burian über die Friedensastion unter-
richtet worden sei.
v o N-B c t h m a n n - Hollwcg : Der Rücktritt Bryans hat ledig-
lich die Skepsis, die sich im weiteren Verlauf bei mir gebildet hat.
noch verstärkt. In meinen häufigen Gesprächen mit Gerard habe
ich ihn im allgemeinen über meine Auffassungen über etwaige Friedens-
bedingungen und meine Stellungnahme zu - Friedcnsprogrammen nicht
im unklaren gelassen. Burian mußte nach unseren Unterredungen völlig
im Klaren darüber sein, baß mir und der deutschen Politik ein Friedens-
appell Wilsons erwünscht war.
Herr von Bethmann wandte sich dann gegen die Vorwürfe, er hätte
durch gleichzeitige Betreibung der beiden Aktionen gegen den Präsiden-
ten ein Doppelspiel gespielt und erklärt: Am 22. November ist der
Botschafter bereits davon unterrichtet worden, baß wir planen, unsere
Friedensb.ereitschast öffentlich zu erklären. Wenn nach der damaligen
Lage in Amerika diese öffentliche Erklärung unserer Verhandlungsbereit-
schaft die Wilsonsche Aktion hätte beeinträchtigen oder seinen guten
Willen stören können, so hätte unser umsichtiger Botschafter auf Grund
seiner genauen Kenntnis der maßgebenden amerikanischen Persönlick-
testen gewiß nicht verfehlt, bringende Warnungen nach Berlin
gelangen zu lassen. Meine ganze Arbeit an der Friedensaktion ist
darauf gerichtet gewesen, den drohenden kl-Bootkricg durch Herbeifüh-
rung einer rechtzeitigen Friedensaktion — die natürlich Aussicht auf Er-
folg versprechen mußte — unnötig zu machen. Es lag also folgende
Situation vor: Unser Friedensangebot war in einer Form abgelehnt
worden, die uns zu der lleberzeugung bringen müßte, daß die Entente
auch auf Wilsons Friedensnvte eine Antwort geben würde, die jede
Basis für annehmbare Verhandlungen ausschließt und daß hiernach
keine Aussicht auf eine Verhandlungsbereitschaft der Entente in abseh-
barer Zeit bestand. Zog unsere Oberste Heeresleitung aus der fest-
gestellten Nichtbereitschaft der. Feinde die Schlüsse, von denen ich am
Freitag gesprochen habe, und ermöglichten mir die Umstände, die ick
gleichfalls auscinandergcsetzt habe, nicht, den U-Bootkrieg zu verhindern,
so war das eine logische Folge der Ereignisse, aber kein Doppelspiel.
Auf eine Frage des Prof. Hoehsch, ob die Reise des Botschafters
Gerard Ende September 1916 als Friedensmission nach Amerika
benutzt worden ist, antwortete Bethmann-Hollweg: Selbstverständlich
konnte ich dem Botschafter keinen Auftrag geben. Sein Vorgehen lag
in seinem freien Willen. Gerard wußte, daß ich kein Annexionist war.
Also im Bilde ist der Botschafter absolut gewesen, daß ich einen Ver-
ständigungsfrieden anstrebte, daß ich maßvolle Kriegsziele verfolgte.
Es erfolgte dann die erste Gegenüberstellung.
Professor Hoctzsch: War Graf Bernstorff der Ansicht, der ame-
rikanische Botschafter sei über die Absichten seiner Regierung nicht genau
informiert?
Graf Bernstorfs: Ich würde nack meinen Erfahrungen anneh-
men, daß Gerard bis zu seiner Reise nach Amerika nicht orientiert war,
sondern daß er erst nach der Reise orientiert war.
von Bethmann-Hollweg: Ich stimme mit der Ansicht des
Grasen Bernstorff, daß Gerard bis zu seiner Reise nicht orientiert war,
völlig überein. Mir scheint, daß dies übereinstimmt mit der Schilderung,
die sonst allgemein vorn Präsidenten Wilson, und wenn ich nicht irre,
auch vom Grafen Bernstorff entworfen worden ist, daß Präsident Wil-
son nicht geneigt war, über seine Absichten über den Kreis seiner aller-
nächsten Vertrauten hinaus Auskunft zu geben.
