Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 16.1905

DOI Artikel:
Bredt, Ernst Wilhelm: Kaufhaus Oberpollinger in München: erbaut von den Architekten Heilmann und Littmann, München
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7502#0176

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
INNENDEKORATION

XVI. SHHRGHIIG. DcirmKcidf 1905. SUhl-HeFT.

KAUFHAUS OBERPOLLINGER IN MÜNCHEN.

Erbaut von den Architekten Heil mann und Littmann —München.

Kein Bauwerk von durchaus moderner Auf-
gabe hat seinem Grundrisse nach mit einer
gotischen vielschiffigen Kirche so viel Ähn-
lichkeit wie ein Warenhaus. Dass zwei so ver-
schiedene Bautypen geradezu entgegengesetzter Be-
stimmung und völlig geschiedener Zeiten im Grund-
riss verwandt sind, bleibt sonderbar, wenn auch
die gemeinsame Aufgabe von Kirche und Kaufhaus,
als zeitweilige Ansammlungsstätte grosser Volks-
ttiassen zu dienen, das System der Pfeiler wenigstens
lfi mancher Hinsicht erklärt.

Doch sei hier nicht weiter verfolgt, wie grund-
verschiedene Aufgaben ein Ähnliches hervorbringen
konnten, denn Eines trennt weit von einander die
mittelalterlichen und die modernsten Pfeilerbauten.
Jene dienten seelischer Konzentration, der Welt-
ftucht, diese wollen die ganze Welt der Eitelkeiten im
Vorteilhaftesten und reichsten Lichte zur Schau stellen.

Also die gotischen Baumeister hatten die damals
schwierige Aufgabe zu lösen, möglichst grosse und
hohe Räume zu schaffen, in denen die Menschen
s,ch abgeschieden fühlen konnten von der »bösen«
Welt. Das gleichhohe moderne Kaufhaus hat vor
allen Dingen lichtvolle Räume zu schaffen, in denen
die Eintretenden möglichst bequem, wie im Vorbei-

gehen auf der Strasse, bedient werden können.
— So darf man sagen, dass die billige Herstellung
grosser und klarer Glasscheiben erst die Möglich-
keit zum Typus eines Warenhauses, wie Messels
Wertheim-Haus in Berlin, gegeben hat. wie ja auch
im Mittelalter die Entwicklung der Glasmalerei
Voraussetzung und Folge kirchenbaulicher Fort-
schritte war. Diese Erinnerung möge aber gleich-
zeitig dazu dienen, den wesentlichen Unterschied
des Messeischen Kaufhaustypus von dem Litt-
mannschen Kaufhaus erkennen zu lassen.

Das Kaufhaus Oberpollinger unterscheidet sich
äusserlich von den Messeischen Warenhausbauten
in Berlin in sehr charakteristischer Weise. Prof.
Littmanns »Oberpollinger« zeigt nicht in den
Fassaden nur Pfeiler und grosse Glasscheiben, die
die Pfeiler trennen aber die Stockwerke vereinigen.
Im Gegensatz zu Messels Bau, der äusserlich, trotz
erstrebter horizontaler Gliederung, als Pfeilerbau
sich kennzeichnet, hat Littman in sehr geschickter
Weise eine fensterreiche Wandfassade zu schaffen
gewusst, und der Lösung dieser Aufgabe nach-
zugehen ist besonders reizvoll.

Als Ganzes überschaut, kommt das Domi-
nierende, das nun einmal das moderne grosse Waren-

1»06. Vit 1.
 
Annotationen