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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 4.1887

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Egloffstein, Hermann <Freiherr von>: Die evangelischen Stände im Erzherzogtum Oestreich und die Gegenreformation
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https://doi.org/10.11588/diglit.52692#0714

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704 Die evangeliſchen Stände im Erzherzogtum Oeſtreich.

dem Beſchluſſe des Stérboholer Vertrages gemäß die Gewähr—
leiſtung ihrer Rechte und Freiheiten im weileſten Umfange zur
Bedingung der Huldigung machten.

Matthias hatte ſich ſeit der Niederlage ſeines kaiſerlichen
Bruders wiederum unter den Einfluß ſeines früheren Günſtlings
Khlesl begeben und wies demgemäß die Forderung ſeiner prote⸗
ſtantiſchen Unterthanen zurück. Die Staͤnde nahmen nun eine
drohende Haltung an. Sie begaben ſich in das ihnen gehörige
Städtchen Horn an der mähriſchen Grenze; dort angelangt, be—
gannen ſie alsbald Kriegswerbungen und riefen die ſoeben ge—
gründete proteſtantiſche Union im Reiche, ſowie ihre Bundesgenoſſen
in den Erblanden um Hilfe an.

Ihre Wünſche und Bitten fanden indes die gehoffte Beachtung
nicht. Wenn ſie ſchließlich dennoch über Matthias den Sieg davon—
trugen, ſo lag dies einerſeits daran, daß ſie von dem gedemütigten
und infolgedeſſen gegen den Bruder mit Haß und Rachſucht er—
füllten Kaiſer aufgehetzt und ermutigt wurden, andrerſeits daran,
daß die katholiſche Ständeminderheit Niederöſtreichs ſeit dem
Preßburger Vertrage dem Matthias nicht mehr recht traute und
ihn aus dieſem Grunde nicht unterſtützte. Der letztere ſah ſich
daher zunächſt am 19. März 1609 genötigt, die Zugeſtändniſſe

taximilians II. zu beſtätigen, außerdem noch die Einſetzung eines
unparteiiſchen Gerichtshofes zwiſchen Proteſtanten und Katholiken
zu bewilligen und endlich den Bekennern der neuen Lehre in den
landesfürſtlichen Städten eine freundliche Behandlung zu verf prechen.
Mit dieſen Zugeſtändniſſen war jedoch das Maß der Wünſche des
Adels noch lange nicht voll. Man fuhr vielmehr auf Tſchernembls
Betreiben auch jetzt noch fort, Matthias zu bedrängen und zu
bedrohen, und ließ nicht eher ab, bis dieſer dem Erlaſfe von 1609
nach Jahresfriſt noch einen zweiten hinzufügte, worin die dem
Bürgertum erteilte Zuſicherung wiederholt und dasſelbe als vierter
Stand neben Prälaten, Herren und Rittern anerkannt wurde.

Das letzte Zugeſtändnis war allzu bedeutend, als daß man
glauben konnte, es ſei dem Herrſcher und ſeiner Umgebung wirk—
lich ernſt um die Erfüllung ihres Verſprechens. Matthias hatte
denn auch nichts Eiligeres zu thun, als den Papſt für die beiden
Erlaſſe um Abſolution zu bitten und bei der Gelegenheit die baldige
Zurücknahme derſelben zu geloben. An eine Erfüllung dieſes Vel—
ſprechens war bei ſeiner völligen Machtloſigkeit natürlich nicht zu
denken, immerhin geſtalteten ſich jedoch in der Folgezeit die Ver—
hältniſſe für die Proteſtanten weit weniger günſtig, als man nach
ihrem letzten glänzenden Siege hätte vorausſetzen können. Die
 
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