' Vorsitzender Abg. Warmuth zum Grafen Bernstorfs: Sie hatten
am 22. November telegraphisch von der Absicht, ein Friedensangebot
zu erlaßen, Kenntnis bekommen. Was haben Sic daraufihn veranlaßt?
Bei den Akten befindet sich keine Antwort von Ihnen.
Graf Bernstorfs: Ich habe gar nichts unternommen, bin aber
mit Oberst House fortlaufend in Verbindung gewesen. Ich habe die
Mitteilung vom 22. November als die Ankündigung einer feststehenden
Tatsache angesehen, an der doch nichts mehr zu ändern war. Ich Habe
auch niemals angenommen, daß unser Friedensangebot die Vermittlung
Wilsons verhindern würde.
Nunmehr wandte sich die Verhandlung der Vernehmung des
Staatssekretär"?'«. D. Zimmermann zu.
Vorsitzender Abg. Warmuth: Nach einer Mitteilung der „Vof-
Mchen Zeitung" haben Sie in einer vertraulichen Bespreckung mit der
Presse erklärt, daß wir unser Friedensangebot am 12. Dezember erlassen
hätten, um der Aktion des Präsidenten zuvorzukommen.
Zimmermann: Es ist mir sehr wohl erinnerlich, daß ich eine
derartige Bemerkung gemacht habe. Eine Friedcnsvcrmittlung Wilsons
war der Mehrheit des deutschen Volkes und des Reichstages im höchsten
Grade unsympathisch. Es kam mir darauf an, daß die deutsche Presse
möglichst geschlossen hinter die Aktion der Regierung treten möchte, weil
ich mir davon bei den Feinden und bei den Neutralen die Wirkung
versprach, daß das deutsche Volk geschlossen hinter dem Friedensangebot
stünde. -
Auf eine Zwijchenfragc Gotheins bemerkte Zimmermann:
Ich habe auch eine solche Erklärung im Haushaltsausschuß abgegeben.
Ich habe auseinandergesetzt, aus welchen Gründen wir eine Friedens-
vermittlung Wilsons in dem Sinne nicht wünschen. Wohl aber wünschte
ich einen Friedensschritt des Präsidenten in dem Sinne, daß er den
Anstoß zu Friedcnsverhandlungen gebe.
Es entwickelte sich nun eine lebhafte Wechselrede. Staatssekretär
Zimmermann bleibt während des Kreuzverhörs dabei, daß er einen
Widerspruch zwischen seinem Handeln und seinen Erklärungen vor der
Presse und dem Reichstag nicht anerkennen könne.
Vorsitzender Warmuth ruft dann den im Presseraum anwesen-
den Herrn Georg Bernhard als Zeugen aus und vereidigt ihn.
Bernhard soll Auskunft über die Aeußerungen Zimmermanns geben.
Herr Bernhard meint: Ich habe es nicht für möglich gehalten,
daß man eine Anzahl führender Persönlichkeiten der Preße zusammen-

B^vgMrkE Monatlich elnschl. TrSgerlohn ck.SiMk., durch die Post
srzvtzsn Monatlich 4.60 lM., vierteljährlich 4.8t) Mk. ausschl. Zustellung.
MvMjMpreife: Sie einspaltige petitzeils l ZS mm breit) 36 pfg., Ro-
MWts-Anzeigen (S3 mm -reit) 1.80 Mk. Lei Wiederholungen Nachlaß
nach Tarif. Gebeimnllttel-Anzeigen werden nicht ausgenommen.
UMcheckkonts Karlsruhe Nr. 2LS7I. Tel.-Adr,: Volkszeitung Heidelberg.

Die Reichsvegierrmg und die Verkehrs-
Einstellung.
Berlirr,°5. Nov. (Eigene Drahtmeldung). Die Re-
gierung erläßt einen Aufruf, in dem sie besteht, daß die
angeorönete Verkehrseinstellüng nur Erfolg haben kann,
wenn alle Kräfte zur Erzeugung der Beförderung von
Kohlen und Kartoffeln auf das Höchste angespannt werden.
Sir apelliert an dis Bergleute, die Kohlenbeförderung
weiter zu steigern, an die Landwirts, die Kartoffeln ab-
zuliefern und an dis Eisenbahner^ alle Kraft auf höchste
Leistungsfähigkeit zu verwenden. 11 Tage lang müssen
Kohlen- und Kartoffelzüge unaufhörlich durch ganz Deutsch-
land rollen. Wenn sich in diesen 11 Tagen unsere Hoff-
nungen erfüllen, dann können wir dem kommenden Winter
ruhiger entgsgsngshen als heute.
Zur Heimkehr der Gefangenen.
Berlin, -5. Nov. (W.T.B.) Die Reichszentralstelle
für Kriegs- und Zivilgefangene teilt mit, daß aus England
bisher 225000 Kriegsgefangene heimgekehrt sind. Die rest-
lichen 76000 Gefangene werden bis November zurückge-
kehrt sein. Die auf den Azoren internierten Deutschen
dürsten irr den nächsten Tagen in Deutschland Eintreffen,
die in Spanien internierten werden am 8. Nov. in Bilbao
eingeschifft. Dis Gefangenen aus Ägypten sind größtenteils
nach der Heimat unterwegs. Die Verhandlungen wegen
des Abtransportes der Gefangenen aus Indien dauern noch
an. Dis Vorbereitungen für den Abtransport der Gefangenen
aus Japan nahm die schweizerische Gesandschaft in Totio
in die Hand. Mit dem Abtransport der noch in Rumänien
befindlichen Kriegsgefangenen kann in der nächsten Zeit
gerechnet werden, während über den Abtransport aus Si-
birien und Turkestan gegenwärtig nichts Neues zu berichten
ist. Die neuesten Zeitungsnachrichten über den angeblich
begonnenen Abtransport der deutschen Kriegsgefangenen
in Frankreich sind unzutreffend. Die Angehörigen werden
dringend gebeten, nur solche Nachrichten zu glauben, dis
amtlich veröffentlicht werden.
Der FLmserrat Verlangt eins klareAntrvort.
Versailles, 6. Nov. (W.T.B.) Das Telegramm des
Fünferrates ist von einem sehr scharfen Tone behalten. Es
wird der Wunsch ausgedrückt, eine klare positive Antwort
auf alle Fragen zu erhalten. Eine Verzögerung der Ver-
handlungen könne nicht mehr geduldet werden. Die 8 in
Betracht kommenden Fragen find, territoriale Klauseln, Ver-
handlungen der Minderheiten, Requisition der inneren Lage
von Ungarn.
Eine Note des Obersten Rates.
Berlin, 5. Nov. Der deutschen Friedensdelegation
in Paris wurde eine Note des Obersten Rates überreicht,
in der gesagt wird, daß der vorgesehene Zeitpunkt zur Auf-
stellung des ersten Protokolls gekommen sei. Das Protokoll
könne aber erst dann ausgestellt werden, wenn die Aus-
führungen der Deutschland durch das Waffenstillstandsab-
kommen übertragenen Verpflichtungen genau präzisiert seien.
Deutschland habe sine Anzahl dieser Verpflichtungen nicht
erfüllt.

Zu spät?
Heidelberg, den 6. Nov.
Es ist oft darauf hingewiesen worden, daß die wirt-
schaftliche Entwicklung gerade in Deutschland zur baldigen
Sozialisierung treibt. Später wird die Sozialisierung
sicherlich auf genossenschaftlicher Grundlage ruhen und unter
der Aufsicht des Reichswirtschaftsrates stehen. Aber diese
Entwicklung läßt sich nicht von heute auf morgen erzwingen.
Wie sollen wir die Sozialisierung einleitend Wie denkt man
sich dis übergangsmaßnahmen? Ein Programm hierfür
liegt nicht vor. Vom Parteistandpunkt ist das begreiflich,
daß die Führer sich jetzt davor scheuen, mit der Sozialisierung
zu beginnen; denn die bürgerlichen Parteien Würden all
das Elend, das die Folge des Krieges, der Niederlage und
der früheren Mißwirtschaft ist, und das auch sozialistische
Maßregeln nicht gleich beseitigen können, unserer Partei
aufbürden. Manche Führer.und Abgeordnete unserer Partei
denken auch, dsr Sozialismus sei nur ein Anzug für
gutes Wetter, Regen vertrage sr nicht. Wenn dem-
so märe, könnten wir auf dieses Sonntagskleid ver-
zichten. Aber schon die Erfahrungen mit dem dürftigen
kapitalistisch abgenützten Kriegssozialismus haben Notwendig-
keit unP Haltbarkeit des Sozialismus gerade in schwerster
Zeil bewiesen. Der einige Zeit erfordernde Wechsel der
Volkswirtschaftlichen Kleidung ist jetzt im Regen unerfreu-
lich; aber die Lumpen des alten kapitalistischen Anzugs
halten doch nicht mehr zusammen. Die Hoffnung, dis deutsche
Volkswirtschaft^ könnte durch den Kapitalismus zwar nicht
in die Höhe gebracht, aber doch vor tieferem Sturz bewahrt
werden, ist trügerisch. Die Anreizpolitik führt in den
Abgrund. Die Regierung ist nicht im Stande, Preise,
Löhne und Budget zur Übereinstimmung zu bringen. Nur
auf dem Wege der Sozialisierung, so dornig er auch
lern mag, ist der industrielle Wiederaufbau Deutsch-
lands möglich. Selbst der Großindustrielle Walter
Rath en aü , der früher ganz andere Anschauungen hatte,
ch in seinem neuesten Buch „Die neue Gesellschaft" zu diesem
Ergebnis gelangt. - . ) ' o
Das Mißtrauen in den Sozialismus und in die Kraft
der Arbeiterschaft, die Angst vor Entschlüssen im Sinn
unseres Parteiprogramms muß dagegen die neu gewon-
nenen Anhänger in die bürgerliche Lage zurückjagen, die
alten Parteimitglieder weiter nach links drängen. Kein
Zufall, sondern die unbewußte Nachwirkung jahrzehnte-
langer militaristischer Volkserziehung in Deutschland be-
. wirkt, daß bei uns Tatkraft nur in Ser Anwendung
der Militärdiktatur zum Vorschein kommt. Es ist
tragisch-komisch, Noske in Wort und Sinn reden zu hören
wie einen Kriegsminister des alten Systems, der sich jede
Kritik seiner Amtsführung verbittet. — Das Jammern über
entschwundene Moral ist bei alten Leuten verständlich, nicht
aber bei Politikern, und am wenigsten bei solchen, die als
Diktatoren auftreten. Wirtschaftliche Zustände lassen
sich nur durch vorwärtstreibeude Wirtschaftliche Maß-
nahmen abändern, nicht durch Moralpredigten und
uiHt durch gewaltsame Unterdrückung der Unzufrieden-
heit. Nur unermüdliche stetige Versuche und Verbesserungen
können zum Ziel führen; langsam schrittweise, sodaß jeder
Fehler leicht verbessert werden kann, aber unaufhaltsam
Monatlich, täglich ein Fortschritt nach irgendeiner Richtung.
Die Dezentralisation Deutschlands in Bundesstaaten, dis
Selbständigkeit seiner Gemeinden erleichtert ein derartiges
Verfahren. Die Soziologie wird eine Naturwissenschaft,
eine e-cperimentells Wissenschaft sein, die ans den Erfah-
rungen der Gegenwart und Vergangenheit lernt. Wie in
der Heilkunde kann jeder Fortschritt im menschlichen Ge-
meinschaftsleben schließlich nur durch Versuche an Menschen
erprobt und erreicht werden, allerdings nicht aus willkür-
lichen Einfällen heraus, sondern wie im Genossenschafts-
wesen als Ergebnis der Entwicklung, des reiflichen Nach-
oenkens und der demokratischen Mitarbeit aller Mitglieder.
Hier ist von unfern Parteigenossen in Parlament und Ne-
gierung viel versäumt worden. -Wir vermissen das stetige
ziekbewuhte Arbeiten im Sinn des Sozialismus.
Scharfe Vermögens- und Einkommenssteuern, die jetzt von
tatkräftigen Finanzmimstern des Zentrums durchgeführt
werden, hätte unsere Partei vor einein Jahr, ehe noch der
Kleinbauernstand so' kapitalistisch verseucht war, wie er es
heutzutage ist, leicht durchsetzen können. Damit wären nicht
nur die Finanzen in Ordnung gehalten worden, man Hütts
vor allem den Lebensnerv des Schleichhandels und Wuchers,
die reichen Käufer, getroffen. Es wäre ferner unser Kredit
nn Ausland und damit die Valuta gehoben worden. Gleich-
zeitig hätte sozialistische Planwirtschaft, die aber keineswegs
Sozialisierung der mittleren und kleinen Betriebe verlangt,
 
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